Geretsried:"Das ist ja wie bei uns dahoam!"

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Peter Zimmermann kam durch Zufall zur Regie - und fand darin seine berufliche Zukunft. (Foto: Manfred Neubauer)

30 Wochen im Jahr verbringt der Regisseur Peter Zimmermann am Set

interview Von Sabine Näher, Geretsried

Der 1955 im saarländischen Völklingen geborene Regisseur Peter Zimmermann hatte gerade beschlossen, der Produktion von Daily-Soaps den Rücken zu kehren, als er 1997 das Angebot bekam, an der neuen BR-Serie "Dahoam is Dahoam" mitzuwirken. Rund 200 Folgen hat er mittlerweile gedreht; ein Ende der Erfolgsserie ist nicht in Sicht. Dabei hatte Zimmermann, der mit seiner fünfköpfigen Familie in Geretsried lebt und von Musik begeistert ist, zunächst ein Tonmeisterstudium absolviert. Seine Begeisterung für das Regiefach entdeckte er durch reinen Zufall.

SZ: Während Ihrer Ausbildung zum Tonmeister haben Sie auch Trompete studiert, Herr Zimmermann: Ein dominantes und durchsetzungsfähiges Instrument, das passt zum Regieführen. Aber wo haben Sie denn das Handwerk erlernt, das ein Regisseur braucht?

Peter Zimmermann: Ich hatte immer wieder Glück, im richtigen Moment das passende Angebot zu bekommen. Nachdem ich einige Zeit als Tonmeister gearbeitet und Schallplatten produziert hatte, warb mich ein Studienkollege für sein Videostudio ab. Als meine Frau dann 1983 ihren Traum verwirklichen und nach München ziehen wollte, bewarb ich mich unter anderem beim Bavaria-Atelier. Ich bekam die Stelle als Produktionsingenieur, weil Leute mit Erfahrung in der noch neuen Videotechnik gesucht wurden. Unter anderem war ich für den Bildschnitt der "Formel Eins"-Musiksendung verantwortlich. Als ein Regisseur absprang, wurde ich gefragt, ob ich das nicht mal versuchen wollte. So bin ich in das Regiefach reingerutscht - und habe Blut geleckt. Von da an war mir klar, dass hier meine berufliche Zukunft liegt.

Viele Regisseure kommen ja von der Theaterarbeit und wechseln dann zu Film oder Fernsehen. Hat Sie die Bühne denn auch gereizt?

Da die Aufträge für Fernsehproduktionen Schlag auf Schlag kamen - ich habe für "GZSZ", "Marienhof", "Schloss Einstein" und "Verliebt in Berlin" gedreht -, hat sich die Frage gar nicht gestellt. In gewisser Weise bin ich aber in jüngster Zeit zum Theater gekommen: Seit ein paar Jahren filme ich die Schulaufführungen am Gymnasium Geretsried, das meine Kinder besuchen. Dort gibt es einen tollen, engagierten Musiklehrer, der hervorragende Produktionen auf die Beine stellt. Meine Videofilme sind dann auf DVD zu haben und finden große Resonanz. Diese Aufgabe macht mir viel Spaß.

Und zu "Dahoam is Dahoam" sind Sie vermutlich auch rein zufällig gekommen?

Genau! Nachdem "Verliebt in Berlin" 2005 mit dem Deutschen und 2006 mit dem europäischen Fernsehpreis "Rose d'Or" ausgezeichnet worden war, wollte ich eigentlich weg von der ewigen Vorabendserie und rein ins Abendprogramm. Und dann kam die Anfrage für DiD. Da die Serie im Münchner Umland gedreht werden sollte und ich so die Aussicht hatte, endlich wieder mehr Zeit bei der Familie in Geretsried verbringen zu können, nachdem ich jahrelang in Berlin, Dortmund und Stuttgart gedreht hatte, rannte man damit bei mir offene Türen ein. Als wir mit der Serie anfingen, war das erklärte Ziel, eine Quote über 10 Prozent zu erzielen. Zunächst hatten wir so 12 bis 13 Prozent; derzeit liegen wir zwischen 16 und 19. Das ist die beste Quote, die auf diesem Sendeplatz je erreicht wurde.

Wie erklären Sie sich diesen immensen Erfolg?

Zunächst einmal bildet die Serie das Leben in einem bayrischen Dorf authentisch ab. Wir bekommen immer wieder Rückmeldungen von Zuschauern, die sagen: "Das ist ja wie bei uns dahoam!" Dass bayrischer Dialekt gesprochen wird, trägt sicherlich einen großen Teil zum Erfolg bei. Dadurch kann sich das Publikum noch besser mit dem Dargestellten identifizieren, zumal wir uns um den Proporz bemühen: Nicht nur die Oberbayern und Münchner, sondern auch die Franken und Oberpfälzer kommen zum Zuge. Und dann haben wir einfach hervorragende Schauspieler und gute Geschichten! Um die 30 Drehbuchautoren und zehn Regisseure sind ständig für DiD an der Arbeit.

Was bedeutet eigentlich für Sie persönlich "dahoam"?

Mein Dahoam ist erst einmal da, wo meine Familie ist, meine Frau, meine drei Kinder,

unsere Katze und gute Freunde, in Geretsried. Dabei sind wir ganz zufällig hier gelandet, als sich das zweite Kind ankündigte und wir eine größere Wohnung suchten. Und dann haben wir zu unserer Freude entdeckt, was es hier alles gibt: Alle Schulen, das Gymnasium fußläufig erreichbar, der Sportplatz 200 Meter entfernt, Hallenbad und Eisstadion in der Nähe, ebenso die Stadtbücherei und, wichtig, weil alle Kinder ein Instrument spielen, die Musikschule um die Ecke. Geretsried erwies sich damit als perfekter Familienstandort. Aber ich habe noch ein zweites Dahoam, das ist in Lansing. Da fühle ich mit einem sehr netten Produktionsteam und lieben und sehr guten Schauspielern auch dahoam.

Und wieviel Raum nimmt die Serie in Ihrem Leben ein?

Im Jahr drehe ich im Schnitt 25 Folgen. Jeweils fünf Folgen werden im Zusammenhang produziert; dafür sind fünf Wochen angesetzt. Erst wird im Studio geprobt, dann dort gedreht; schließlich werden die Außenaufnahmen gemacht. Als private Vorbereitungszeit zum Lesen der Drehbücher und Vergegenwärtigen der Ereignisse, die in den nicht von mir betreuten Folgen geschehen sind, brauche ich jeweils eine gute Woche zusätzlich. Das heißt, gut 30 Wochen des Jahres sind der Serie gewidmet. Und während der Drehzeiten haben wir locker 18-Stunden-Tage. Viel Zeit, daneben etwas Neues auszuprobieren, bleibt also nicht. "Dahoam is Dahoam" ist derzeit meine Hauptbeschäftigung. Und wird es voraussichtlich auch noch eine ganze Weile bleiben.

© SZ vom 21.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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