Freilichttheater:Der Wuiderer war's, der Sauhund

Der Trachtenverein Humbach spielt erstmals eine Inszenierung im Wald. Für den "Jäger von Fall" haben sie zwei Almhütten, einen Wasserfall und eine Brücke gezimmert.

Von Petra Schneider, Dietramszell

Ein Schuss peitscht durch den Wald, Rauch steigt zwischen den Fichten auf. Ein erschrockenes Raunen geht durch die Menge. Der Schuss hat ins Schwarze getroffen - ein totes Reh stürzt über den Hang. Der Wilderer, der Sauhund, hat wieder zugeschlagen. Gut 280 Leute haben den Wildfrevel beobachtet, sind ganz nah dran im Wald bei der "Krottenbachalm", wo unablässig der Wasserfall rauscht, die Vögel zwitschern und die Mücken die Beine umschwirren.

Gut, auf die Mücken hätten man verzichten können, alles andere fügt sich wunderbar ein in diese romantische Almszenerie, die der Trachtenverein Humbach aufgebaut hat. Zum 70-jährigen Vereinsjubiläum habe man mal "was Bsonders" machen wollen, sagt Vorsitzender Gerhard Schwaiger, weshalb es heuer erstmals eine Freiluftaufführung gibt: den Ganghofer-Klassiker "Der Jäger von Fall". Spielort ist das "Theater am Kalten Brunnen" - eine Kiesgrube im Wald zwischen Föggenbeuern und Thankirchen.

Der Sommer gibt sich am Donnerstagabend zur Premiere richtig Mühe. Vollmond ist nicht, aber das wäre denn auch wirklich übertrieben. Die Kiesgrube wird zum Schauplatz für das volle Programm: Liebe und Betrug, Mord und Totschlag, Komödie und Melodram - wie das im Volkstheater eben sein muss. Auch wenn beim Ganghofer-Stück ausnahmsweise nicht der Wilderer der edle Outlaw ist, sondern der Jäger der brave Held.

Was die Humbacher Trachtler in monatelanger Arbeit auf die Beine gestellt haben, ist grandios: Sie haben die Kiesgrube tiefer ausgebaggert, eine Tribüne gezimmert, zwei Almhütten gebaut, einen Wasserfall, eine Brücke und Wege angelegt. Die "Krottenbachalm", samt Krickerl und rot-weißen Vorhängen, sieht aus, als würde sie auch nach Hunderten von Jäger-von-Fall-Aufführungen noch stehen. Aber das täuscht. "De schaut massiver aus, als sie is", sagt ein Bursch vom Trachtenverein. Auch der Wasserfall ist künstlich. Eine Pumpe treibt das Wasser im Kreislauf, damit der "Krottenbachfall" unablässig Wasser spucken kann. An kleinen Buden gibt es "Kaffä und Kuacha" oder "Wos Warms": eine "Wuiderer-Semme" zum Beispiel oder einen "Kasigen Tiroler". Nach der letzten Aufführung wird alles abgebaut; die Inszenierung in der Kiesgrube wird eine einmalige Sache bleiben.

Vorsitzender Schwaiger freut sich, dass so viele Leute zur Premiere gekommen sind, wünscht eine "guade Unterhaltung und guade Nerven". Dann setzt melodramatische Musik vom Band ein: Die Modei (Kathi Killer) ist traurig, weil ihr Schatz, der Jäger Friedl (Seppi Bacher), lieber zur Bärenjagd in die hohe Tatra zieht, als zu ihr. Kein Wunder, dass sie sich da mit dem Toni (Tobias Bacher) tröstet, der nicht halb so sympathisch ist und obendrein ein Wuiderer. Im Volksstück wird nicht lange gefackelt: Der Toni schiebt die Modei in die Hütte, Tür zu, Tür wieder auf, Baby im Arm.

25 Laienschauspieler sind bei der Inszenierung von Paul Miller und Sepp Holzmeyer dabei, die ihre Sache richtig gut machen. Vor allem die Hauptdarsteller spielen ihre Figuren natürlich und verzichten auf übertriebenes Pathos. Komisches Talent haben zweifelsohne Sepp Holzmeyer, der den Lenzl spielt, den "armen Deifi, der ned ganz richtig im Kopf is", und Christine Lindmeyr als Nachbarin Punkl, die ein bisschen schwerhörig ist und mit dem Doktor Martl (Andreas Schmelcher) anbandeln will. Die Blasmusi spielt auf, bei der Almkirta-Szene wird getanzt und gefeiert wie im richtigen Leben. Dass die Grenzen zwischen realer und Bühnenwelt verschwimmen, ist freilich auch der Kulisse geschuldet. Nach fast drei Stunden und viel Applaus geht es im Pulk zurück zur Parkplatzwiese. "Das war so authentisch", schwärmt eine Zuschauerin auf dem langen Weg durch den dunklen Wald.

Am 26., 30. Juni und 1. Juli, 20 Uhr. Zwischen Thankirchen und Föggenbeuern. Infos unter www.trachtenverein-humbach.de oder Tel. 08027 / 18 03 46

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