Bürgermeister-Open-Air:Ganz nah am Geretsrieder

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Hartmut Stoller (re.) sprach Bürgermeister Michael Müller (li.) auf die Pläne für den Karl-Lederer-Platz an. (Foto: Hartmut Pöstges)

Bürgermeister Michael Müller (CSU) hält seine Sprechstunde erstmals im Freien ab. Den Geretsriedern geht es vor allem um Bauprojekte.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Rudolf Diebl versteht die Welt nicht mehr: "Ich war doch zuerst da", sagt der 87-jährige Witwer, der seit 1946 in Geretsried lebt, zu Bürgermeister Michael Müller (CSU). Diebl ist zutiefst verstört, weil direkt neben seinem Haus an der Adalbert-Stifter-Straße die neue Turnhalle für Gymnasium und Realschule gebaut werden soll. "Nächtelang kann ich schon nicht mehr schlafen." Er schaut den Bürgermeister aus traurigen Augen an und erzählt, seine Familie habe sich immer damit arrangiert, dass der Hartsportplatz mit all seinem Kinderlärm nebenan war - dazwischen sei ja dieses dichte, hohe Biotop gewesen. Aber nun sei er eines Tages aus dem Haus gegangen, und das ganze schöne Grün sei ratzekahl weg gewesen. Dass da eine Turnhalle hinkomme, habe ihm zuvor niemand gesagt.

Das Schlimme für Diebl ist: Der Geretsrieder Bürgermeister, der am Dienstag seine erste Open-Air-Sprechstunde auf dem Grünen Markt anbietet, kann ihm auch nicht helfen. Der Landkreis ist Träger des Bauvorhabens. Die Turnhalle werde kommen, daran sei nichts mehr zu ändern, sagt Müller, verspricht Diebl aber, wenigstens wegen des Grünstreifens beim Landrat für ihn vorzusprechen.

Das sei eine typische Situation auch für die üblichen Bürgersprechstunden im Rathaus, sagt Müller: Für viele Themen, deretwegen er angesprochen werde, sei er eigentlich gar nicht zuständig. Am Dienstag auf dem Karl-Lederer-Platz bewahrt er dennoch Gelassenheit. Es ist der erste Versuch, im Freien mit Bürgern ins Gespräch zu kommen, kalt ist es und ein wenig Schnee-nieselig. Für die Sprechstunde ist ein Pavillon mit zwei Gasöfen aufgebaut, städtisches Informationsmaterial liegt bereit. Müller trägt warme Stiefel, Schiebermütze und einen kurzen Mantel, unter dessen Kragen Hemd und Krawatte, beides in Violett, hervorschauen. Kleiderordnung: offiziös-leger.

Einige Leute sprechen ihn auf das geplante Stadtzentrum am Karl-Lederer-Platz an. Man dürfe die Gestaltung nicht den Bauträgern überlassen, sagt Hartmut Stoller. Er ist selbst Architekt und sehr zufrieden, als Müller erklärt, die Stadt habe einen Gestaltungsbeirat, in dem der renommierte Winfried Nerdinger sitze. Ellen Lutze, früher Vorsitzende der Freien Wähler in Geretsried, hofft, dass es mit neuen Geschäften am Karl-Lederer-Platz rasch etwas wird: "Bevor's uns geht wie Wolfratshausen, muss hier gehandelt werden."

Ihr Mann Ingo Lutze sorgt sich um das Lorenzareal zwischen Elbe- und Banater Straße, für das Stadt, Baugenossenschaft und Grundeigentümer Reinhold Krämmel ein großes Wohnbauprojekt erwägen. Mitten im Gewerbegebiet - da sehe er Beschwerden der künftigen Anwohner gegen die umliegenden Betriebe voraus und in der Folge deren Abwanderung, sagt Lutze. Der Bürgermeister betont, die Stadt warte das Emissionsgutachten ab. Auf Lutzes Hinweis aber, es gebe genügend andere Flächen für Wohnbebauung, wird Müller mal etwas strikter: "Nee!", sagt er. "Das ist genau der Irrtum." Die Stadt habe keine Flächen, die groß genug wären: "Alles, was städtisch ist, hat man vor Jahren zu Fauna-Flora-Habitat oder Bannwald gemacht." Und Randflächen, die womöglich geeignet wären, seien im Besitz von Landwirten, die sie nicht hergäben.

Direkt im Zusammenhang mit einer Wohnbebauung auf dem Lorenzareal steht ein möglicher Abriss von Wohnblöcken der Baugenossenschaft Geretsried (BG) an der Egerlandstraße. Denn die BG will über neue Wohnungen für die alten Mieter verfügen können. Einige beunruhigte Bürger kommen deswegen zum Bürgermeister. Martha Schiewitz sagt, sie werde von älteren Bewohnern der Egerlandstraße gefragt, die Angst hätten, was aus ihnen werden soll. Müller muss wieder sagen, er sei nicht direkt zuständig, wisse aber, dass die BG dies berücksichtige. Die Leute fürchteten, in einen anderen Stadtteil umziehen zu müssen, in dem sie sich nicht auskennten, sagt Schiewitz. Nein, sagt Müller, wenn, dann könnten sie in Gartenberg bleiben. Und weiter geht's mit Fragen aller Art: Allzu unterschiedlich gestaltete Gartenzäune, Gelber Sack, nicht geräumte Gehwege, nicht funktionierende Lautsprecher auf dem Friedhof sind einige davon.

Nächste Open-Air-Sprechstunde mit Bürgermeister Michael Müller: Dienstag, 10. Mai, 10 bis 12 Uhr, Karl-Lederer-Platz

© SZ vom 17.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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