Eröffnung des Ickinger Konzertzyklus:Bestens disponiert

Eröffnung des Ickinger Konzertzyklus: Der Tenor Hans Jörg Mammel übernahm den anspruchsvollen Gesangspart in Benjamin Brittens Serenade.

Der Tenor Hans Jörg Mammel übernahm den anspruchsvollen Gesangspart in Benjamin Brittens Serenade.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Auftakt mit Musik von Britten und Händel gerät eindrucksvoll. Doch zum "Welcome"-Konzert kommen noch kaum Flüchtlinge

Von Reinhard Szyszka, Schäftlarn

Der Konzertzyklus ist reif für die Insel. Für die britischen Inseln, genauer gesagt, denn "very british" lautet das Motto für dieses Jahr. Seit 2011 haben sich die beliebten Herbstkonzerte die Musikkultur jeweils eines Landes zum Thema gesetzt, und nach Russland, Frankreich, Österreich und Deutschland ist die Reihe nun an Großbritannien.

Nicht zu Unrecht steht die neuere englische Musik im Ruf, eine äußerst konservative Angelegenheit zu sein. Vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart pflegen britische Komponisten einen unbekümmert tonalen, eingängigen Stil, so als hätte es einen Schönberg, einen Strawinsky, einen Bartók nie gegeben. "Splendid isolation" auf musikalischem Gebiet. Eine der wenigen Ausnahmen ist Benjamin Britten, tonal gebunden zwar auch er, doch wenigstens mit vorsichtigen Anleihen bei der Moderne und mit dem Mut zu etwas freieren, dissonanteren Klängen als seine Kollegen. So ist es nicht überraschend, dass Britten der einzige englische Komponist des 20. Jahrhunderts ist, den es beim Ickinger Konzertzyklus zu hören gibt. Ansonsten setzt der musikalische Leiter Philipp Amelung auf die Klassiker.

Am Sonntag fand in der Ebenhausener Pfarrkirche St. Benedikt die Auftaktveranstaltung statt. "Welcome!" lautete das Motto des Konzerts, und Bürgermeisterin Margit Menrad wies in ihrer Begrüßungsansprache auf die aktuelle Bedeutung dieses Worts angesichts der Flüchtlingsströme hin. Einige der Förderer des Konzertzyklus hatten ein größeres Kontingent an Eintrittskarten erworben, um damit Flüchtlinge aus der Umgebung in die Konzerte einzuladen. Bei der Eröffnung hielt sich der Erfolg noch in Grenzen: Dem optischen Eindruck nach zu urteilen, hatte sich gerade mal ein einziger Flüchtling ins Konzert gewagt, und viele Plätze blieben leer. Dennoch war die Aktion ein richtiger Anfang, der unbedingt fortgesetzt werden sollte.

Bevor Amelung den ersten Einsatz gab, bat er den Hornisten Peter Tornay auf die Bühne, obwohl der erst beim zweiten Programmpunkt drankam, und ließ ihn zwei Tonleitern spielen - zunächst als Naturtonreihe, dann mit Intonationskorrektur durch die Ventile. Eine instruktive Demonstration, denn Britten setzt die Unsauberkeit der Naturtöne bewusst ein. Zunächst aber gab es ein anderes Stück von Britten zu hören, die "Welcome Ode" für Streichorchester, drei knappe, konzentrierte Sätze, nahtlos ineinander übergehend. Die Zuhörer waren überrascht, dass es schon vorbei war, und begannen erst mit dem Applaus, als Amelung sich lächelnd umdrehte.

Ein längeres, gewichtigeres Werk war dann die Serenade für Tenor, Horn und Streicher, eines der vielen Werke, die Britten seinem Lebensgefährten Peter Pears in die Kehle geschrieben hat. Der Tenor Hans Jörg Mammel übernahm den anspruchsvollen Gesangspart, der nicht nur einen beachtlichen Stimmumfang, sondern auch eine erhebliche dynamische Bandbreite erfordert. Mammel meisterte seine schwere Aufgabe, kämpfte gelegentlich mit dem Text, verschluckte auch einige Silben ("Elfland"), fand sich aber immer mehr in die Musik hinein.

Am eindrucksvollsten gelang ihm "Dirge", ein unheimlicher Totentanz, der vom äußersten Pianissimo ins strahlende Forte und wieder zurück in die Stille führt. Dass das Solohorn nicht ohne Kiekser auskam, liegt in der Natur des Instruments und passiert selbst ausgewiesenen Virtuosen immer wieder.

Den Abschluss bildete die erste "Wassermusik"-Suite des Wahl-Engländers Georg Friedrich Händel. Hier waren Dirigent und Orchester gleichermaßen in ihrem Element, und sie boten eine mitreißende Interpretation der festlich strahlenden Musik. Amelung leitete mit runden, aber präzisen Gesten das bestens disponierte Orchester und brachte die abwechslungsreiche, farbige Orchestrierung Händels zum Klingen, wagte manchmal geradezu halsbrecherische Tempi und hob bei den Schlusssteigerungen fast vom Boden ab. Insgesamt ein eindrucksvoller Beginn, der neugierig auf die nachfolgenden Konzerte macht.

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