Der Platz wird knapp:30 Turnhallen für Flüchtlinge

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Die Unterbringung von Asylbewerbern beginnt. Das Landratsamt prüft Gebäude auf ihre Tauglichkeit, zunächst stehen die in Icking, Eurasburg und Münsing im Fokus. Dort könnte der Sportunterricht über Monate ausfallen

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Der Landkreis wird von September an gezwungen sein, Asylsuchende in Schulturnhallen unterzubringen. Und zwar nicht nur in Hallen in seinem Besitz, sondern auch in gemeindlichen Turnhallen. Darüber unterrichtete Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) am Dienstag die Bürgermeister. Die Alternative wäre, sagte Niedermaier tags darauf, die Lenggrieser Kaserne, das ehemalige Kursanatorium Strauß in Bad Heilbrunn und das von kommender Woche an leer stehende Alpamare in Bad Tölz zu belegen. Was einer Kriegserklärung gleichkomme, wie er hinzufügte. Denn die betroffenen Kommunen hatten schon zuvor Widerstand angekündigt. Sie wollen gegen eine Unterbringung notfalls klagen. Die Bürgermeister hätten sich bei dem Treffen daher für die Turnhallen-Belegung ausgesprochen.

30 Turnhallen haben die 21 Städte und Gemeinden der Kreisbehörde gemeldet. Nicht alle dürften sich als Asylbewerber-Unterkunft eignen, sagte der Landrat. Sie müssten gewisse Kriterien erfüllen wie etwa eine ausreichende Beleuchtung, entsprechende sanitäre Anlagen und mindestens zwei mindestens ein Meter breite Ausgänge als Fluchtweg. Herangezogen werde zudem die gemeindliche Quote, will heißen: Kommunen, die noch Asylsuchende aufnehmen müssten, würden vorrangig herangezogen. Aber auch die Auswirkungen auf den Schulbetrieb werde berücksichtigt, sagte Niedermaier und betonte: "Dazu zählt allerdings nicht der Ausfall des Sportunterrichts."

Eine erste Bewertung von zehn Turnhallen hat die Kreisverwaltung vorgenommen. Bei dieser hat sich unter anderem herausgestellt, dass die Jachenauer Schulturnhalle zwar baulich geeignet wäre, der Anschluss an die Kanalisation aber nicht für eine Belegung geeignet ist. Man müsse demnach davon ausgehen, dass andere Turnhallen ebenfalls ungeeignet seien, sagte Niedermaier. Das könne seine Behörde aber erst bei der Begehung feststellen. Im Fokus stehen zunächst das Eurasburger Sportheim, die Turnhalle des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums in Icking und die Turnhallen in Baiernrain/Dietramszell, Wackersberg, Münsing, Benediktbeuern, Gaißach und Egling. Die Untersuchung der restlichen Hallen folgt in den kommenden Wochen.

Grund für diese drastische Maßnahme sind laut Landrat Niedermaier die prognostizierten Asylbewerber-Zahlen. Stand seit dem 24. August ist, dass der Landkreis mit 37 neuen Flüchtlingen pro Woche rechnen muss. Bislang waren es 23 pro Woche. Derzeit gibt es 960 Unterbringungsplätze, davon sind 801 belegt. Das wiederum bedeute, dass vom 21. September an keine Unterbringungsmöglichkeiten mehr zur Verfügung stehen. Niedermaier geht davon aus, dass bis Jahresende 2000 Flüchtlinge (inklusive sogenannter Fehlbeleger) im Landkreis leben werden. Es müssten demnach in den nächsten fünf Monaten 1000 neue Plätze geschaffen w erden.

Ziel sei es, versicherte Niedermaier, die Belegung der Turnhallen so schnell wie möglich wieder aufzugeben. Aber dazu müssten eben neue Unterbringungen geschaffen werden, was oftmals am Baurecht und anderen Vorgaben scheitert oder sich zumindest in die Länge zieht. Die Bürgermeister hätte angesichts der Notlage zugesagt, nochmals alle möglichen Container-Standorte in ihren Gemeindebereichen zu überdenken. Der Landkreis selbst hat Bauvoranfragen für die Container-Aufstellung an der Realschule Bad Tölz (118 Plätze; jetziger Hartplatz) und am Schulzentrum Geretsried (220 Plätze; bei der Weitsprunganlage) gestellt. Weiter geprüft werden Standorte für Traglufthallen. Eine solche hofft Niedermaier noch vor dem Winter auf dem Schießplatz Sachsenkam in der Gemeinde Reichersbeuern aufstellen zu können, wie auch bei der Mülldeponie Greiling. Zusätzlich sucht das Landratsamt Wohnungen und Liegenschaften, die aber einen Strom-, Kanal- und Wasseranschluss haben müssen.

Trotz all dieser Bemühungen ist Niedermaier nicht zuversichtlich, ob die so geschaffenen Plätze ausreichen werden. Er wollte am Mittwoch nicht ausschließen, dass der Landkreis doch noch auf die Objekte in Lenggries, Bad Heilbrunn und Bad Tölz werde zugreifen müssen. Wobei im Fall Alpamare erst noch geprüft werde, ob die Traglufthalle tatsächlich geeignet sei, sagte er.

© SZ vom 27.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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