Ein Verein fühlt sich überaltert:Freundschaft ohne Jugend

Ein Verein fühlt sich überaltert: Die Fahnen flattern noch, aber die Partner sind in die Jahre gekommen.

Die Fahnen flattern noch, aber die Partner sind in die Jahre gekommen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Partnerschaft Wolfratshausen-Barbezieux hat keinen Nachwuchs

Von Lisa Kuner, Wolfratshausen

Seit 1970 gibt es eine feste Städtepartnerschaft zwischen Wolfratshausen und dem französischen Barbezieux-Saint-Hilaire. Barbezieux ist eine kleine Gemeinde nordöstlich von Bordeaux. Der Partnerschaftsverein Barbezieux Wolfratshausen kümmert sich um den Austausch zwischen den beiden Gemeinden und hält die Freundschaft aufrecht. In den vergangenen Jahren zeichnet sich allerdings ein großes Problem ab, das der Vorsitzende Rainer Kebekus am Montag in der Jahreshauptversammlung zur Sprache gebracht hat: Dem Verein fehlt der Nachwuchs.

Nur ein Mitglied ist noch unter 45 Jahren. Die meisten sind zwischen 65 und 85 Jahre alt, ein Mitglied feiert in diesem Jahr sogar seinen 90. Geburtstag. "Wir überlegen schon seit Jahren, was wir tun können", sagte Kebekus. Der Mangel an Nachwuchs sei immer wieder Thema von Vorstandssitzungen und es habe diverse Initiativen gegeben. Der Verein habe versucht, einen Austausch von Fußballmannschaften, Radsportlern oder Musikern anzuregen. Alles sei gescheitert. Einen Grund dafür sieht Kebekus darin, dass man heute viel einfacher reisen könne und weniger Bedarf und Interesse an einer organisierten freundschaftlichen Beziehung bestehe.

Auch die Fahrt nach Barbezieux sei ein Problem: Vor allem Rentner hätten Zeit für eine solche Reise und müssten sich nicht extra Urlaub nehmen. "Für mich sind Partnerschaftsvereine eine aussterbende Rasse", sagte Kebekus. Er gehe davon aus, dass es Partnerschaftsvereine in 30 Jahren in dieser Form nicht mehr geben werde. Der Partnerschaftsverein in Wolfratshausen sei kein Einzelfall, auch die Vereine in Dietramszell und Geretsried seien völlig überaltert.

Das heißt aber nicht, dass sich junge Menschen gar nicht für Auslandserfahrungen interessieren. Der Schüleraustausch mit dem Gymnasium Icking funktioniere gut. Im vergangenen Jahr organisierte die Französisch-Lehrerin Ulrike Schmidt außerdem zum ersten Mal einen Schüleraustausch zwischen der Montessori-Schule Biberkor und dem Collège Sainte Marie in Barbezieux. 15 Schüler der 7. und 8. Klasse nahmen zuerst eine Woche französische Schüler bei sich auf und fuhren dann im September nach Barbezieux. Dafür gebe es dann sogar mehr Anfragen als Plätze. Den Schülern habe der Austausch gefallen, überrascht habe sie vor allem, wie still es im Unterricht in Frankreich gewesen sei. Schmidt ist zufrieden, alles habe gut funktioniert. Die beiden Schulen wollten den Austausch in Zukunft regelmäßig veranstalten.

Auch zu den Aktivitäten des Vereins gehören gegenseitige Besuche. Im vorigen Jahr war eine Gruppe aus Barbezieux in Wolfratshausen, dieses Jahr im Juni wollen die Wolfratshauser mit ein paar Musikern zur "Fête de la Musique" nach Frankreich fahren. Eine Delegation reist im September zur Landwirtschaftsmesse "Comice Agricole", schenkt dort 300 Liter Bier aus und verteilt Schinkenbrot-Häppchen. Im April veranstaltet Wolfratshausen einen internationalen Tag der Städtepartnerschaft, dafür haben die Bürgermeister der Partnerstädte, darunter auch der französische André Meuraillon, ihr Kommen zugesagt. 2020 feiern Barbezieux und Wolfratshausen das 50-jähriges Bestehen der Partnerschaft. Dafür plant Kebekus etwas Besonderes: In Barbezieux soll ein Maibaum aufgestellt werden.

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