Bürgerentscheid Wolfratshausen:Klare Absage an Archiv-Pläne

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Mehr als zwei Drittel der Wolfratshauser stimmen beim Bürgerentscheid gegen Neubau am Loisachufer. Nun beginnt die Diskussion neu - die Stadt muss sich nach einem anderen Standort umsehen.

Von Matthias Köpf

Die Wolfratshauser lehnen einen Neubau ihres Stadtarchivs am Altstadtufer der Loisach mit großer Mehrheit ab. Beim Bürgerentscheid am Sonntag haben 4410 Wolfratshauser oder 69,83 Prozent der Stimmberechtigten mit Nein votiert, lediglich 1905 Bürger (30,17 Prozent) haben die Frage "Sind Sie dafür, dass das Stadtarchiv am Standort Loisachufer entsprechend dem 1. oder 3. Preis gebaut wird?" mit einem Ja beantwortet.

Da die Mehrheit zugleich aus mehr als 20 Prozent der Stimmberechtigten besteht, ist das gesetzliche Quorum für einen gültigen Bürgerentscheid erfüllt, die Stadtverwaltung und die Lokalpolitik sind an das Ergebnis gebunden. Die gilt formell nur für ein Jahr, doch de facto steht die Diskussion über das dringend benötigte neue Stadtarchiv nach mehreren Jahren und dem ersten Architektenwettbewerb der Stadtgeschichte wieder ganz am Anfang. Fest steht nur, dass das Archiv nicht am Loisachufer gebaut werden wird, die Ergebnisse des Architektenwettbewerbs mit 18 teilnehmenden Büros sind damit hinfällig.

Offen ist, wie sich das Nein zum Archiv auf die weitere Gestaltung des westlichen Loisachufers auswirkt. Diesem Thema war ein zweiter Teil des Architektenwettbewerbs gewidmet, doch alle eingereichten Entwürfe gehen von einem Archivbau als nördlichem Markstein des neuen Ufers aus. Inklusive Preisgeld hat der Wettbewerb die Stadt fast 100 000 Euro gekostet.

Die Ergebnisse aus den einzelnen Wahllokalen und Stadtteilen unterscheiden sich kaum, einzig in einem der beiden Waldramer Stimmbezirke votierten etwas weniger als zwei Drittel der Wähler gegen den Archiv-Standort. In anderen Bezirken etwa in Farchet oder in der Innenstadt kratzte die Mehrheit an der 75-Prozent-Marke. Das 20-Prozent-Quorum war schon nach Auszählung in den Wahllokalen fast erreicht, dazu kamen die Voten der fast 3000 Briefwähler, welche die Nein-Stimmen insgesamt knapp unter 70 Prozent drückten, an den grundsätzlichen Verhältnissen aber nichts mehr änderten. Die Beteiligung am Entscheid lag bei 44,04 Prozent, gut sechs Prozentpunkte unter der Beteiligung an der Europawahl.

Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) zeigte sich von dem Ergebnis am Sonntagabend "schon frustriert". Es habe sich gezeigt, "dass Polemik leider mehr fruchtet als der klare Menschenverstand", sagte Heilinglechner. Der neue Bürgermeister hatte sich für ein Ja zum Standort Loisachufer eingesetzt, um das Thema voranzubringen. "Wir tun schon lange genug herum", sagte er am Sonntag und warf die Frage auf, warum die Bürger die vielen Informationsmöglichkeiten, die ihnen die Stadt geboten habe, nicht genutzt hätten. Einen neuen Standort habe er nicht parat, jetzt müssten wieder alle Optionen langwierig geprüft werden.

Heilinglechner ist erst seit Anfang Mai im Amt und hat das Problem von seinem Vorgänger und Parteifreund Helmut Forster geerbt. Forster hatte den Bürgerentscheid per Ratsbegehren angestoßen, nachdem im damaligen Stadtrat beide verbliebenen Siegerentwürfe aus dem Architektenwettbewerb mit unterschiedlicher Mehrheit durchgefallen waren. Seither hatte sich das Engagement der verschiedenen politischen Gruppen für oder gegen den Archiv-Standort aber merklich in Grenzen gehalten, auch im Kommunalwahlkampf hatte sich nur wenige klar positioniert.

Als Gewinner des Bürgerentscheids durfte sich am Sonntag der Wolfratshauser Herbert Kot fühlen, der mit einigen Mitstreitern im Februar eine Demonstration gegen den Standort organisiert und nun mit mehren tausend Handzetteln für ein Nein beim Bürgerentscheid geworben hatte. Er habe ein solches Ergebnis erhofft, in dieser Höhe aber nicht erwartet. Der Ausgang sei so deutlich, dass man über ein Archiv am Loisachufer nun gar nicht mehr zu reden brauche, sagte Kot. Er hatte auch zu den Unterstützern eines Bürgerantrags zum Thema gehört, dem die Stadträte allerdings nicht gefolgt waren. Nun frage er sich, warum die Stadt nicht vorher die Bürger beteiligt und erst danach einen Architektenwettbewerb ausgelobt hat. "In Wolfratshausen ziehen sie alles von hinten auf."

© SZ vom 26.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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