Egling:Von der Spielwiese in die Galerie

"Farben halt", die Ausstellung von Joana Pratschke und Lisa Kirchhoff, ist am Samstag eröffnet worden

Von Christa Gebhardt, Egling

Es ist das erste Mal, dass sie ausstellen: Joana Pratschke und Lisa Kirchhoff zeigen derzeit ihre Arbeiten in der Galerie von Joanas Mutter Carmen Pratschke in Deining. Sie sagt bei der Begrüßung zur Vernissage der Ausstellung "Farben halt", dass es ihr eine große Freude sei, den beiden jungen Frauen Gelegenheit zur Präsentation ihrer Werke geben zu können. Interpretationen der Fotos ihrer Tochter oder der Malerei von Lisa Kirchhoff steuert sie nicht bei. Deren Mutter Sabine Kirchhoff erklärt, während sie selbst das bildhaft Erzählerische im Schaffen suche, strebe Lisa nach dem Strukturierten, frei Abstrakten. Die Kunsterzieherin und bekannte Malerin, die regelmäßig im Hollerhaus ausstellt, ließ ihrem "Freigeist" immer den Raum, sich zu entfalten, drängte die Tochter nie in eine künstlerische Richtung.

Allerdings boten die Mütter den Freundinnen zwei kreative Spielwiesen: Das Kirchhoff'sche Atelier voller Materialien, Farben, Stoffen, Fundstücken von Reisen in fernöstliche Länder und die Galerie Pratschke, in der sie schon früh die Vielfalt kreativen Arbeitens kennengelernt haben. Umgesetzt haben sie das auf eigene, oft ineinander verwobene Weise. Joanas Fotomotive sind junge Frauen, ihr Lieblingsmodell ist Lisa. Die mit Photoshop bearbeiteten und verfremdeten Fotos entstehen meist planlos im Miteinander während des Shootings. "Eine Ideologie haben wir nicht!" Da sind die beiden erfrischend direkt. Sie kämen gar nicht auf die Idee, Theoretisches hinein zu packen in ihre Arbeiten. Fundstücke der frühen Spielwiesen finden sich in Joanas Fotos immer wieder.

Egling: Lisa Kirchhoff beschäftigt sich mit Malerei und Druckgrafik. Zu sehen ist das Werk der jungen Künstlerin derzeit in der Galerie Pratschke in Deining.

Lisa Kirchhoff beschäftigt sich mit Malerei und Druckgrafik. Zu sehen ist das Werk der jungen Künstlerin derzeit in der Galerie Pratschke in Deining.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Hippie-Hose aus indischem Glitzerstoff der Tante etwa, die Lisa in eine Shivagöttin verwandelt, die aber statt Hindu-Insignien eine mit Wasser prall gefüllte Plastiktüte vor den Oberkörper hält und ihr grün gefärbtes Haar ins All flattern lässt. Auf einem anderen Foto trägt sie die passende Hippie-Jacke und einen Rock aus indigoblauem Stoff in der Pose eines breitbeinig hockenden Samurai Kriegers. Was zunächst als Einheit wirkt, wird gebrochen: Sie trägt den Rock nicht wirklich, er ist über einen Tisch gehängt. Die scheinbare Zusammengehörigkeit von Ober- und Unterkörper, vereint durch das Stoffliche ist Fake, fotografisch konstruiert.

Verfremdungen, Verdoppelungen, hintereinander gelegte gleiche Motive von Schultern, Augen, Mündern kommen immer wieder vor in Joanas Fotografien. Man könnte dies als unbewusste Suche nach Identität, individueller Ganzheit interpretieren, nach einer Zwillingsseele der Vertrautheit vielleicht und der Erkenntnis, dass sich das Einmalige doch immer wieder vervielfältigen lässt.

Auch Lisas Arbeiten spiegeln dies, in denen das Spontane, der Reflexion vorausgehende im Vordergrund steht. Sie experimentiert mit geometrischen Formen, Schablonen, wiederkehrenden Figuren, die aus anderen Bildern heraus wandern, auf den Kopf gedreht oder verfremdet in anderer Umgebung erscheinen. Auch hier kein Überbau, sondern ein Ausprobieren, Übermalen, Umstrukturieren, bis sich Erkenntnis breit macht, was Farbe mit anderer Farbe darüber bewirkt, wie Strukturen darunter liegende Strukturen verändern. Lisa benützt Acryl und Aquarell in Bildern wie "Gelber Moment" oder "Regenradar". In verschiedenen Drucktechniken erforscht sie Kombinationen grafischer Kritzeleien mit Farbtupfern.

Egling: Joana Pratschke fotografiert. Sie stellt ebenfalls in der galerie Pratschke in Deining aus.

Joana Pratschke fotografiert. Sie stellt ebenfalls in der galerie Pratschke in Deining aus.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Joana, die in Berlin an der Freien Universität Politik und Filmwissenschaften studiert, und Lisa, die unter 600 Bewerbern an der Kunsthochschule Weißensee für das Fach Visuelle Kommunikation ausgewählt wurde, werden ihren künstlerischen Weg gehen. Irgendwann werden sie einen Plan haben und wissen, was reproduzierbar ist und was nicht. Bis dahin werden sie ihre wirklich beeindruckenden Talente weiter experimentierend ausprobieren.

"Farben halt" - Malerei, Drucke und Fotografien von Lisa Kirchhoff und Joana Pratschke, Galerie Carmen Pratschke in Deining, bis 23. Juli, geöffnet Donnerstag, Freitag, Samstag, von 13 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung

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