Dreh in Harmating:Sogar die Tomatenstauden müssen weg

Die 40 Bewohner spielen gerne mit: Sie überlassen dem Filmteam ihre Häuser - und bekommen dafür ein fiktives Bushäuschen und eine Post.

Von Lea Utz

Innerhalb weniger Minuten verwandelt sich der idyllische Schauplatz vor dem Harmatinger Wirtshaus in ein Wuselbild: Kamerawägen werden herangezogen, Lichtsegel in Stellung gebracht, aus einem Kleinbus steigt eine ganze Blaskapelle in Tracht. Sie sind Statisten in der Szene, die gegenüber gedreht wird: "Gendering" - so heißt das Dorf in der ZDF-Komödie - feiert darin den Spatenstich für ein Bauprojekt, das den Ort in eine Wellness-Oase für die Münchner verwandeln soll.

Annelies Wiedenbauer-Schmidt ist eine der rund 40 Harmatinger, die dem Filmteam gegen eine Entschädigung Tür und Tor öffnen - denn bis auf das Harmatinger Schloss wird jedes Haus im Weiler zum Drehort. "Als wir gehört haben, dass der Christian Jeltsch das Drehbuch schreibt, konnten wir nicht Nein sagen", erzählt die Heilpraktikerin und Grünen-Kreisrätin, die den Autor seit vielen Jahren kennt. In ihrem alten Bauernhaus herrscht nun viel Betrieb: "Wir haben uns schon daran gewöhnt, dass hier ständig Leute durch die Gegend rennen", sagt ihr Mann Herbert.

Dreh in Harmating: Das Bauernhaus ist einer der Drehorte - Herbert Wiedenbauer-Schmidt und Nachbar Moritz Mahlmann (li.) davor.

Das Bauernhaus ist einer der Drehorte - Herbert Wiedenbauer-Schmidt und Nachbar Moritz Mahlmann (li.) davor.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Flur und Stube sind bereits leergeräumt und zum Teil neu eingerichtet, als nächstes sind Küche und Schlafzimmer dran. Selbst die Tomatenstauden und die Blumen im Garten müssen weichen - denn im Film war das alte Haus über Jahre unbewohnt. Für die Harmatingerin ist das alles kein Problem: "Es hat etwas Belebendes, ich habe auch schon viele neue Leute kennengelernt." Sie nutze die Gelegenheit zum Stöbern und Ausmisten. Komplett ausziehen muss das Ehepaar nur für einige Tage im Oktober.

Auch Daniela Hainz, die nebenan einen Bauernhof betreibt, lässt das Filmteam in ihre Küche. "Das ist schon ein komisches Gefühl", sagt sie. Anfangs sei sie nicht von der Idee überzeugt gewesen - "aber wir im Dorf haben dann beschlossen, dass wir das zusammen durchziehen". Vor allem ihre Kinder seien hellauf begeistert vom Filmtrubel vor der Haustür.

Im Ort hat sich seit der Ankunft der Crew einiges verändert: Gegenüber vom Wirtshaus ist wie aus dem Nichts ein Bushäuschen aufgetaucht, laut Aushangfahrplan kommt man von dort aus mehrmals täglich in die fiktiven Ortschaften "Herbertszell" und "Piensing". Direkt daneben steht neuerdings ein Kruzifix am Wegesrand. Das Wirtshaus selbst ist frisch gestrichen. Und eine Poststelle gibt es im Weiler plötzlich auch - sie ist im echten Leben das Wohnhaus von Moritz Mahlmann, der seit zehn Jahren in Harmating lebt. "Ich habe schon vergeblich versucht, bei mir daheim einen Brief aufzugeben", scherzt er.

Dreh in Harmating: Noch ist in der Küche alles beim Alten: Wo Annelies Wiedenbauer-Schmidt kocht, rückt bald die Filmcrew an.

Noch ist in der Küche alles beim Alten: Wo Annelies Wiedenbauer-Schmidt kocht, rückt bald die Filmcrew an.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Dass der Weiler eines Tages auch im echten Leben von reichen Investoren aufgekauft werden könnte, macht Annelies Wiedenbauer-Schmidt keine Angst. "Damit werden wir hier so schnell keine Probleme bekommen", meint die 63-Jährige, denn die hiesige Baupolitik sei sehr restriktiv.

Die Harmatinger hoffen aber, dass aus dem Dorf nun keine Touristen-Attraktion wird - denn der Ort musste schon mehrmals als Filmkulisse herhalten, unter anderem für eine Kochshow und die Fernsehkomödie "Plötzlich Opa" vor zehn Jahren. "Wenn dieses Idyll irgendwann entdeckt wird, kommen die Leute in Scharen her", befürchtet Nachbar Mahlmann. Noch habe er aber keine allzu großen Bedenken - "schließlich wird hier ein 90-Minüter gedreht und keine Serie".

Auf den fertigen Film sind die Bewohner gespannt. "Wir werden uns das natürlich anschauen", sagt Annelies Wiedenbauer-Schmidt. Allerdings müssen ihr Mann und sie die Wohnung dann noch einmal verlassen - "wir haben nämlich gar keinen Fernseher".

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