Gegen Asylbewerber:Hetze per Flugblatt

In Geretsried werden Handzettel mit ausländerfeindlichem Inhalt verteilt

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

In der Sudetenstraße in Geretsried sind am Mittwoch Flugblätter der Neonazi-Gruppierung "Der III. Weg" verteilt worden. In der Straße steht das Möbelhaus, das als mögliche Unterkunft für Asylbewerber im Gespräch ist. Gegen diese richtete sich auch das Flugblatt, dessen Überschrift "Asylmissbrauch in Deutschland endlich stoppen!" lautete. Der bayerische Verfassungsschutz wertet die Neonazi-Organisation "Der III. Weg" in seinem Bericht für 2014 als Nachfolger des verbotenen "Freien Netzes Süd" (FNS): Viele ehemalige Mitglieder des FNS hätten sich dem "III. Weg" angeschlossen, heißt es in dem Bericht.

Das Flugblatt ist mit menschenverachtenden Thesen bedruckt: So wird behauptet, Anwohner von Flüchtlingen beschwerten sich über "Urin und Menschenkot im Hausflur", von "Verausländerung", "Asylkaschemmen" und "Asylantengewalt" ist die Rede. Dennoch hat der Text laut Polizei keinen strafrechtlich relevanten Inhalt. Die Kriminalpolizei Weilheim hat die Ermittlungen aufgenommen, auch im Zusammenhang mit den Schmierereien, die Mitte April und vergangene Woche in Geretsried aufgetaucht sind.

Schon nachdem die Schmierereien aufgetreten waren, wusste Bürgermeister Michael Müller, dass er etwas unternehmen müsse. "Da schwimmen einige mit im Strom", glaubt er. "Da wird Stimmung gemacht - das müssen wir ernst nehmen." Auch mit den Ängsten der Geretsrieder, die sich negativ zu den Asylbewerbern geäußert hätten - im privaten Umfeld oder auf Facebook - müsse man "verantwortungsvoll umgehen", sagt Müller. Als ersten Schritt wolle er nun das Gespräch mit dem Helferkreis der Flüchtlinge suchen, um ein Stimmungs- und Meinungsbild zu erstellen. Dann wolle er die Erkenntnisse verwerten, Betroffene und "Meinungsmultiplikatoren" suchen und Einzelgespräche führen. Eine Informationsveranstaltung für Anwohner, so wie damals bei der Unterkunft im Robert-Schumann-Weg, sei auch geplant. Doch dafür sei es noch viel zu früh, weil sich auch die Überlegungen zur Unterkunft noch in einem so frühen Stadium befänden, dass darüber noch nicht einmal hätte berichtet werden dürfen, sagt Müller.

Martin Bruckner, Vorsitzender der SPD Geretsried, glaubt nicht, dass es sich bei den Agitatoren um eine große Gruppe handelt. "Zwei bis drei Leute, viel mehr werden es nicht sein", sagt er. Diese paar Neonazis aber entfalteten eine große Wirkung, weil es immer mehr Menschen gebe, die zwar nicht rechtsradikal seien, jetzt aber glaubten, sie könnten "endlich ihre Meinung kundtun". Deshalb solle man "nicht wegschauen, so wie früher". Er wolle das Thema in der Partei ansprechen, sagt Bruckner.

Robert Lug, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Stadtrat, hält Ignorieren für besser. "Ich gehe gar nicht darauf ein, das ist eine Sache für die Polizei", sagt Lug. "Wenn die auch nur ein Fünftel Mumm hätten, würden sie sich der Diskussion stellen." Wer bei Nacht und Nebel Wände anschmiere, der sei feige: "Vor dem muss ich keine Angst haben."

So gelassen sieht es Andreas Wagner nicht. Das Flugblatt gebe Anlass zur Sorge, dass sich da eine rechtsextreme Gruppe wieder vorwage, sagt der Sprecher der Linken in Geretsried und der Friedensinitiative Bad Tölz-Wolfratshausen. Daher sei es jetzt wichtig, dass "alle demokratischen Kräfte in Geretsried eine klare Ansage machen".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: