Bürokratie:Wolfratshausen hat ein Wahrzeichen, das keiner sehen darf

Bürokratie: Liebe Autofahrer, das ist ein Floß und keine Fuhre Holz.

Liebe Autofahrer, das ist ein Floß und keine Fuhre Holz.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Das Floß soll an die Flößerei auf Loisach und Isar erinnern. Warum viele Passanten es nicht erkennen - und für einen Haufen Holz halten.

Kolumne von Konstantin Kaip

An der Ausfahrt zum Autobahnzubringer, kurz vor der Stadtgrenze Wolfratshausens, steht seit geraumer Zeit ein echtes Floß auf der Wiese. Wer das nicht weiß, braucht sich nicht zu wundern. Denn offenbar geht es vielen Wolfratshausern und Gästen so. Die "Fuhre Holz, die jemand an der B11a abgelegt hat", so sagte es Stadtrat Heinz-Walter Daffner von der Bürgervereinigung am Donnerstag im Kulturausschuss, sei nämlich als Floß überhaupt nicht zu erkennen. Man solle doch mal eine Umfrage bei den Autofahrern machen, die gerade daran vorbeigefahren seien.

Das Floß müsse als Wahrzeichen aber auffallen, fand Daffner. Und deshalb solle es erstens auf einen Podest gestellt, zweitens mit zwei wehenden Fahnen umgeben - eine für Wolfratshausen und eine für Europa - und drittens mit einem Schild versehen werden: "Die Flößerstadt Wolfratshausen begrüßt ihre Gäste" oder etwas Ähnliches solle man gut lesbar darauf schreiben.

"Wir können das schon machen", sagte Bürgermeister Klaus Heilinglechner, der das Floß nach zähen Verhandlungen mit dem Staatlichen Bauamt auf die Wiese verfrachten ließ. "Aber dann können wir es gleich wieder abbauen." Schließlich sei im Pachtvertrag für die Grünfläche ausdrücklich nur das Floß erlaubt. Dinge wie Fahnen, Podest und Schild seien explizit verboten - damit, so habe es geheißen, keine Kinder auf die Wiese laufen oder abgelenkte Autofahrer Unfälle bauen.

"Absurdistan" nannte Annette Heinloth (Grüne) den Ort, in dem derlei Bedenken blühen. Das Ganze sei "urkomisch": "Es war der Wunsch, da einen Hingucker hinzustellen. Und die Behörden sagen: Gut, aber macht ihn so, dass keiner hinguckt." Man sollte eben das Kreuz haben, sich über die Bürokratie hinwegzusetzen, fand Daffner. In Geretsried habe das doch auch geklappt. Da nämlich prangt seit Jahren der Ortsname à la Hollywood in weißen Großbuchstaben auf einer Grünfläche direkt an der Bundesstraße - trotz anfänglicher Bedenken. Seitdem weiß dort immerhin jeder Autofahrer, an welcher Stadt er gerade vorbeifährt.

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