Ein Abend mit Purcell:Bekömmlich beschwingt

Das Ensemble "capella vocale" verzaubert Publikum im Gemeindezentrum

Von Sabine Näher, Iffeldorf

Endlich werden die Möglichkeiten des Turnhallen-Konzertsaals optimal genutzt: Aus zwei mit einem Brett verbundenen Turnringen wird unversehens eine Schaukel. Auf dieser, reich mit Blumen geschmückt, nimmt die Sängerin Brigitte Lang Platz und lässt ihre schön timbrierte, dunkel funkelnde Stimme entspannt schaukelnd durch den Raum fliegen. Da kommt echtes Theaterfeeling auf - und verzaubert den ansonsten doch etwas nüchternen Mehrzweckraum des Iffeldorfer Gemeindezentrums.

Zu einem "Sommer-Nacht-Traum" hatte die capella vocale Iffeldorf geladen. Das "s", das man unwillkürlich ergänzen möchte, fehlt wohl bewusst, um nicht an Mendelssohns Musik denken zu lassen. Denn Chorleiterin und Cembalistin Anne Voit-Isenberg hat die reichen Werke Henry Purcells geplündert, der Shakespeare schon 150 Jahre vor Mendelssohn vertont hat. Doch nicht nur in Purcells "Fairy Queen", auch in seiner "Dido and Aeneas", "King Arthur", "The Indian Queen" sowie "Welcome to all the Pleasures" ist Voit-Isenberg fündig geworden und hat für ihren Chor wie die beiden Solistinnen Diana Fischer (Sopran) und Brigitte Lang (Mezzosopran) daraus ein Best-of-Purcell zusammengestellt. Szenisch aufbereitet bot dieses quasi einen Opernabend im Taschenformat.

Das "Orchester" bestand aus Monika Jung (Violine), Helge Voit (Viola da Gamba) und Anne Voit-Isenberg am Cembalo. Beides - sowohl die variable Besetzung je nach Verfügbarkeit der Musiker wie die Kompilation aus mehreren Bühnenwerken zu einem neuen - entspricht den Gepflogenheiten der damaligen Zeit. Letzteres nannte man "pasticcio", also Pastete, was den Vorgang anschaulich beschreibt. Ob die Pastete schmeckt und bekömmlich ist, hängt von den einzelnen Ingredienzien und der Begabung des Kochs ab, diese stimmig zusammenzufügen. Beides war in Iffeldorf in hohem Maße gegeben. Sogar ein richtiges Bühnenbild hatte die capella vocale gebastelt, mit einfachsten Mitteln wurden tolle Effekte geschaffen. Im Hintergrund prangte ein riesiges Schiffssegel, hinter dem der Chor auch komplett verschwinden und aus dem Off singen konnte. Cocktailkleider und Sekt rosé im Glas stehen für den Frühling, Blumenpracht nebst Rotwein und Bier für den reifen Sommer. Laub, das eine Kinderschar höchst vergnügt ausstreut, für den Herbst; blau beleuchtete Plastikfolien nebst Wollmützen und Schals der Sänger für den Winter.

Die zwölf Sänger (sieben Frauen, fünf Männer) haben sichtlich Vergnügen an dem sprudelnden Ideenreichtum ihrer Chorleiterin, das sich aufs Publikum überträgt. Die Solistinnen, beide Mitglieder des Chores des Bayerischen Rundfunks, verzaubern das Publikum mit ihrem Gesang wie ihrem Spiel. Voit-Isenberg agiert routiniert-souverän am Cembalo. Und wenn der Chor singend im Saal ausschwärmt, schwärmt sie dirigierend mit. Monika Jung ist der Cembalistin eine inspirierende Partnerin an der Geige. Helge Voit an der Gambe hat indes mitunter mit Intonationsschwierigkeiten zu kämpfen.

Der Abend sei quasi "der Trailer" zu einem großen Purcell-Projekt im nächsten Jahr, verkündet Voit-Isenberg dem begeisterten Publikum, das sich mit Ausdauer eine Zugabe erklatscht. Den Termin - 12. Oktober 2019, "Dido and Aenaeas" - könnte man sich vormerken.

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