Boote auf der Isar:"Wie lange noch?"

Das Landratsamt verhängt mehr als 80 Bußgelder am Fluss, die Wasserwacht hat mit mehr als 40 Patienten zu tun. Naturschützer stellen den Spaß nun in Frage.

Von Barbara Briessmann und Konstantin Kaip

Die Isar mit ihren Auen ist nicht nur Lebensraum seltener Tiere und Pflanzen, sondern auch ein beliebtes Naherholungsgebiet für Ausflügler und Bootsfahrer. Der Konflikt zwischen Naturschutz und Freizeitwert schwelt dort daher seit Jahren. Nun fragen Naturschutzverbände: "Bootfahren auf der Isar - wie lange noch?" Massenveranstaltungen auf und an der oberen Isar wie in diesem Sommer dürften nicht mehr stattfinden, meint Sigrun Lange vom World Wildlife Fund (WWF) Deutschland: "Das ist nicht tolerierbar." Die Naturschützer sehen die Entwicklung am Fluss mit Sorge: immer mehr Müll und Lärm. "Nicht nur Tiere und Pflanzen leiden darunter, sondern auch die Anwohner", mahnt der WWF.

"Es geht darum, die Isar zu nutzen, ohne die Natur zu sehr zu belasten", sagt Lange. "Wir brauchen Mindestregeln." Das sieht man im Landratsamt genauso. Bootfahren sei Gemeingebrauch und daher, wenn es ohne Motor stattfindet, auf der Isar grundsätzlich erlaubt und zulässig, sagt Cornelia Breiter vom Sachgebiet Wasser und Boden. "Das Betreten der Natur ist ein hohes Gut und in der bayerischen Verfassung verankert." Um das Bootfahren auf der Isar zu verbieten, brauche es daher gute Gründe. Solche gab es etwa im August, als die Behörden wegen des Hochwassers aus Sicherheitsgründen zehn Tage lang ein Bootfahrverbot auf der Isar verhängten. Doch nicht alle hielten sich daran, wie Breiter sagt: Derzeit liefen noch sechs Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten gegen Bootsfahrer, die sich über das Verbot hinweggesetzt hatten. Ein grundsätzliches Verbot stehe derzeit nicht zur Debatte, sagt Breiter. "Unser Ziel ist momentan, eine verträgliche Regelung zu finden", erklärt sie, "sodass einerseits der Gemeingebrauch gewahrt wird, andererseits das Bootfahren aber auch kontrolliert werden kann." So wolle man in Zusammenarbeit mit verschiedenen Behörden und Interessengruppen ein Regelwerk erarbeiten, das etwa die zulässigen Einstiegsstellen bündelt.

Gerade die Freizeit-Bootsfahrer greifen zum Teil massiv in die Flusslandschaft ein. Es werden Kiesbänke und Uferböschungen angefahren und betreten. Dabei werden nicht nur Tiere gestört, Brut oder Eier zerstört, Pflanzen geschädigt und ganze Lebensräume verändert. Was schon im Sommer heiß diskutiert und lautstark von kommerziellen Isar-Befahrern wie Flößerbetrieben und Bootstourenanbietern kritisiert wurde: Die Freizeit-Bootsfahrer gefährden sich und andere, wenn sie mit miserabler Ausrüstung bei hohem Wasserstand auf die Isar gehen. "Auf der einen Seite setzen wir auf die freiwilligen Vereinbarungen, die wir mit Rafting-Anbietern getroffen haben", sagt Breiter. "Aber insgesamt scheint es schlimmer zu werden." So gebe es immer wieder Klagen von Fischerei-Verbänden, und immer häufiger seien Freizeitfahrer mit Luftmatratzen und sogenannten Tubing-Reifen unterwegs, die für den Wildfluss Isar einfach nicht geeignet seien. Die Kreiswasserwacht hat ihre Bilanz noch nicht ganz abgeschlossen. Bislang kommt Ingo Roeske, der Vorsitzende der Wolfratshauser Wasserwacht, auf 18 Einsätze auf der Isar im gesamten Landkreis, die Zahl könnte sich nach Abschluss der Bilanz jedoch noch ändern. "Wir haben auf jeden Fall mehr als 40 Patienten dokumentiert", sagt er.

Doch die Sicherheit ist nur ein Aspekt. Hinzu kommen zahlreiche Verstöße gegen die Verordnungen der Landschafts- und Naturschutzgebiete entlang der Isar. 228 Bußgeldbescheide wegen Ordnungswidrigkeiten gab es 2015, in diesem Jahr kommt Franz Steger, Leiter des Sachgebiets Umwelt im Landratsamt, bislang auf mehr als 80 im Isarbereich. Feuer machen, Grillen, Übernachten und Autos im Schutzgebiet abstellen seien die häufigsten Verstöße, sagt Steger, dem auch die vier Isar-Ranger im Kreis unterstehen. Dass die Zahl der Ordnungswidrigkeiten im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen ist, könne man mit dem vergleichsweise schlechten Sommer erklären, aber auch mit den neuen Schildern, die Verbote auf Piktogrammen darstellen. Dennoch sagt Steger: "Wir stellen schon fest, dass der Freizeitdruck insgesamt größer geworden ist, vor allem an schönen Wochenenden. Und dass immer entlegenere Gebiete aufgesucht werden." Es sei ja "verständlich, dass jeder irgendwie raus will". Aber "es bedarf auch der Einhaltung bestimmter Spielregeln".

Wie das geschehen kann, damit befassen sich WWF, Landesbund für Vogelschutz, Kreisjugendring Bad Tölz und die Fischerjugend bei einem Aktionstag im Rahmen des Projekts "Alpenflusslandschaften" am Samstag, 8. Oktober, in der Jugendsiedlung Hochland in Königsdorf. An dem Aktionstag, der im Rahmen des Projekts "Alpenflusslandschaften" stattfindet, wird zunächst an der Isar fleißig aufgeräumt: Unter dem Stichwort "Uns stinkt's" gibt es vormittags ein Ramadama, bei dem der Müll zu bestimmten Sammelorten gebracht wird. Die Standorte stehen unter www.kjr-toel.de. Am Nachmittag wird das skurrilste Fundstück in der Jugendsiedlung prämiert. Am Nachmittag diskutieren dort vier Experten, die mit und von der Isar leben, über Freizeit und Naturschutz: Dora Schulze aus dem Wasserwirtschaftsamt Bad Tölz, Isarranger Bernhard März, Niko Schöfmann von der Fischereijugend und Wolfgang Reichel von der Kajakschule Oberland. Zudem gibt es die Ausstellung "Am Fluss dahoam" zu sehen, und es werden auch Führungen in den Isarauen angeboten.

Für den Aktionstag werden Anmeldungen beim Kreisjugendring unter info@kjr-toel.de oder unter der Telefonnummer 0179 / 588 62 24 erbeten. Das ausführliche Programm steht im Internet unter www.alpenflusslandschaften.de

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