Bernried:Inszenierte Wirklichkeit

Bilder und Skulpturen von Hinkel, Zacharova und Dettmer in Bernried

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Ein Mann sitzt im Café unter einem Sonnenschirm und spricht in sein Handy. Offenbar wickelt er Geschäfte ab, denn er wirkt nicht entspannt, sondern konzentriert, während die Frau neben ihm gelangweilt ihre Fingernägel betrachtet. "Zusammen allein, Hamburg" hat die Künstlerin Ekaterina Zacharova das Bild genannt. Im Gegensatz dazu steht "Stille Athen". Hier sitzt eine Frau einsam vor ihrem Geschäft, die Straße ist verlassen. Zacharova hat dieses Bild während der Griechenlandkrise gemalt. "Ich will nicht belehren, es sind Verhaltensmuster, die mich interessieren, egal ob in Rom, New York oder Athen."

Die Bilder der russischen Künstlerin, die seit 20 Jahren in Oberbayern lebt, weisen fast impressionistische Züge auf. Sie wirken flüchtig hingemalt, in einem Zug, als ob die Malerin die Stimmung schnell einfangen wolle, bevor sie sich wieder ändert. Jeder Pinselstrich sitzt, ist voller Kraft und Ausdrucksstärke. Die Lichtreflexe sind exakt ausgearbeitet. Doch die Szenen, die Zacharova malt, hat es in der Realität nie gegeben. Sie spielen sich ausschließlich in ihrem Kopf ab. "Ich inszeniere meine Bilder, wie ein Regisseur", erklärt sie. Ihre Werke sind derzeit im Torbogengebäude im Klosterhof von Bernried zu sehen. Unter dem Motto "Schöner Realismus" hat der Bernrieder Maler Manfred Hinkel seine Künstlerkollegen Zacharova und Nikos W. Dettmer zu einer gemeinsamen Ausstellung eingeladen. Die Maler sind Mitglieder der Münchner Künstlergenossenschaft. Ihr gemeinsames Anliegen ist es, mit der Kunst Freude zu machen. Ihre Kunst soll die Welt etwas schöner machen. Wobei Schönheit sehr subjektiv gesehen wird, sie soll keinesfalls verstanden werden als kitschig und ohne Tiefgang. Wie die Werke der akademischen Malerin Zacharova beweisen, geht es in der Ausstellung vielmehr um eine realistische, ästhetische Gestaltung der Kunstwerke.

"Wer ein Bild kauft, will nicht die Misere des Lebens in seiner Wohnung haben", betont Hinkel. Der gebürtige Berliner lebt seit 35 Jahren in Bernried. Hinkel hat erst nach seinem Berufsleben als Marketingmanager und Unternehmensberater zur Malerei gefunden, hat sich aber in zahlreichen Kursen weitergebildet. Seine Werke wirken wie Fotos, die grafisch nachbearbeitet worden sind. Die Stimmungen einer idealisierten Natur sind treffend wiedergegeben, farblich jedoch verfremdet. Themenschwerpunkt seiner Ölgemälde und Aquarelle ist die bayerische Landschaft mit der Alpenkette, Ansichten von Münchner Stadtteilen oder vom Starnberger See.

Äußerst detailliert sind die Werke von Nikos W. Dettmer. Der Maler und Bildhauer, der Opernregie bei Professor Everding studiert hat, malt in der Tradition der Feinmalerei des 17. Jahrhunderts. Die realistische Darstellung von Pilzen und Pflanzen setze viel Erfahrung voraus, sagt er. Daher sei er "weg von der Welt", wenn er male. Sehr vielfältig indes sind die Bronzeplastiken des Künstlers. Ein Stier ist exakt ausgearbeitet, jeder Muskel detailliert dargestellt. Das Paar bei der Plastik "Liebesbarometer" indes wurde reduziert auf die Gesten und wirkt fast abstrakt. Je nachdem, ob man Mann und Frau auf dem Sockel zusammensetzt oder trennt, strahlt das Kunstwerk Harmonie aus oder Disharmonie.

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