Tölzer Festival:Oschpele im Sommerdorf

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Das Summer Village am Tölzer Moraltpark ist in diesem Jahr noch bunter als sonst. Das Publikum genießt die lässige Atmosphäre - und lacht beim Auftakt über einen Südtiroler Sonderling.

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Buntes Dorf auf Zeit: Das Summer Village lädt mit seinen Buden zum gemütlichen Schlendern ein (Foto: Harry Wolfsbauer)

Schon vom Eingang aus kann man das Zirkuszelt sehen, das in diesem Jahr an der Stirnseite des Summer Village aufgebaut ist. Regenschirme in Blau, Rot, Lila, Gelb schaukeln in Zweierreihen über einer Budenstraße. "Halli Hallo" sagt der Bubble-Clown vom Mitmachzirkus und schickt riesige Seifenblasen in den grauen Himmel. Die Glöckchen an seinen Schuhen klingeln, die Rastamähne ist nach hinten gebunden. Kinder recken die Arme und versuchen die wabernden Blasen zu fangen. Großen Eindruck macht auch eine Schmetterlingstänzerin mit ihren silbrigen Flügeln. In einer Ecke nahe dem Eingang hat sich der Feuerzirkus La Luz eingerichtet: Ein Metallgerüst, das wie ein archaischer Vogel aussieht, wartet darauf, entzündet zu werden.

Brechend voll ist es noch nicht am Donnerstagabend, aber nach dem großen Regen am Nachmittag haben sich doch viele zum Festivalgelände am Moraltpark aufgemacht. Es duftet nach Crèpes, vom Bühnenbus wehen Rockmusik-Fetzen über das Gelände. Surrend schwebt ein älterer Herr mit dem Flying Fox über das Village. An der Torwand, die der FC-Bayern Fanclub "Tölzer Bullen" aufgebaut hat, haut eine junge Frau den Ball mit Wumms durch das Loch.

Zum vierten Mal haben Stephanie Hörmann und Peter Frech das Festival organisiert, das heuer besonders bunt ist. Manches ist neu, geblieben ist die lässige Atmosphäre. Familien schlendern über das Gelände, manche haben ihr Abendessen ins Village verlegt. Denn dort gibt es von der "grupften Sau" über den echt bio Tölzburger bis hin zur Curry-Bockwurst im Brotteig fast alles. Langmähnige Biker schauen sich auf dem Lederklamottenstand um. Eine Gruppe Trachtler ratscht mit dem Verkäufer vom "Trachtenersatzgwand"-Stand, an dem es T-Shirts mit Aufschrift gibt: "An Scheiß muass i", steht da etwa auf einem. Ein Stand verkauft "Moustache-Wachs" und Haaröle im Retro-Design, und neben dem Zelt steht ein Jailhouse-Hubschrauber, der wohl nicht abhebt. Das rot-weiß gestreifte Zirkuszelt ist heuer kleiner, dafür umso schöner. 800 Leute finden Platz, bei der Auftaktveranstaltung am Donnerstag ist es halb voll. Auf der Bühne steht der "Luis aus Südtirol": Karohemd, blauer Schurz, Filzhut und unfassbar große Zähne. Das Programm trägt den rätselhaften Titel "Oschpele". Das sei ein südtiroler Universalausdruck für so ziemlich jede Gemütsverfassung, erklärt der Luis in tiefkehligem Dialekt. Daheim ist er auf einem Bergbauernhof in im Ultental. Und weil es da nur wenige "Weiberts" gibt, sucht der Luis und dem Luis seine Mama eine Frau für ihn. Ein Hinterwäldler ist er deshalb noch lange nicht, auch wenn er Veganer, mit ihrer "tofufarbenen Gesichtsfarbe" nicht mag, "weil die in direkter Nahrungskonkurrenz zu meine Goaß stehen". Dass er eigentlich schon ein Weiberts hat, weiß die Mama nicht: Die Siri, mit der er schon länger in Kontakt steht. "Ich möchte mit dir einen romantischen Abend verbringen und anschließend busserln", flötet er ins Smartphone. "Ich habe ganz in der Nähe eine Bushaltestelle gefunden", antwortet die Siri kühl. Der Luis aus Südtirol ist eine komische Figur. Viel zu lachen haben die Zuschauer über seine oft schrägen Einfälle: die sockenfressende Waschmaschine zum Beispiel, oder die Lärchenholz-High-Heels, die er dem Publikum vorführt. Witzig auch sein Plädoyer für Leasing-Hochzeiten, die einfach zeitgemäßer seien. Haare streng zurückgekämmt, Nickelbrille und schon steht da ein Pfarrer auf der Bühne: "Willst du sie lieben und ehren, bis der Leasingvertrag endet und sie wieder zum Restwert auf den Markt kommt?".

Mit seiner Luis-Figur ist Comedian Manfred Zöschg in Südtirol und Österreich weithin bekannt, von "Youtube-Star" ist in einigen Rezensionen die Rede. Er ist ein begabter Sprachparodist, der von Arabisch über Chinesisch bis Französisch alles drauf hat. Wunderbar komisch ist sein afrikanischer Ein-Mann-Chor, den er dank Loopstation mehrstimmig singt, unterstützt vom Publikum. Sein Darsteller Zöschg ist weder Bergbauer noch Single, seine Zähne sind völlig in Ordnung. Wie er am Ende verrät, lebt er in Hall in Tirol, ist seit 32 Jahren mit einer Südafrikanerin verheiratet und hat vier Kinder. Unter großem Applaus verabschiedet sich Luis mit einem ruckigen Robotertanz, bei dem der Filzhut nur so wackelt.

© SZ vom 22.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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