Flussfestival:Sechs Stunden Spaß

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Beim Loisach-Jam rocken sechs Nachwuchsbands aus der Region. Die bis zu 200 jungen Besucher gehen voll mit - auch wenn die große Rebellion ausbleibt

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Wer auf ein Musikkonzert für junge Leute geht, erwartet Rebellion. Von der ist beim "Loisach-Jam" an der alten Floßlände am Sonntag allerdings wenig zu spüren. Die meisten der jungen Besucher sitzen während der sechs Band-Auftritte auf den Bänken der Tribüne. Nur wenige zieht es zum Tanzen vor die Absperrgitter nahe der Bühne am Fluss. Immerhin fangen zwei der jungen Leute auf der Tribüne an zu rauchen. Doch als ein Mann des Sicherheitsdienstes sie dezent ermahnt, drücken sie ihre Zigaretten fast schon verschämt aus.

Wer allerdings die Rock'n'Roll-Attitüde perfekt beherrscht, ist die Münchner Band Famous Naked Gipsy Circus. Vor ihrem Auftritt zünden sich die Musiker fast schon demonstrativ die Zigaretten an und lassen sie lässig im Mundwinkel hängen. Mit Hut und Sonnenbrille tritt Sänger und Gitarrist Mat Kokesch ans Mikrofon. Beides wirft er wenig später auf den Bühnenboden. Mal wirft er den Kopf zurück und schließt beim Singen die Augen. Mal sucht er den Kontakt zum Publikum und ruft es auf, näher zur Bühne zu kommen, dem aber nur wenige nachkommen.

Die Band "Moby Dick" ist bekannt für erdigen, blueslastigen Rock, der an die 70er Jahre erinnert. (Foto: Hartmut Pöstges)

Mit ihrer Musik im Stil des Rock'n'Rolls der sechziger Jahre bedient Famous Naked Gipsy Circus zwar eher Retro-Welle. Doch dank ihres mitreißenden Spiels kommt die Musik so frisch daher, dass jeder gerne zuhört. Dazu kommt das große Charisma von Kokesch.

Während der rund sechs Stunden ist die Tribüne etwa halb voll. Um die 200 zumeist junge Leute sind gekommen, die auch ohne große Rebellion ihren Spaß haben. Neben den Geretsrieder HipHoppern von KRMA Music und der Band Max spielen noch Moby Dick aus Wolfratshausen, der Oberpfälzer Bbou gemeinsam mit dem Salzburger DJ-Sticky und SAM. Mit dem Zuspruch ist Matthias Heinzinger, Kulturassistent der Stadt Wolfratshausen, zufrieden. Er hat die Veranstaltung speziell für Jüngere erstmals zum Flussfestivals organisiert und kündigt für die nächsten Jahre Folgeveranstaltungen für Jugendliche etwa mit Workshops oder Poetry Slams an.

Der Loisach-Jam gerät zu einem spannungsreichen Wechselspiel der unterschiedlichsten Musikspiele. Den Anfang macht gegen 16 Uhr KRMA Music. Die Geretsrieder kombinieren Rock und deutsche Rap-Texte und heizen dem Publikum bereits am frühen Nachmittag ein, das sie nicht ohne eine Zugabe von der Bühne lassen will.

Kontrastprogramm bei Moby Dick: Ihr blueslastiger Rock mit schweren, erdigen Gitarrenriffs und stampfendem Rhythmus erinnert an die 70er-Jahre, als noch keines der Bandmitglieder auf der Welt war. Doch auf ihre Musik werden Fans künftig verzichten müssen, kündigten sie doch den "Loisach-Jam"-Auftritt als ihren letzten an.

Sie dürfen nicht ohne Zugabe von der Bühne: KRMA Music aus Geretsried meistern die schwierige Aufgabe, den Loisach-Jam beim Flussfestival zu eröffnen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Eher gefühliger Gitarrenpop mit deutschen Texten dagegen bei Max um den Geretsrieder Komponisten Maximilian Wagner: Das wundert ein wenig, da die Band vor zwei Jahren als beste Newcomer-Punkrockband Deutschlands ausgezeichnet wurde. Der Stimmung tut das keinen Abbruch. Die Zuhörer fangen zum Finale mit Knockin' on Heaven's Door lauthals rhythmisch zu klatschen an, während die Musiker zu ihnen auf die Tribüne kommen.

"Entspannts eich, lassts eich gutgehn" lautet das Motto des Oberpfälzer Rappers Bbou. Im Dialekt seiner Heimat lässt er ganze Wortkaskaden über das Publikum niedergehen. Das erinnert teilweise schon fast an einen Poetry Slam. In "Viva La Bavaria" rappt er über Marihuanakonsum in einem bayerischen Dorf und ruft in einem anderen Song dazu auf, das Leben einfach passieren zu lassen. Zum Abschluss locken die beiden Brüder von SAM mit ihren Raps wenigstens noch um die 20 Zuhörer vor die Bühne. Sie tanzen und springen, während es langsam dunkel wird.

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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