Besuch aus Tiflis:Choreografie in Schwarz

Stabpuppen-Theater

Kunst-Studenten aus Tiflis lassen in Benediktbeuern die georgische Tradition des Stabpuppen-Theaters aufleben.

(Foto: Manfred Neubauer)

20 Studenten aus Georgien lassen in Benediktbeuern die Stabpuppen tanzen. Das Spiel der Akteure ist mindestens ebenso spannend wie das Stück "Don Quijotes letzter Tango"

Von Franziska Ulrich, Benediktbeuern

Georgische Musik erklingt, und der Tanz beginnt. Die alte Frau in dem langen, schwarzen, mit Perlen und Strass bestickten Abendkleid schwingt ihre Arme und Beine, dreht sich im Kreis. Mit anmutigen Schritten bewegt sie sich zum Rhythmus der Musik. Im Takt stampfen drei Männer mit schweren Stiefeln auf sie zu und fordern sie auf. Hinter den vier Figuren vollzieht sich derweil eine nicht minder fesselnde Choreografie: Ganz in Schwarz gekleidete Akteure führen die Puppen präzise an Stäben. Die Gesichter sind ernst, die Bewegungen fließend - ein stummer, faszinierender Tanz. 20 Studenten aus Tiflis haben am Freitag im Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) "Don Quijotes letzter Tango" mit Stabpuppen aufgeführt.

Die Geschichte handelt vom Ritter Don Quijote aus dem gleichnamigen Roman von Miguel de Cervantes. Die Inszenierung ist eine Studentenversion, die sich an Filme und Theateraufführungen anlehnt. Don Quijote und sein Begleiter Sancho Pansa vollbringen Heldentaten für Dulcinea, in die sich der Ritter verliebt hat. Sie weiß jedoch nichts davon, Don Quijote hat sie auch erst einmal gesehen. Die Studenten aus Georgien lassen den wagemutigen Ritter zusammen mit Sancho Pansa gegen das Unrecht kämpfen: Er beschützt eine Wirtin vor den Schlägen ihres besoffenen Mannes, tritt dem Militär entgegen, das einen Zaun errichten will, und geht aus jedem Kampf als Held hervor. Die Frauen liegen ihm zu Füßen, sei es die Wirtin oder die Soldatin - er kriegt sie alle. Dulcinea erfährt erst nach seinem Tod von ihm, als sie, wie in der ersten Szene beschrieben, eine alte Frau ist. Einer ihrer drei Söhne veröffentlicht die Geschichte des letzten Ritters und seiner Heldentaten.

Unter der Leitung von Giga Lapiashvili, Professor an der Kunstakademie von Tiflis, haben die Studenten alles selbst gemacht: die Stabpuppen angefertigt und ihnen Kleider genäht, das Bühnenbild gestaltet und Regie geführt. Und das ist ihnen außerordentlich gut gelungen. Der Benediktbeurer Friedemann Götzger hat den Auftritt der georgischen Studenten im ZUK gemeinsam mit dem Musiker Georgi Kobulashvili organisiert. Kobulashvili stellte den Kontakt zum Joseph-Hipp-Theater in Tiflis her. Er kennt den deutschen Unternehmer und Honorarkonsul von Georgien, Claus Hipp, seit langem. Hipp fördert den Austausch von Kunststudenten.

Die Projektidee selbst entwickelten der Kunstprofessor Lapiashvili und Hipp gemeinsam. "Wir sahen mit unseren Schnurrbärten beide so alt aus, da haben wir uns gedacht, ein letztes Stück zu machen, unseren letzten Tango", sagt Lapiashvili. Einen Tango tanzen am Ende des Stücks zwei Studenten: In Sneakern geben sie sich den melancholisch-leidenschaftlichen Klängen hin. Ihm sei es wichtig gewesen, dass die jungen Leute in ihrem Studium auch das praktische Theater kennenlernten, sagt Lapiashvili. "Sie müssen etwas können, und Puppen sind Teil des Theaters."

Um eine solche, etwa 45 Zentimeter hohe Figur zu erschaffen, hatten die Studenten zwei bis drei Wochen Zeit. Die aufwendig gestalteten Puppen haben jeweils einen Stab im Kopf und im Oberkörper, und je zwei in Händen und Füßen. Eine Puppe wird von mindestens drei Spielern bewegt, bei speziellen Bewegungen sind es vier.

Die etwa 50 Zuschauer im ZUK waren von der außergewöhnlichen Vorstellung augenscheinlich berührt. "Es war unglaublich, ich bin begeistert, dass junge Leute sich so einbringen können", sagte eine Frau. Eine andere schwärmte von der Ausdrucksstärke und Präzision der Bewegungen. Es sei ein Wunder, wie die Koordination geklappt habe. Und die Studenten? Für sie waren "die klatschenden Hände der Zuschauer das Größte".

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