Erneuerbare Energie:Wie die Tölzer Feuerwehr mit Eis heizt

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Ein wenig Tüftelei bedurfte es schon für die Eisheizung im Feuerwehrhaus Ellbach. Deren Steuerung hat Michael Wölk vom Tölzer Stadtbauamt programmiert.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Speicher, Wärmepumpe und Hybridkollektoren sorgen in Ellbach dafür, dass mehr Energie erzeugt als verbraucht wird. Auch das Rathaus soll die Anlage bekommen.

Von Alexandra Vecchiato

Heizen mit Eis - das klingt zunächst unplausibel. Dabei ist es durchaus effektiv, Wärme aus gefrorenem Wasser zu gewinnen. Die Eisheizung macht sich ein physikalisches Phänomen zu nutze: Um Eis zum Schmelzen zu bringen, muss Wärme zugeführt werden. Dieselbe Wärmeenergie wird umgekehrt auch freigesetzt, wenn Wasser zu Eis gefriert. So entsteht die sogenannte Kristallisationsenergie. Vor zwei Jahren wurde im Feuerwehrhaus in Ellbach eine solche Anlage eingebaut. Auch das Tölzer Rathaus soll eine Eisheizung bekommen.

Erfinder der Eisheizung ist der Entwicklungsingenieur Alexander von Rohr. In gewerblich genutzten Gebäuden ist sie öfters zu finden, aber mittlerweile werden Eisheizungen auch in Ein- und Zweifamilienhäuser verwendet. "Es kommt halt immer darauf an, welche Technik und welche Anlage für einen Standort geeignet ist", sagt Michael Wölk. Als es darum ging, im Zuge des Anbaus an das Ellbacher Feuerwehrhaus auch eine neue Heizung zu installieren, fiel die Wahl auf diese Variante. Das Einfachste wäre es gewesen, eine Gasheizung einzubauen, sagt der Mitarbeiter im Tölzer Rathaus (Hochbauamt). Aber in Ellbach gibt es keinen Gasanschluss. Ölheizungen seien nicht mehr Standard, Holzpellets und ähnliches bräuchten viel Platz und seien wartungsintensiv, so Wölk. Außerdem war das Ziel eine klimafreundliche Heizung. Zuvor war das Feuerwehrhaus mit einer Elektroheizung ausgestattet. So entschied man sich im Stadtbauamt für einen Eisspeicher samt Wärmepumpe und Hybridkollektoren auf dem Dach des Feuerwehrhauses.

Die Energiemenge, die beim Übergang vom flüssigen in den festen Aggregatzustand entsteht, wird zur Erzeugung von Wärme genutzt, erklärt Wölk. Es wird dabei in etwa so viel Energie frei, wie man braucht, um null Grad kaltes Wasser auf 80 Grad zu erhitzen. Der unterirdische Speicher in Ellbach fasst zehn Kubikmeter Wasser. Damit steht das Heizmittel Eis quasi kostenlos zur Verfügung. Lediglich die Wärmepumpe benötigt Energie. Dieser Strom wird über die Paneele auf dem Dach erzeugt. Das ist noch nicht alles: Die überschüssige Wärme, die von den Hybridkollektoren auf dem Dach ebenfalls produziert wird, sorgt dafür, dass der Eisspeicher "regeneriert" wird. In der warmen Jahreszeit dient er als Energiespeicher für überschüssige Sonnen- und Wärmeenergie. Mit Beginn der kalten Jahreszeit entzieht die Wärmepumpe dem Wasser diese Energie und heizt damit das Feuerwehrhaus. Das Wasser wird kälter, bis es gefriert. Dann wird zusätzlich Kristallisationsenergie frei, die ebenfalls fürs Heizen zur Verfügung steht.

Praktisch sei auch, so Wölk, dass der Eisspeicher nicht gedämmt werden müsse. Über das Erdreich werde dieser ebenfalls mit Wärme versorgt. In Ellbach liegt der Speicher in vier Metern Tiefe. Erzeugten bei Sonnenschein die Kollektoren zu viel Strom, werde dieser ins öffentliche Netz eingespeist. "Wir nutzen das Netz als Zwischenspeicher", sagt Wölk. Natürlich werde auch Strom daraus bezogen, um die Anlage in Gang zu halten. An schönen Tagen im Winter allerdings könne es vorkommen, dass "wir heizen, ohne dass es uns was kostet - also zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien."

Mit der Eisheizung wurde aus dem Ellbacher Feuerwehrhaus ein Plusenergiehaus, da mehr Energie erzeugt als verbraucht wird. Zumindest sei dies bislang so gewesen. Ob es mit der derzeitigen langen Frostperiode ebenfalls so ausgehen werde, bleibe abzuwarten, sagt Wölk. Der letzte Winter sei mild gewesen. So konnte ein Überschuss von 983 Kilowattstunden erzeugt werden, was laut Wölk einem Gegenwert von 400 Litern Heizöl entspräche. Die Stromkosten insgesamt beliefen sich 2016 auf 185 Euro unter Anrechnung der Einspeisevergütung.

Das sah mit der alten Heizung noch anders aus: Vor der Sanierung des Feuerwehrhauses Ellbach betrug der Stromverbrauch für Heizung und Hausstrom etwa 8200 Kilowattstunden im Jahr, die Kosten beliefen sich auf circa 2050 Euro. Nach der Heizungserneuerung waren es im ersten Jahr 3110 Kilowattstunden und Kosten in Höhe von 245 Euro. Berücksichtigt werden muss, dass die Halle, in der die Fahrzeuge der Feuerwehr stehen, nur frostfrei gehalten werden soll (neun Grad Celsius). Allein die Umkleiden werden stärker beheizt (14 Grad Celsius).

Für das Tölzer Rathaus konzipiert das Ingenieurbüro Schuhmacher und André die Eisheizung, deren Speicher im Vergleich zu Ellbach größer dimensioniert ist. Das Wasser soll nicht nur zur Wärmegewinnung genutzt werden, sondern im Sommer auch zur Kühlung von Büros oder EDV-Räumen.

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