Feuer am Jochberg:Die "Lebensversicherung" einer Region ist verbrannt

Feuer am Jochberg: Aufnahmen von Wärmebild- und Realbildkameras lokalisieren die Glutnester. Erst am Dienstagmittag waren die Löscharbeiten per Hubschrauber beendet.

Aufnahmen von Wärmebild- und Realbildkameras lokalisieren die Glutnester. Erst am Dienstagmittag waren die Löscharbeiten per Hubschrauber beendet.

(Foto: Harry Wolfsbauer)
  • Das Feuer am Jochberg ist gelöscht.
  • Allein die Kosten für die Einsätze werden auf einen hohen sechstelligen Betrag geschätzt - das Nachpflanzen der Bäume wird ähnlich teuer werden.
  • Inzwischen scheint gesichert, dass der Großbrand durch das Lagerfeuer der beiden Münchner Wanderer ausgebrochen ist.
  • Der beim Löschversuch abgestürzte 32-Jährige ist außer Lebensgefahr.

Von Claudia Koestler, Kochel am See

Das Großfeuer am Jochberg ist unter Kontrolle, Landrat Josef Niedermaier erklärte am Dienstag um 14.10 Uhr den Katastrophenfall für beendet. In der Nacht war der von den Einsatzkräften ersehnte Schnee im Loisachtal gefallen. Doch das Feuer der Brandkatastrophe löschte auch der Niederschlag nicht sofort: Noch am Vormittag, dem dritten Tag nach dem Ausbruch des Flächenbrandes, konnten die Einsatzkräfte mittels Wärmebildkamera an die 100 Glutnester am Jochberg ausmachen. Zwar war es am Vortag gelungen, die Flammen soweit einzudämmen, dass sie sich nicht weiter ausbreiteten, erklärte der Sprecher der örtlichen Einsatzleitung, René Mühlberger. Allein in den ersten zwei Tagen waren dazu insgesamt 1,3 Millionen Liter Wasser aus dem Walchensee zum Löschen geholt worden.

Doch im inneren Bereich der rund 100 Hektar verbrannter Fläche loderten Dienstagfrüh dennoch unterschiedlich große Glutnester weiter. Zunächst an zwei Bäumen, mittags nurmehr an einem Baum schlugen zudem hartnäckig Flammen und Funken von innen heraus - "wie man es von Schwedenöfen her kennt", sagte Mühlberger. Nach einem Erkundungsflug bei Sonnenaufgang über das Katastrophengebiet entschieden die Einsatzleiter, dass der österreichische Löschhubschrauber weiter fliegen sollte - diesmal aber mit Wasser aus dem Kochelsee.

Gerade einmal drei Minuten benötigte der Helikopterpilot für eine Runde: 1500 Liter Wasser aufnehmen, zum Jochberg fliegen, es gezielt ablassen und zurück zum Kochelsee, um erneut Wasser aufzunehmen. Die Helikoptermannschaft der Polizei, die das Gebiet aus der Luft mit Wärmebildkameras untersuchten, wies den Löschhubschrauber gezielt zu den Glutnestern.

Mittags waren schließlich auch die Glutnester eingedämmt, die Löscharbeiten wurden eingestellt. Der geplante Bodeneinsatz von Feuerwehr und Bergwacht wurde bereits in den Morgenstunden ausgesetzt, die Einsatzkräfte von 110 auf 90 reduziert. "Das Gelände ist durch den Schneefall noch gefährlicher und rutschiger geworden, es wäre folglich unmöglich gewesen, Menschen rauf zu schicken", erklärte Mühlberger.

Inzwischen steht fest: Auch eine Hütte brannte komplett ab - die "Oberschulte Hütte", früher als Gaißalm bekannt. Darüber hinaus verbrannten rund 100 Hektar wertvollster Bergwald mit bis zu 300 Jahre alten Kiefernbeständen. Am Dienstag informierte sich deshalb der Vorstandsvorsitzende der Staatsforsten, Martin Neumeyer, über das Ausmaß der Schäden. Etwa die Hälfte der 100 Hektar sei Staatsforst, die andere Hälfte gehöre einer Eigentümergemeinschaft sowie zwei Privatpersonen.

Der Staatsforst sei ausschließlich sogenannter Schutzwald, der Erosionen, Lawinen und Muren abhalte und damit "eine Lebensversicherung für uns alle" sei, sagte Neumeyer. Der durch den Brand geschädigte Schutzwald am Jochberg sei notwendig "als Auffangbecken bei starken Regenfällen". Die Wassermassen könnten andernfalls "Straßen und Menschenleben bis hinunter nach Kochel gefährden". Doch bis sich das Gebiet auf natürlichem Wege wieder bewalde, könne es Jahrhunderte dauern.

Deshalb soll nachgepflanzt werden, wenn sich im Frühjahr zeigt, wo sich die Natur nicht selbst regeneriert. Das aber werde arbeitsintensiv: Forstmitarbeiter müssten Neumeyer zufolge dort über Hubschrauber abgeseilt werden, um in dem abschüssigen Gebiet neue Bäume pflanzen zu können. "Eine solche Neupflanzung wird auf jeden Fall Kosten im sechsstelligen Bereich nach sich ziehen", sagte er. Landrat Josef Niedermaier schätzte zudem die Kosten für die Löscheinsätze "auf einen hohen sechsstelligen Bereich". Neumeyer sprach deshalb eine "klare Warnung an alle Wanderer und Naturfreunde" aus: "Kein Feuer im Wald!"

Die Polizei geht inzwischen davon aus, dass der Großbrand seinen Anfang in dem Lagerfeuer genommen hat, das zwei junge Bergsteiger aus München in der Silvesternacht an einem ausgesetzten Felsvorsprung am Jochberg entfacht hatten, um sich zu wärmen. Der beim Löschversuch abgestürzte Wanderer habe Polizeisprecher Anton Huber zufolge zumindest insofern Glück gehabt, als der Sturz auch hätte tödlich enden können: Teilweise gebe es dort senkrechte Steilwände bergab. Er sei zwar schwer verletzt, inzwischen aber außer Lebensgefahr. Die Ermittlungen laufen weiter.

Kochels Bürgermeister Thomas Holz, Kreisbrandrat Karl Murböck und Landrat Josef Niedermaier sprachen am Dienstag den Einsatzkräften aller Organisationen tiefsten Dank für ihre außerordentliche, hochprofessionelle Arbeit aus: "Ohne diese wäre ein so schneller Erfolg in diesem schwierigen Gelände nicht möglich gewesen." Eine "großartige Gemeinschaftsleistung", schloss sich Neumeyer dem Lob an.

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