Es ist mehr eine Gedankenübung als eine körperliche Trainingseinheit: Ein Freizeitsportler steht auf der Wiese im Tölzer Franziskanergarten und stellt sich vor, seine Beine seien Wurzeln, die in die Erde reichen, sein ausgestreckter Arm rage als starrer Ast zur Seite, während die Finger vorne wie kleine Zweige im Wind spielen. Sein Partner versucht nun, den Arm, vulgo Ast, nach unten zu drücken - es geht nicht. Viel leichter ist dies hingegen, wenn der Sportler seinen Arm einfach nur angespannt in die Luft hält. Den Grund erklärt Martin Litvan vom Sportstudio Hirsch: Durch die Vorstellung, ein Baum zu sein, wird die Muskulatur an jener Stelle der Schulter eingesetzt, die den ganzen Arm so steif sein lässt.
Dies ist die Funktionsweise des Sensofit-Programms, das dem neuen Angebot "Aktiv im Franziskanergarten" zugrunde liegt. Das Sportstudio und die Tourist-Information laden dazu im Herbst alle ein, die sich gerne an der frischen Luft bewegen. Im September finden die einstündigen Übungen, die für Leute im Alter von 16 Jahren an geeignet sind, immer freitags von 17 Uhr an, im Oktober samstags von 10 Uhr an statt. Mitzubringen ist außer leichter Sportkleidung nur eine Matte. Die Teilnahme ist kostenlos. Die unterschiedlichen Anfangszeiten erklärt Gabi Peters von der Tourist-Information damit, dass man das Ganze erst testen wolle. Am Freitagabend seien die Leute vielleicht noch in der Arbeit, am Samstagvormittag gingen sie womöglich eher einkaufen. Das müsse man mal sehen, sagte sie. Die Übungen werden bei jedem Wetter abgehalten, falls nicht gerade ein Sturm oder ein starkes Gewitter über Bad Tölz zieht. "Wenn es gut läuft, findet das Programm mit dem Studio Hirsch ab nächstem Frühjahr regelmäßig statt", kündigt Peters an.
Die Outdoor-Aktivität im Park passt gut zum Image der Stadt
Mit sensorischer Fitness - einer Art gedanklich gesteuertem Training wie bei der Baum-Übung - befasst sich Charly Hirsch schon seit Jahrzehnten. Immer wieder beobachtet er Hobbysportler, die mit verbissener Miene joggen oder Ski fahren. Erst vor Kurzem, erzählt der Inhaber des Tölzer Sportstudios, habe er eine Nordic-Walking-Gruppe mit ihren Stöcken gesehen: "Da habe ich mich versteckt, weil ich Angst bekommen habe - so böse Gesichter hatten die gehabt." Hirsch findet hingegen, dass "das beste Training ein Training mit lächelndem Gesicht" sei.
Das bedeute aber keineswegs, dass die Sensofit-Übungen nur so larifari seien. Sie laufen unter dem Oberbegriff "Bodyfun". Charly Hirsch sagt, dass er solche Anglizismen eigentlich nicht mag, aber in der Welt der Fitnessstudios gehörten sie eben zur Umgangssprache, "wir werden da überrollt". Also dann Bodyfun. Das setzt sich zusammen aus Bodyweight (für Körpergewicht) und Functionality (Funktionalität). Feldenkrais-Übungen und Methoden von Inner Game spielen ebenfalls in das Training hinein. Aber das kann den Teilnehmern des Aktiv-Programms im Franziskanergarten egal sein. Wichtig sei es, diesen Sport "mit einem Lächeln zu sehen, das ist die Botschaft", sagt Martin Litvan, Sohn von Charly Hirsch. Schließlich sei jede körperliche Aufgabe schon eine Form von Stress. "Wir üben, dabei locker und entspannt zu bleiben."
Für Gabi Peters passt die Outdoor-Aktion im Park gut zum Gesundheitsprogramm der Stadt, das auf Bewegung, Ernährung und Entspannung basiere. Es gehe ja nicht nur um Sport, sondern auch "um den Gedanken, wie ich es schaffe, meinen Körper gesund zu erhalten".