Das Penzberger Café International schließt:Abschiedsfest zum Jubiläum

Katrin Fügener

Tolle Erinnerungen: 80 Treffen mit 5000 Besuchern hat Katrin Fügener organisiert und sagt: "Wenn es am Schönsten ist, soll man gehen."

(Foto: Manfred Neubauer)

Katrin Fügener hört nach zehn Jahren auf. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht.

Von Benjamin Engel

Für Katrin Fügener gleichen sich die Wünsche von Menschen trotz unterschiedlicher Herkunft: "Alle wollen ein Dach über dem Kopf, was zu essen, in Frieden leben, an etwas glauben", sagt die 60-jährige Leiterin der Penzberger Stadtbücherei. Doch um das festzustellen, müssen möglichst viele erst ins Gespräch kommen. Ohne Kommunikation verschenke die deutsche, in den Augen der kontaktfreudigen Frau längst multinationale Gesellschaft, ihre Potenziale. "Ich finde es wichtig, dass man miteinander redet und nicht übereinander." Zehn Jahre lang hat Fügener genau das mit dem "Café International" ermöglicht. Nun hört sie als Koordinatorin auf. Die Nachfolge ist ungeklärt.

Vorher feiert sie mit dem Treffpunkt für Ausländer und Deutsche zehnjähriges Jubiläum am Freitag, 7. April, in der Stadtbücherei. "Wenn es am Schönsten ist, soll man gehen", begründet Fügener diesen Schritt. "Ich finde Leute schrecklich, die nicht loslassen können." Es sei Zeit, etwas kürzer zu treten. In der Nachfolgefrage zeigt sie sich wenig bange. Womöglich würde sich jemand finden, wenn sie erst einmal aufgehört habe. "Dann geht eben etwas anderes weiter." Und wenn nicht? "Dann gibt es eben das Bedürfnis nicht."

Die Idee zum Café International kam mit der Ausstellung "Eine Stadt - 74 Nationen" im Sommer 2007 auf. Damit knüpfte Penzberg an seine Entstehungsgeschichte als Anziehungspunkt für Arbeitskräfte an - zu Zeiten der Bergarbeiterstadt wie auch heute mit internationalen Unternehmen wie dem Pharmakonzern Roche. Für die Ausstellung arbeitete Fügener am Begleitprogramm mit. 65 Porträts von Menschen unterschiedlicher Nationalität entstanden. Der Antdorfer Fotograf Ralf Gerard machte die Aufnahmen. Fügener schrieb die Texte zu rund 40 Porträts, den Rest übernahmen die heutige Museumsleiterin Gisela Geiger und Jeri Ort.

Eine spannende Arbeit für die jetzige Stadtbüchereileiterin: "Ich habe die Leute zu Hause besucht und ganz intensive Gespräche geführt", erinnert sie sich. Doch immer wieder hörte sie einen Satz. "Wir würden gerne mehr Deutsche kennenlernen, aber das ist schwierig." Ein Mann aus Afrika erzählt ihr, dass es dort viel leichter sei mit anderen in Kontakt zu kommen. Dazu würde er einfach ins Café gehen und zu reden beginnen. Initialzündung für die bis heute 80 Treffen mit rund 5000 Teilnehmern. Der Name war übrigens schnell gefunden. Denn die Bezeichnung "Café International" sei in allen Sprachen leicht zu verstehen, sagt Fügener. Und außerdem hatte sie das gleichnamige Brettspiel um die Platzierung von Gästen unterschiedlicher Nationalitäten früher selbst gerne mit ihren Kindern gespielt.

Zum Jubiläumsfest will Fügener einen Teil der Ausstellung von vor zehn Jahren erneut zeigen plus neue Porträts unter dem Titel "Begegnung - Austausch - Freundschaft"zeigen. Das schönste Kompliment: "Eine junge Kamerunerin hat gesagt, das Café International ist ihre Familie in Penzberg", erklärt Fügener. Die Frau habe inzwischen die Mittlere Reife geschafft und mache eine Ausbildung zur Pflegekraft.

In den vergangenen zehn Jahren haben die Teilnehmer vieles gemeinsam unternommen, haben zum Fastenbrechen gekocht oder am "Fest der Kulturen" in Penzberg mitgewirkt. Einige sind sogar miteinander verreist, nach Istanbul und Krakau. Mal ging es zum Kegeln, wo auch Asylbewerber kamen. "Die jungen Männer konnten das und waren auf einmal gefragt, wurden ernst genommen. Das war für sie ein wichtiges Erlebnis."

Wichtig ist für Fügener aber, dass sich das Café International eben nicht nur an Flüchtlinge richte. Menschen aller Nationalitäten kämen, Deutsche wie Ausländer aus aller Welt, so auch ein junges Paar, sie Ungarin, er Franzose, die bei Roche arbeiteten. Sich selbst begreift Fügener nur als Koordinatorin, die Kontakte dank ihrer starken Vernetzung in Penzberg hergestellt habe. Bei den Treffen sorgte sie dafür, dass möglichst viele ins Gespräch fanden.

Das Entscheidende ist, dass das Café International ohne die üblichen Strukturen funktioniert. Einen Verein gibt es nicht und die Orte für die Treffen wechselten. Anfangs traf sich alle im Café Freudenberg, später an verschiedenen Orten und seit geraumer Zeit im Steigenberger Hof. Die Stadt Penzberg unterstützte das Café International, auch mit dem Islamischen Zentrum arbeitete Fügener gut zusammen. Dort werde sie auch wieder ein Fastenbrechen zum Ramadan organisieren. Doch vor ihrem Rückzug vom Café International zeigt Fügener ein bisschen Wehmut. "Das wird mir fehlen", sagt sie.

Zehn Jahre Café International mit Ausstellung, Freitag, 7. April, 19 Uhr, Stadtbücherei Penzberg

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