Geothermie in Icking:Konstruktiver Protest

In Attenhausen wird die Utopie der Energiewende gerade an der Realität gemessen

Von Claudia Koestler

Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, und grün des Lebens goldner Baum." Dieses Zitat passt zu vielem, in Icking aber müsste es derzeit umgekehrt heißen: Grün ist die Theorie (der Energiewende), während sich am Horizont der praktischen Umsetzung dunkle Wolken auftun. Doch klar muss werden: Energiewende ist nicht nur eitel Sonnenschein. Auch sie verlangt, Opfer zu bringen. Von Mensch wie von Natur.

Theoretisch kann man die Energiewende nur befürworten: regenerative Energieträger aus der Natur statt aus gefahrvollen Atom- und Kohlekraftwerken, ja bitte. Soweit, so gut. Unumstritten. Ein Konsens. Und irgendwie weit weg. Inzwischen aber ist sie da, die tatsächliche Möglichkeit, dass ein Geothermiekraftwerk vor der Haustüre gebaut wird. Für einige gilt das sogar wortwörtlich - und damit wird die Utopie an der Realität gemessen. Doch es scheint, dass die Energiewende in der Praxis nur dann problemfrei zu haben ist, wenn der Mensch nicht im Wege ist. Die Anwohner Attenhausens aber machen sich Sorgen - um ihren Schlaf, ihre Gesundheit, den Wert ihrer Häuser. Umso mehr muss man ihnen Respekt zollen, dass sie nun nicht gleich Zeter und Mordio schreien.

Selten war Protest so konstruktiv wie hier: mit einer eigenen, alternativen Standortplanung, um den verträglichsten Platz für die Anlage zu finden. Dass es aber tatsächlich daran scheitern könnte, dass kein Wald gerodet werden darf, weil das Feld zwar näher am Menschen, aber weniger schützenswert ist, ist absurd. Die Attenhauser haben ihren Beitrag geleistet. Jetzt ist es an den Fachbehörden, über den selbstgesteckten Horizont hinweg zu bewerten. Grün ist eben nicht nur des Lebens goldner Baum und all jene im Wald bei Attenhausen. Grün ist auch die Hoffnung auf Energiewende - an einem verträglichen Standort für Natur wie Mensch.

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