Oberbayern: Anstößige Werbung:Ein Dorf gegen den Pipi-Party-Wahn

Die Plakate hängen überall: Mit halbnackten Frauen und vollgefüllten Wodkaflaschen werben Disko-Betreiber für ihre Partys - sehr zum Ärger von Michael Bromberger. Der Bürgermeister von Eurasburg will die anstößige Werbung aus dem Ort verbannen.

Tobias Dorfer

Eurasburg hat 4400 Einwohner, ein Kloster - und ein großes Problem. Immer wieder werden in der Gemeinde anstößige Party-Plakate aufgehängt. Da werben Diskothekenbetreiber mit Billig-Besäufnissen - oder gar für die sogenannten Pipi-Partys, bei denen so lange kostenlos gebechert werden darf, bis der erste Partygast auf die Toilette muss. Häufig sind auf diesen Plakaten auch noch Frauen in lasziven Posen abgebildet. Michael Bromberger hat nun genug. Der Bürgermeister der oberbayerischen Gemeinde Eurasberg möchte obszöne Party-Werbung künftig aus seiner Gemeinde verbannen.

Michael Bromberger, Bürgermeister Eurasburg

Bürgermeister Michael Bromberger möchte anstößige Party-Werbung aus dem oberbayerischen Eurasburg verbannen.

(Foto: oh)

sueddeutsche.de: Herr Bromberger, Sie wollen anstößige Party-Werbung aus Eurasburg verbannen. Haben Sie keine Angst, als Spießer dazustehen?

Michael Bromberger: Sicher nicht. Bei uns darf für jede Disko geworben werden. Aber nicht für maßlosen Alkoholkonsum. Solche Plakate wollen wir in Eurasburg nicht haben. Das Ganze ist ja nicht meine Idee gewesen. Eine Dame hat sich in einer Bürgerfragestunde über ein Plakat beschwert, auf dem eine Wodkaflasche dargestellt war. Wir haben uns das genauer angeschaut und Konsequenzen gezogen.

sueddeutsche.de: Die da wären?

Bromberger: Jedes Party-Plakat, das auf Gemeindegrund geklebt wird, muss vorher dem Ordnungsamt gezeigt werden. Und wenn uns die Motive nicht gefallen, dann wird eben die Genehmigung verweigert. Es kann nicht sein, dass derart jugendgefährdende Plakate für alle sichtbar sind.

sueddeutsche.de: Damit werden Sie die Plakate nicht grundsätzlich verbannen können. Schließlich gibt es noch private Flächen.

Bromberger: Wenn ein Stadelbesitzer ein Paar Euro in die Hand gedrückt bekommt und dann ein Plakat aufgehängt wird, können wir das nicht verhindern. Aber bei den Flächen, bei denen wir selbst entscheiden können, tun wir das auch.

sueddeutsche.de: Wo stehen die Plakate denn?

Bromberger: Durch Eurasburg geht eine Staatsstraße und da war die Werbung richtig penetrant. Die Plakate hingen an Verkehrszeichen, Bäumen, Bushaltestellen - sogar am Eingang der Grundschule. Da gehen Kinder hin, die jünger als neun Jahre alt sind. Nicht gerade die Zielgruppe eines Diskobetreibers. Weiterführende Schulen gibt es in unserer Gemeinde nicht.

sueddeutsche.de: Aber Jugendliche wohnen doch schon bei Ihnen...

Bromberger: Ja - um die geht es mir auch. Wir können doch nicht ständig von Prävention reden und draußen vor der Tür hängt dann diese Werbung. Da muss man auch mal konsequent sein.

sueddeutsche.de: Ist das nicht doppelmoralisch? Die Werbung wird verboten und die Partys finden nach wie vor statt.

Bromberger: Die Diskos liegen ja außerhalb unseres Gemeindegebiets, auf der anderen Seite des Starnberger Sees. Da kann doch ich nicht als Bürgermeister auftauchen und dem Besitzer vorschreiben, wie er seine Gäste zu bewirten hat. Aber offenbar ist es so: Je weiter entfernt die Disko liegt, umso skrupelloser wird plakatiert. Die machen sich keine Gedanken über die Folgen.

sueddeutsche.de: Wie viele Plakate haben Sie denn schon verboten?

Bromberger: Das kann ich auswendig nicht sagen. Aber was mir auffällt: Seit drei Wochen hat uns keine Anfrage von einer Disko mehr erreicht. Vielleicht sagen die ja schon: Da werben wir gar nicht mehr.

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