Geretsried:Gemeinsam aufstreben

Himmelsleiter Erwin Wiegerling

Nachts entfaltet die "Himmelsleiter" ihre ganze Kraft. In Kürze leuchtet "E.lins" Kunstwerk an der Geretsrieder Petruskirche.

(Foto: Manfred Neubauer)

Im Rahmen des Reformationsjubiläums errichtet der Künstler E.lin seine Himmelsleiter in Geretsried

Von Sabine Näher, Geretsried

Entstanden ist sie zur Jahrtausendwende für das Kloster St. Mang in Füssen: eine 28 Meter hohe, eiserne Leiter mit Engelsflügeln. Der Auftrag lautete, ein "positives Zeichen nach außen" zu setzen. Erwin Wiegerling schuf darauf seine "Himmelsleiter", eine Lichtinstallation, die mit blauen und roten LED-Lichtern ausgestattet ist, die in der Nacht mit voller Leuchtkraft strahlen. "Dann entfaltet sie ihre stärkste Wirkung", sagt der Künstler. "Am romanischen Turm von St. Mang war die Leiter von der ganzen Stadt aus zu sehen." Seither ist sie weit gereist: Am Kloster Seeon machte sie 2005 Station, an der Münchner Karmeliterkirche 2007, in Ratingen 2008, in Essen 2010, in Wormbach bei Paderborn 2012, in Gaißach 2015, in Schönberg bei Rottenbuch 2016 - und vom 4. März an wird sie am Turm der Geretsrieder Petruskirche leuchten.

Anlass sind die Feierlichkeiten zum 500-jährigen Reformationsjubiläum. "Das ist der Beitrag der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Geretsried - ganz im Sinne der Ökumene", erklärt Wiegerling. Er empfinde es als "wunderbare Fügung", damit sowohl für die katholische als auch die evangelische Kirche ein positives Zeichen setzen zu können: "Für die Zusammenführung der Christen, ob sie nun dem evangelischen oder dem katholischen Glauben angehören."

Erwin Wiegerling, 1943 in Augsburg geboren, hat früh die Eltern verloren und wuchs bei einer Tante in Bad Tölz auf. An der Schule für Kirchenmaler in München absolvierte er eine Ausbildung. "Da wurde Kunstgeschichte ebenso gelehrt wie die Grundkenntnisse im Vergolden, im Fassmalen, also der Bemalung und Vergoldung von Holzplastiken, im Marmorieren und weitere alte Techniken mehr", erzählt er. "Das war eine tolle Ausbildung!" Leider gebe es diese Schule so heute nicht mehr. Damit gingen auch alte Techniken verloren, es drohe ein Verlust von Kulturgut. Während seiner Ausbildung absolvierte Wiegerling abends zusätzlich noch ein Studium an der Kunstakademie.

Diese Zweigleisigkeit, als Handwerker und als Künstler zu arbeiten, hat er sich seither über mehr als 40 Jahre hinweg bewahrt. Um die beiden Tätigkeiten wiederum klar auseinanderzuhalten, hat der Künstler sich einen eigenen Namen gegeben: E.lin. Das "lin" sei sowohl seinem Nachnamen wie auch dem Vornamen seiner Frau Karolin entnommen. Und woher kommt das "e"? Wiegerling lacht: "An der Isar habe ich ein verrostetes Eisenstück von einem Ölfass gefunden. Als Rudiment war die Buchstabenfolge 'elin' zu erkennen. Damit war mein Name gefunden!" Es sei sehr hilfreich gewesen, in der Anfangszeit als freier Künstler unter diesem Pseudonym ganz unerkannt und damit entspannt arbeiten zu können.

Während Restaurierungsarbeit in Kirchen, mitunter auch Schlössern oder Residenzen, sein erlernter Beruf sei, der ihm immer den Blick zurück abverlange, sei die künstlerische Arbeit sein "Blick in die Zukunft". Wer hinter E.lin steckt, ist vielen übrigens immer noch ein Rätsel. In Gaißach hat Wiegerling einen großen Betrieb aufgezogen, der Fachwerkstätten von Malern, Stuckateuren, Bildhauern, Kunstschmieden und Schreinern vereint. Der Gaißacher Pfarrer, erzählt er, habe mit dem Dekan eine Tagung in Rosenheim besucht, wo ihnen ein Flyer in die Hände fiel, der über die Himmelsleiter in Essen informierte. Der Künstler komme aus Gaißach, stand darin. "Kennst du einen E.lin?", hätten sich die Herren erstaunt gefragt. Zurück zu Hause löste sich das Rätsel durch ein Telefonat mit den Werkstätten Wiegerling. "E.lin? Des is unser Chef!"

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