Dietramszell:Mehr Vielfalt, mehr Stabilität

Dietramszell: Thomas Hobmeier demonstriert die richtige Methode, um einen Baum gefahrlos zu fällen. Der Wolfratshauser Revierförster Nörr und Thilo Rothkegel von der Waldbesitzervereinigung Wolfratshausen (hinten, v. l.) schauen zu.

Thomas Hobmeier demonstriert die richtige Methode, um einen Baum gefahrlos zu fällen. Der Wolfratshauser Revierförster Nörr und Thilo Rothkegel von der Waldbesitzervereinigung Wolfratshausen (hinten, v. l.) schauen zu.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Wald des Isartalvereins bei Ascholding steht auf einem steilen Hang. Dennoch soll dort ein Mischwald entstehen. Forstamt und Waldbesitzervereinigung erklären, wie die Pflanzungen möglich sind

Von Benjamin Engel, Dietramszell

Der bewaldete Hang an der Staatsstraße zwischen Wolfratshausen und Ascholding fällt nach Westen zur Isar hin steil ab. Die Bäume stehen auf dem Grundstück des Isartalvereins auf Höhe der Abzweigung zur Haarschwaige dicht an dicht, so eng, dass jüngere, niedrigere Bäume kaum empor und nur langsam wachsen können. Fast drei Viertel der Bäume sind Fichten, ganz unten im Flussgrund steht kaum eine andere Baumart. Der Rest sind Buchen, Eichen, Kirschen, Eschen und Schwarzerle - je weiter oben am Hang, desto mehr Laubbäume. Für einen Mischwald - und den wollen das Forstrevier und die Waldbesitzervereinigung Wolfratshausen im Naturschutzgebiet und Flora-Fauna-Habitat erreichen - stimmt das Verhältnis nicht.

Wie Erich Rühmer, Vorsitzender des Isartalvereins, direkt am Grundstück erklärt, wollen er und seine Mitstreiter beweisen, dass Waldpflege im Naturschutzgebiet möglich sei. Der Isartalverein hat das 2,1 Hektar große Grundstück am steilen Isarhang schon vor Jahrzehnten erworben. Nun soll dort ein Mischwald entstehen. Der Wolfratshauser Revierförster Robert Nörr und die Waldbesitzervereinigung Wolfratshausen (WBV) hatten Waldbesitzer kürzlich eingeladen, um ihre Strategie "Schützen und nützen" beispielhaft vorzustellen.

Forstrevier und Waldbesitzer planen, vor allem alte Fichten zugunsten seltenerer Baumarten aus dem Grundstück herauszunehmen. Neun Arten sollen auf der Fläche stehen. Das mache den Wald vielfältiger und stabiler, erklärt Nörr. Fichten sollen auch weiterhin dazu zählen, nur in geringerem Umfang. Denn die Baumart verträgt mit ihren flachen Wurzeln Trockenperioden eher schlecht, wie sie durch den Klimawandel vermehrt auftreten. Nach wie vor sollen auf dem Grundstück auch Eschen stehen. Dieser Art setzt allerdings das durch einen Pilz verursachte Eschentriebsterben stark zu. Gefördert werden sollen zusätzlich schon vorkommende Arten wie Buchen, Eichen, Vogelkirschen und Schwarzerlen. Neu anpflanzen wollen Forstrevier und Waldbesitzervereinigung Tannen, Eiben und Elsbeere. "Wir fördern alles, was selten ist", sagt Nörr. Um das Grundstück ökologisch aufzuwerten, werde auch Totholz stehen und liegen gelassen. Davon leben sich Insekten, Vögel und Pilze.

Wie der Förster erklärt, hat der Boden am Grundstück des Isartalvereins eine 20 bis 40 Zentimeter dicke Lehmauflage, ist im Oberboden kalkreich, insgesamt sehr nährstoffreich. Darunter kommt eine Kiesschicht, wie im Isartal typisch ist. Der mit vielen Steinanteilen durchsetzte Boden ist deshalb teilweise relativ trocken. Darunter leiden die flachwurzelnden Fichten in Zeiten des Klimawandels mit längeren Trockenperioden zunehmend. An anderen Stellen ist das Grundstück sehr feucht, hat sogar eine ökologisch wertvolle Kalktuffquelle. Obwohl die Forstwirtschaft aus naturschutzrechtlicher Sicht am Grundstück nicht eingeschränkt sei, seien die Quelle und seltene Pflanzenarten, die es dort gibt, zu schützen.

Nörr erklärt, die Zinsen im Wald seien hoch. Der Zins, das sei der jährlichen Zuwachs an Holz. Den gelte es zu nutzen. Große Flächen aus Naturschutzgründen still zu legen und überhaupt nicht mehr zu bewirtschaften, hält er für oft wenig sinnvoll. Denn vielfach seien nur einzelne Bereiche aus Naturschutz-Gesichtspunkten wertvoll. Nörr hält es für sinnvoller, die Zwischenflächen zu bewirtschaften und für den Klimawandel zu ertüchtigen. Auf dem Grundstück des Isartalvereins stehen momentan sehr viele Bäume - 520 Kubikmeter Holz pro Hektar. Wünschenswert wären laut Nörr etwa 400 Kubikmeter. Zwölf Kubikmeter wachsen pro Jahr und Hektar nach. Doch die Bäume stehen so dicht, dass die jungen Exemplare zu wenig Licht haben, um wachsen zu können.

Werde der Wald jetzt bis zum gesetzten Ziel ausgedünnt, wachse das in zehn Jahren wieder nach, erklärt der Förster. Solange werde das Grundstück nach dem jetzigen Vorhaben höchstwahrscheinlich nicht mehr bearbeitet. Nach dem Umbau sollen je zur Hälfte Laub- und Nadelbäumen im Wald stehen. Bisher sind es zu 72 Prozent Fichten, dann folgen Buchen, Eichen, Eschen und Vogelkirschen. Unter den jungen Exemplaren gibt es kein Nadelholz. Von den etwas älteren Bäumen mit einer Höhe von mehr als 1,3 Metern sind drei Viertel Buchen und ein Viertel Ahorn. Die Arbeiten am Grundstück des Isartalvereins bei Ascholding sollen im November beginnen, wenn der Boden dann trocken genug ist.

Zu den vordringlichsten Aufgaben am steilen Flussabhang zählt die Verkehrssicherungspflicht für die Staatsstraße zwischen Wolfratshausen und Puppling. Um nicht zu haften, wenn Bäume auf die Straße fallen und Verkehrsteilnehmer verletzen oder gar töten, müssen die Bäume im Straßenbereich kontrolliert, kranke und morsche Exemplare rechtzeitig entfernt werden. Diese Aufgabe hat die Waldbesitzervereinigung übernommen. Thilo Rothkegel, in der WBV für die Holzverwertung zuständig, hat sich Gedanken gemacht, wie aus dem steil abfallenden Gelände die Stämme gefällt und abtransportiert werden können und dabei der Boden so gering wie möglich geschädigt wird. Der steile, alte Hohlweg am Hang lasse sich mit einer Harvester-Maschine zum Roden befahren, sagt er. Das habe den Vorteil, dass das Holz an die Rückegassen, über die das Holz aus dem Wald abtransportiert wird, s vorgeliefert werde. Thomas Hobmeier, Forstwirtschaftsmeister am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Ebersberg, erläutert den Waldbesitzern, wie sich Bäume im steilen Hang sicher und möglichst gefahrlos mit der Motorsäge fällen lassen. Er schult Waldbesitzer regelmäßig im anspruchsvollen Umgang mit der Motorsäge.

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