Bichl:Träume, die wahr werden

Saskia Andriessen hat das noch nicht veröffentlichte Kinderbuch "Anderland" geschrieben und illustriert. Nächstes Jahr will sie zu einer großen Reise nach Asien aufbrechen. Im März erscheint ihr Elternhandbuch der Kinderheilkunde

Von Martina Schulz, Bichl

Ein Wichtel träumt. Am Stamm eines knorrigen alten Baumes lehnend träumt er von seiner weiten, abenteuerlichen Reise, einer Reise, die ihn in den hohen Norden Europas führt, wo er auf Sagengestalten und Märchenfiguren trifft. Die 35-jährige Saskia Andriessen träumt auch. Von einer weiteren Reise, die sie im nächsten Jahr unternehmen möchte, einer Reise auf der sie sicher Abenteuer erleben wird - wie der Wichtel, den sie für ein noch nicht veröffentlichtes Kinderbuch mit dem Titel "Anderland" gezeichnet hat.

Es wäre nicht Andriessens erste längere Reise und es wäre auch nicht das erste Mal, dass sie ihre Träume Realität werden lässt. Für ihr Abitur habe sie wirklich kämpfen müssen, sie sei keine besonders gute Schülerin gewesen. Anschließend wollte sie in Regensburg Erziehungswissenschaften studieren, scheiterte aber an der "Statistikhürde, also an Mathe", wie sie sagt. Weil sie das Leben und sich selbst erfahren wollte, reiste sie zunächst anderthalb Jahre durch Europa und finanzierte sich ihr Leben allein durch Straßenmusik. Ihre Gitarre hält sie bis heute in großen Ehren. "Es war eine sehr intensive Zeit. Selten erlebt man menschliche Begegnungen derart unmittelbar." Für den Freund, der sie zum Teil durch Europa begleitete, zeichnete sie Bilder für sein Buch "Traum und Erwachen", das 2005 veröffentlicht wurde und von Erfahrungen auf dem Jakobsweg handelt.

Saskia Andriessen

Am Stamm eines knorrigen alten Baumes lehnend träumt ein Wichtel von seiner weiten, abenteuerlichen Reise.

(Foto: Manfred Neubauer)

"Als Kind träumte ich davon, eines Tages Bücher zu schreiben und zu illustrieren. Damals war es für mich, als würde ich nach den Sternen greifen", sagt Andriessen. Die ersten Illustrationen fertigte sie während ihrer Schulzeit in einem Dorf in der Pfalz für einen Lehrer an, der über alternative Lehrmethoden schrieb. Und dank des Projekts "Jugend Schreibt" der Frankfurter Allgemeinen, lernte sie die Grundlagen kreativen Schreibens kennen. Das Schreiben wurde zu ihrer Leidenschaft.

Nach der Reisezeit machte sie eine Ausbildung zur Wildstaudengärtnerin. "Ich suchte die Berührung mit der wilden, der unverfälschten Natur ohne Manipulation durch den Menschen." Ihre Reiselust führte sie im Anschluss an die Ausbildung von der Pfalz nach Rom, zu Fuß und nur von ihrem treuen Australian Sheperd Rüden Wave begleitet. "Nach drei Monaten kam ich in Rom an - trotz meines schlechten Orientierungssinns."

Das war im zweiten Anlauf. Den ersten Versuch musste sie nach einem Tag abbrechen. Ihr Bruder und seine Familie waren schwer verunglückt. Während der Genesung kümmerte sich Andriessen ein paar Monate um das Kind ihres Bruders. Diese Erfahrung trug zur Entscheidung bei, Ergotherapeutin zu werden. 2008 begann sie mit der Ausbildung und arbeitet nun in einer Praxis in Bad Tölz. Doch die Kreativität lässt sie nicht los: "Die Kunst ist für mich Botschafter, Seelentröster, Aufrüttler, Langweiler, Quertreiber und zeigt unzählige Realitäten und subjektive Wahrheiten auf." Kunst liegt ihr im Blut. Der Name Andriessen ist gerade in Holland nicht unbekannt. Der Vater, Wilhelmus Andriessen, stammt von dort und wirkte aufgrund seines ausgezeichneten musikalischen Gehörs maßgeblich an der Entwicklung des Tonbands mit. Die Cousins des Urgroßvaters, Willem und Hendrik, waren bekannte Musiker und Komponisten, die in Belgien und Holland für ihre Werke zahlreiche Preise bekamen.

Saskia Andriessen

In ihrem Kinderbuch "Anderland" schickt Saskia Andriessen einen Kobold auf die Reise in den hohen Norden.

(Foto: Manfred Neubauer)

Im März wird voraussichtlich ein Elternhandbuch aus dem Fachbereich der Kinderheilkunde erscheinen, das sie selbst verfasst und illustriert hat. "In meinem Beruf inspirieren mich Kinder, meine kindliche Seite auszuleben und auszudrücken. Da entsteht oft der Impuls, nach Stift und Papier zu greifen, um eine gelungene, spaßige Lebensszene festzuhalten."

Die Karikaturen, oft mit Buntstiften oder Aquarellfarben angefertigt, sind die eine Seite Andriessens. Die tiefe und ernste Seite zeigt sich in der Bleistiftzeichnung der Mariendistel, die sich nach oben reckt. Sie ist der Entwurf für eine Narbentätowierung, die sich ihre an Brustkrebs erkrankte Freundin gewünscht hat. Aus der Pflanze erhebt sich der Fabelvogel Phoenix, der Unsterblichkeit und Auferstehung symbolisiert. Dieses Wesen ist schon seit langem ein Seelenbegleiter für Andriessen, die durch ihre Reisen sich selbst näher gebracht wird. 2016 zieht es sie nach Asien, um zu erfahren "wie die Menschen dort Spiritualität leben und wie sie mit ihren Kindern umgehen". Und irgendwann wird sie vielleicht auch in dem alten Zirkuswagen wohnen, von dem sie schon lange träumt. Denn Träume neigen dazu, wahr zu werden - da ist sie sich sicher.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: