Geretsried:Eine Firmengeschichte wie geschliffen

Eisenblätter Geretsried

Benjamin Voth ist in der Produktion der Gerd Eisenblätter GmbH Geretsried tätig.

(Foto: Manfred Neubauer)

Das Maschinenbau-Unternehmen Gerd Eisenblätter GmbH, das Kunden in aller Welt beliefert, bekennt sich zum Standort Geretsried

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

Als Rolf Eisenblätter 1960 die DDR verließ, kam ein Auffanglager für ihn nicht in Frage. Er wollte sofort etwas aufbauen - ein ehrgeiziges Ziel für jemanden, der sein neues Leben in Westdeutschland in einem Försterhaus im Wald beginnen musste. Heute zeigt seine Geschichte, dass es sich lohnen kann, nach den Sternen zu greifen. Aus seinem Traum von der Selbständigkeit, den er damals in Fürstenried gefasst hatte, baute er eine der modernsten Firmen Geretsrieds. Inzwischen führt sein Sohn Gerd die Eisenblätter GmbH, die 53 Mitarbeiter hat, darunter sieben Azubis in Büro, Lagerung und Produktion. Das Unternehmen hat am Donnerstag den Wirtschaftspreis des Landkreises bekommen.

Gerd Eisenblätter kam als kleiner Bub nach Geretsried, 1966, als viele der heute geteerten Straßen noch Schotter waren. Mit Fackeln erkundete er die kilometerlangen unterirdischen Gänge der Stadt, während sein Vater von 1972 an die Firma Eisenblätter Maschinenbau aufbaute. 1980 gründete der inzwischen erwachsene Eisenblätter eine Tochterfirma, die seinen Namen trägt und sich auf Schleifmittel spezialisierte. Nach dem Tod seines Vaters 1989 übernahm er dessen Firma. Der Wirtschaftspreis freue ihn, sagt Eisenblätter. Er hält es für wichtig, dass Firmen gewürdigt werden, die sich "zu 100 Prozent zum Standort Deutschland bekennen". In seiner Branche sei er der letzte, der noch komplett in Deutschland produziere, also nicht einen einzigen Bereich seines Unternehmens ins billigere Ausland ausgelagert habe. Wenn Firmen ins Ausland gingen, verändere das die Infrastruktur in Deutschland und schade der Qualität der Produkte. Preislich liegen seine Schleifsysteme im mittleren bis oberen Sektor, doch die Kunden wüssten, dass sie Qualität bekämen, sagt Thomas Loll, Sekretär von Eisenblätter.

Einen Namen gemacht hat sich die Firma mit innovativen Schleifsystemen, die nach eigenen Angaben Meilensteine in der Branche gesetzt haben. Eine dieser Erfindungen sind handtellergroße Schleifscheiben, deren Trägermaterial aus Naturfaser besteht. Beim Schleifen nutzen sie sich bis auf den letzten Zentimeter ab, anders als herkömmliche Scheiben. Außerdem investiert die Firma 24 zusätzliche Stunden in jede Scheibe: So lange dauert es, bis der Klebstoff getrocknet ist, der das Schleifmaterial auf der Scheibe hält. Andere Firmen setzten dabei auf Öfen, sagt Loll, aber so trockne das Schleifmaterial aus, was sich nachteilig auf den Schleifprozess auswirke.

Eisenblätter bekennt sich auch zum Standort Geretsried. Obwohl es hier ständig Probleme mit dem Internet gebe, wie er sagt. Gerade für einen international agierenden Betrieb wie den seinen - die Kunden sitzen zwischen den USA und Japan in praktisch jedem größeren Land -, sei eine stabile Internetverbindung das A und O. Die Skype-Konferenzen mit Geschäftspartnern im Ausland würden immer wieder mal unterbrochen, der Up- und Download von Daten vollziehe sich quälend langsam: "Wir kratzen die Bits und Bytes zusammen." Trotzdem: So schnell wird sich Eisenblätter aus Geretsried nicht verabschieden. Erst im November 2014 wurde das neue Firmengebäude in der Jeschkenstraße fertiggestellt, mit 7000 Quadratmetern zusätzlicher Betriebsfläche.

Das Gebäude ist in Rot, Schwarz und Weiß gehalten, entsprechend dem neuen Corporate Design, das sich die Firma damit gegeben hat. Die weitläufige Eingangshalle vermittelt einen Eindruck von der auf Modernität setzenden Firma: Ein Flachbildschirm hängt über einer Sitzgruppe, eine Digitalanzeige an der Wand gibt Auskunft über Strom, den eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach sammelt, eine Skulptur aus Metall verrät etwas über die Bedeutung der Firma für Bildhauer, die ihre Produkte nutzen. Rund zwölf Millionen Euro hat die Firma in den Neubau gesteckt.

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