Erdwärme:Bohrung mit Hindernis

Geothermieanlage Hofgut Breitenbach bei Gelting, Geretsried

Neuer Anlauf: In der Geothermieanlage Hofgut Breitenbach bei Gelting soll künftig heißes Wasser aus 4852 Metern Tiefe sprudeln.

(Foto: Enex/oh)

Damit das Geothermieprojekt in Gelting starten kann, musste ein altes Stahlrohr aus 4000 Metern Tiefe entfernt werden

Von Claudia Koestler, Geretsried

Es ist Präzisionsarbeit in knapp vier Kilometern Tiefe, und gerade deshalb Pionierarbeit: Damit beim Geothermieprojekt auf dem Hofgut Breitenbach bei Gelting tatsächlich neu gebohrt werden kann, mussten die Verantwortlichen der Firma Enex Power Germany zunächst ein paar der Spuren des ersten Bohrversuchs beseitigen. Es handelte sich um ein Stahlrohr, etwa 250 Meter lang und 1,5 Zentimeter dick, das 2013 in knapp 4000 Metern installiert wurde, um das heiße Wasser nach oben zu leiten. Allein, die Mengen des gefundenen Thermalwassers reichten damals nicht aus.

Jetzt, da die Firma einen zweiten Versuch wagt, stellte das Stahlrohr allerdings ein ziemliches Hindernis für die neue Bohrung dar. Um mit der Ablenkbohrung, einem sogenannten side track, doch noch Schichten zu finden, die genügend Wasser führen, musste das bestehende Stahlrohr nämlich erst einmal komplett herausgefräst werden: eine Herausforderung für Mensch und Maschine.

"Wir sind wegen dieser Fräßarbeiten, die sich als aufwendiger entpuppten als ursprünglich gedacht, etwa zwei Wochen in Verzug mit unserer Zeitplanung", sagt Robert Straubinger, Geschäftsführer von Enex Power Germany. "Es zieht sich, aber es geht voran." Seit wenigen Tagen ist auch der letzte Rest des Stahls erfolgreich entfernt. Äußerst zeitaufwendig sei diese Vorarbeit gewesen. Denn das Stahlrohr musste fein herausgehobelt werden: "Man kann sich das vorstellen wie bei einem Tête de Moine-Käse", sagt Straubinger. "Man muss da dünne Flusen abschaben, mit viel Geduld". Immer wieder seien größere Brocken abgegangen, und diese wiederum verstopften das Bohrloch und verklemmten den mit Wolfram legierten Bohrmeißel. Waren die Späne nur einen Hauch zu dick, blockierten sie den Meißel oder blieben bei der Spülung stecken, mit der die Metallteile aus der Tiefe geholt wurden. Manchmal kam es vor, dass sich der durch die Bohrung heiß gewordene Stahl ganz dünn an die Wand anschmiegte. "Auch solche Reste noch zu entfernen, das ist schon eine Aufgabe", sagt Straubinger. Eine, die ihm zufolge erstmals in einer solchen Tiefe durchgeführt wurde. Mit Verschleiß: Derzeit muss die Bohranlage deshalb gewartet werden.

Zeit habe die Arbeit geraubt, nicht aber die Kosten erhöht, zumindest nicht unterm Strich: "Wir haben ja eine Pauschale vereinbart für die Bohrung. Wenn jetzt mit der eigentlichen Ablenkbohrung etwas flotter gearbeitet werden kann, ist alles im Lot", sagt der Geschäftsführer. Zwischen 50 und 60 Millionen Euro kostet der zweite Anlauf in Gelting, mit dem Strom produziert und auch ein Fernwärmenetz gespeist werden soll.

Mitte kommender Woche erwartet Straubinger, dass mit der zweiten Bohrung begonnen werden kann. Dazu wird zunächst das bestehende Bohrloch genutzt, doch bei rund 4200 Meter wird Meißel durch einen Betonkeil abgelenkt: Er schert aus und gräbt sich seitlich weiter in die Tiefe. Insgesamt wird er dann laut Planung eine Strecke von 5700 Metern zurücklegen und bei einer Tiefe von 4852 Metern landen. Bereits in drei Wochen will Straubinger eine wasserführende Schicht erreicht haben. Doch erst, wenn eine Kluftzone erreicht ist, aus der mehr als 60 Liter Wasser pro Sekunde sprudeln, können die Verantwortlichen von einem wirtschaftlichen Erfolg sprechen. "Wir gehen nach wie vor davon aus, dass wir diese Schichten im Juli oder August erreichen und damit das gewünschte Ergebnis haben werden", sagt Straubinger.

Auch wenn es in den ersten Wochen des zweiten Anlaufs sprichwörtlich geknirscht haben dürfte, wenn Metall auf Metall traf: "Wir rechnen weiter fest mit dem Erfolg", ist er überzeugt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: