Büste von Kloster Dietramszell:Neuer Streit um Hindenburgs Kopf

Entfernung der Hindenburg-Büste

Wolfram Kastner mit dem Hindenburg-Kopf. Der Nagel, mit der die Bronze befestigt war, ist Teil einer Ausstellung über Propaganda.

(Foto: Manfred Neubauer)

Der Künstler Wolfram Kastner will die umstrittene Bronze im Münchner Lenbachhaus zeigen. In Dietramszell will man sie lieber im Keller lassen.

Von Petra Schneider

Fast drei Jahre ist es her, seit der Münchner Aktionskünstler Wolfram Kastner die Hindenburg-Bronze von der Klostermauer abgeschraubt hat. Mit der Aktion wollte er einen Prozess des Nachdenkens und Handels über den umstrittenen Generalfeldmarschall und Reichspräsidenten in Gang setzen, der in Dietramszell zehn Jahre lang seine Jagdurlaube verbrachte. Nachgedacht, oder vielmehr gestritten, wurde im Dorf daraufhin viel - allerdings nicht über die historische Person Hindenburg, sondern über Kastner, dessen Aktion von vielen nicht als Kunst, sondern als unerwünschte Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Gemeinde verstanden wurde.

Die angekündigten Vortragsreihen zu Hindenburg und anderen historischen Themen, die ein Arbeitskreis aus örtlichen Historikern, Archivaren und Gemeinderäten konzipieren sollte, fanden nicht statt. Auch eine Lösung für die nach wie vor vorhandene Inschrift an der Klostermauer "Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, Dietramszell 1922 - 1932" wurde vom Arbeitskreis bisher nicht vorgelegt.

Kastner sieht seine Befürchtungen bestätigt, dass mit dem Verschwinden des Hindenburgkopfs im Keller von Florian von Schilcher das Thema für die Gemeinde erledigt ist. Aber weil er keiner ist, der locker lässt, hat er sich nun mit einem neuen Vorschlag zu Wort gemeldet: In einem Schreiben an Schwester Oberin Kiliana vom Orden der Salesianerinnen, dem das Kloster und der Hindenburg-Kopf gehört, schlägt Kastner vor, diesen im Rahmen der Ausstellung "After the Fact - Propaganda im 21. Jahrhundert" auszustellen, die vom 30. Mai bis 17. September 2017 in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München läuft. Wie Pressesprecherin Claudia Weber sagt, sei in der Ausstellung eine Serie mit acht Fotos über die Kunstaktion von Kastner zu sehen sowie die rostige Mutter, mit der die Bronze an der Klostermauer befestigt war. Die Demontage des Kopfes als künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Propaganda passe zur Ausstellung. Kastner hätte gern die Hindenburg-Bronze selbst im Lenbachhaus ausgestellt. "Heutige Propaganda entzündet sich oft an der Geschichte", sagt er.

In seinem Brief an Schwester Oberin Kiliana bittet er deshalb "die Abholung in Dietramszell in den nächsten Tagen zu ermöglichen." Nach der Ausstellung im Lenbachhaus könnte die Bronze dann, ohne Umweg über Dietramszell, gleich ins Museum der Bayerischen Geschichte nach Regensburg gebracht werden. Oder zumindest in dessen Archiv, weil das neue Museum erst im kommenden Jahr eröffnet werden soll. "Aber ein Museumsarchiv ist immer noch besser als ein Keller", findet Kastner. Seinen Brief hat er mit dem Satz geschlossen: "Sicher wäre damit eine friedliche und sinnvolle Lösung der Angelegenheit gewährleistet." Schwester Oberin Kiliana möchte sich dazu nicht äußern und verweist auf eine frühere Vereinbarung: In der Causa Hindenburg wolle man nur gemeinsam mit der Gemeinde und Florian von Schilcher entscheiden. Beide Seiten sahen bisher eine Überstellung der Bronze nach Regensburg als beste Lösung. Auch das Erzbischöfliche Ordinariat in München ließ vor zwei Jahren mitteilen, dass man den Vorschlag sinnvoll findet. Ein Bescheid des Hauses der Bayerischen Geschichte in Augsburg, das das neue Museum in Regensburg konzipiert, ließ allerdings auf sich warten. Nun steht die Entscheidung fest: Die Hindenburgbüste sei für die Dauerausstellung des neuen Museums in Regensburg nicht geeignet. "Das passt inhaltlich nicht ins Konzept", erklärt Pressesprecherin Natascha Zödi-Schmidt. Man wolle sie allerdings für Sonderausstellungen "im Kopf behalten."

Wie Zweiter Bürgermeister Michael Häsch (CSU) sagt, der zurzeit im Dietramszeller Rathaus die Geschäfte führt, habe sich die Entscheidung bereits im Herbst angedeutet. Vom Arbeitskreis sei man "ein bisschen enttäuscht". Es gebe lediglich vage Ideen, im Rahmen der Dorfneuerung am Kirchenvorplatz einen Ort zu schaffen, "an dem wir uns unserer Geschichte stellen können". Der Kirchenvorplatz biete sich an, weil die Hindenburginschrift in räumlicher Nähe liege. Konkret sei freilich noch nichts. Vorrangig stünden die Planungen zur Dorferneuerung an. Die Bereitschaft in der Gemeinde, den Hindenburgkopf für die Dauer der Ausstellung im Lenbachhaus zu zeigen, hält Häsch für gering. Bis eine Lösung gefunden ist, werde dieser wohl im Schilcher-Keller bleiben.

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