Bürgerversammlung:Lenggries gegen den Landrat

Bürgerversammlung Lenggries

Dauerbrenner Kaserne: Bürgermeister Werner Weindl (CSU) stellt bei der Bürgerversammlung im Alpenfestsaal die Pläne der Gemeinde vor.

(Foto: Manfred Neubauer)

Bei der Bürgerversammlung sind Josef Niedermaier und Bürgermeister Werner Weindl uneins bei den Themen Kaserne und Kreispflegeheim. 120 Bürger kommen in den Alpenfestsaal.

Von Petra Schneider

Normalerweise beginnt Bürgermeister Werner Weindl (CSU) seinen Jahresbericht mit einer Bevölkerungsstatistik. Wegen der Fülle an Themen, die die Gemeinde derzeit beschäftigen, wolle er sich dieses Mal auf das Wesentliche beschränken, sagte er bei der Bürgerversammlung am Freitag. Etwa 120 Bürger waren in den Alpenfestsaal gekommen, Diskussionen gab es nicht. Zu den großen Projekten gehören der Hochwasserschutz am Lahnerbach, der im Frühjahr 2018 fertig sein soll, die Kläranlage, die für rund 2,6 Millionen Euro ertüchtigt wird, oder der Umbau des Gasthofs zur Post.

Ein Dauerthema in der Gemeinde ist die Nutzung der ehemaligen Prinz-Heinrich-Kaserne. Im südlichen Bereich sieht der Bebauungsplan "Luitpolderhöfe" Gewerbe vor. Den Großteil des Areals im Norden hat die Gemeinde im vergangenen April für fünf Millionen Euro von der Aktiengesellschaft Action Sports gekauft, die ihre Pläne für ein Camp für Trendsportanlagen dort nie umsetzte. Auf der zwölf Hektar großen Fläche strebt die Gemeinde nach wie vor eine Nutzung im Bereich Sport, Freizeit und Bildung an. In einem Markterkundungsverfahren wurden Konzepte gesucht, die sich private Unternehmer dort vorstellen könnten. Wie Weindl sagte, seien diverse Vorschläge eingegangen: Ein Trainings- und Vorbereitungszentrum für Sportler mit medizinischer Betreuung im Verbund mit Bad Tölz und Kochel. Ein Out- und Indoorspielplatz oder ein interaktives Museum für Kinder. Eine Indoor-Spielhalle mit angeschlossenem Wellnessbereich für Erwachsene, eine landwirtschaftliche und gewerbliche Nutzung mit Lagerhallen. Nach wie vor gibt es auch Pläne einer Investorengruppe, die ein Sportcamp ähnlich Camp Woodward realisieren will. Der Gemeinderat müsse in den kommenden Monaten entscheiden. "Das wird uns aber noch Jahre oder Jahrzehnte beschäftigen", sagte Weindl. Wohnbebauung will die Gemeinde dort keinesfalls und hat in einer juristischen Auseinandersetzung mit dem Landratsamt Recht bekommen.

Landrat Josef Niedermaier (FW) widersprach: "Bei der Kaserne sind wir nicht der gleichen Meinung." Er sieht auf dem Kasernenareal eine "Riesenchance" für die Gemeinde, neuen Wohnraum zu schaffen. Denn der Siedlungsdruck vom Großraum München dehne sich inzwischen bis in den Isarwinkel aus; in den kommenden zehn Jahren werde die Bevölkerung um 300 000 Menschen wachsen. Die Infrastruktur müsse ausgebaut und Wohnraum zur Verfügung gestellt werden. "Wir leben hier nicht auf einer Insel der Seligen", sagte Niedermaier.

Auch beim Kreispflegeheim gibt es Differenzen zwischen Landrat und Bürgermeister. Nachdem der Kreistag im Dezember den Ausstieg des Landkreises als Träger des Pflegeheims beschlossen hat, wird zurzeit die Möglichkeit einer interkommunalen Zusammenarbeit oder einer Privatisierung geprüft. "Ich bin der Meinung, dass der Landkreis das Heim weiterhin betreiben soll", sagte Weindl, der gegen eine Privatisierung ist. Vor allem nach den Erfahrungen mit dem Asklepios-Konzern, der überraschend die geriatrische Reha-Klinik in Lenggries geschlossen habe und jetzt für seine Geburtsabteilung in Bad Tölz einen jährlichen Millionen-Zuschuss vom Landkreis will. "Soll man sich da zukünftig von rücksichtslosen Konzernen abhängig machen?", fragte Weindl. Der Schließung der Fachklinik in Lenggries fielen im Übrigen nicht 100 Arbeitsplätze zum Opfer, sondern 140. Denn wie sich erst kürzlich herausgestellt habe, seien 40 in einer Servicegesellschaft ausgelagert und tauchten in den Zahlen von Asklepios nicht auf. Wie es mit der Fachklinik weitergeht, die der Klinikkonzern an eine Projektgesellschaft verkauft hat, wisse er nicht, sagte Weindl. Die Gemeinde werde sich aber nicht erpressen lassen. Der Bebauungsplan bleibe gültig: Er sieht eine Rehaeinrichtung vor.

"Auch ich verurteile die Art und Weise, wie das mit Asklepios gelaufen ist", sagte Niedermaier. Dennoch hält er eine Privatisierung des Kreispflegeheims für unproblematisch. Denn von den etwa 17 Pflegeheimen im Landkreis lägen nur Schlehdorf und das Josefistift in Bad Tölz in kommunaler Hand. "Alle anderen haben gemeinnützige oder private Träger, die das seit Jahrzehnten gut machen." Schwierig werde es für die Geburtshilfe- "egal ob Asklepios die betreibt oder die Kreisklinik in Wolfratshausen." Es fehle an Ärzten und an der Nachfrage. Denn von den 1200 Geburten im Landkreis würden nur knapp 800 in Tölz oder Wolfratshausen betreut. Die übrigen Schwangeren entschieden sich für eine Klinik mit angeschlossener Kinderabteilung, die im Notfall die Versorgung der Neugeborenen übernehmen könne.

Es gab auch Anfragen von Bürgern: Eine Geschwindigkeitsbeschränkung in Winkl, Probleme bei der Grüngutabgabe im Wertstoffhof und Ärger über die nicht entsorgten Hinterlassenschaften von Pferden auf öffentlichen Wegen waren die Themen.

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