Bericht von Passanten:Wolf auf Wanderschaft

Bericht von Passanten: Eine Fotofalle im Kreis Starnberg schoss im März 2016 dieses Bild eines Wolfs. Nun könnte das Tier auf Streifzug bis nach Mooseurach gekommen sein.

Eine Fotofalle im Kreis Starnberg schoss im März 2016 dieses Bild eines Wolfs. Nun könnte das Tier auf Streifzug bis nach Mooseurach gekommen sein.

(Foto: LFU/OH)

Ein Tier soll bei Beuerberg gesichtet worden sein. Jäger und Naturschützer wundert das nicht: Auch sie haben bereits Exemplare und Spuren entdeckt, wollten die Bevölkerung aber nicht verunsichern

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Es mag zwar dunkel gewesen sein, doch die beiden jungen Männer, deren Namen der Redaktion vorliegen, sind überzeugt: Es war ein Wolf, der in der Nacht zum Sonntag im Scheinwerferlicht ihres Autos auftauchte, als sie zwischen Mooseurach und der Staatsstraße 2370 bei Beuerberg unterwegs waren. Isegrim im Landkreis, das klingt nach Märchen? Nein, sagen Experten. Längst sei gesichert, dass immer wieder vereinzelt Wölfe durch die Region ziehen. Erst im März des vergangenen Jahres war ein Wolf im Landkreis Starnberg in eine Fotofalle getappt. Da die Tiere zwischen 40 bis 60 Kilometer am Tag zurücklegen können, könnte es sich bei der Beuerberger Exemplar möglicherweise gar um denselben Wolf gehandelt haben.

"Der Wolf zieht definitiv bei uns durch", erklärt der Vorsitzende der Jagdkreisgruppe Wolfratshausen, Josef Brunner. Zwar kann er die konkrete Sichtung der beiden jungen Männer am Sonntag nicht per Ferndiagnose bestätigen. Aber auch er hält es grundsätzlich für möglich, dass es sich tatsächlich um einen Wolf und nicht um ein Wildschwein oder einen Hund gehandelt haben könnte. Denn: "Gerade junge, einzelne Männchen wandern sehr lange Strecken und tauchen deshalb auch bei uns immer wieder mal auf", sagt er. Brunner habe erst vor rund zwei Jahren im Eglinger Raum selbst einen Canis lupus durch den Wald streifen sehen. Zudem hätten ihm Kollegen aus der Jagdkreisgruppe berichtet, dass ihnen seither immer wieder ein Wolf in eine Wildtier-Fotofalle getappt sei. "Doch das wollten wir nicht an die große Glocke hängen und Bilder veröffentlichen, um nicht unnötig Ängste in der Bevölkerung zu schüren", erklärt Brunner.

Gänzlich neu ist der Wolf als Mitgeschöpf in der Region folglich nicht. 2014 wurde ein Wolf im Landkreis Erding gesichtet, 2015 einer sowohl im Landkreis Miesbach wie im Kreis Ebersberg. Im März 2016 dann der Beweis im Landkreis Starnberg: Ein Wolf war dort von einer Kamerafalle fotografiert worden, die erste eindeutig belegte Sichtung seit 2006. Damals war ein Wolf bei Pöcking von einem Auto überfahren worden. Auch Friedl Krönauer, Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz will nicht ausschließen, "dass in unserem Landkreis tatsächlich gerade einer herumläuft". Erst im Herbst 2016 habe er bei einer Wanderung im deutsch-österreichischen Grenzgebiet eine Spur entdeckt, die seiner Meinung nach von einem Wolf stammte. Die Begegnung in Mooseurach wird als sogenannte C3-Sichtung eingestuft, erklärt der Sprecher des Landesamtes für Umwelt (LfU) - eine Beobachtung, die Experten im Nachhinein nicht mehr eindeutig überprüfen können. In die Kategorie C2 fallen Spuren oder Risse, in C1 Lebendfang, Totfund, genetische Nachweise oder Fotos. "Jeder sollte etwaige Sichtungen bei uns melden, damit wir die Hinweise überprüfen können", bittet der LfU-Sprecher.

Laut Brunner ernähren sich Wölfe hauptsächlich von Rehen, Rotwild und Wildschweinen. Sie bevorzugen junge oder alte und kranke Beutetiere, daher seien nachhaltig negative Auswirkungen auf die heimischen Wildtierbestände nicht zu befürchten. Nur wenn es nicht genug wildlebende Beute gebe, könnten Nutztiere wie Schafe und Ziegen zur Nahrung werden. "Deshalb sollten sie ausreichend geschützt werden, etwa in Stallungen", sagt Brunner. Für den Menschen sei es hingegen nicht gefährlich, wenn der Wolf in der Region verstärkt auftauche. "Es sind äußerst scheue Wildtiere. Aber wenn man tatsächlich einem Wolf begegnet, sollte man Respekt haben", sagt er. Konkret solle man nicht weglaufen, sondern sich langsam zurückziehen, rät das LfU. Hunde sollten angeleint und nahe bei sich behalten werden. Menschen sollten dem Wolf weder hinterher laufen noch ihn füttern.

Der Landtagsabgeordnete Florian Streibl (FW) fordert derweil den Abschuss von Wölfen, wenn ein Wildtiermanagement oder eine Vergrämung nicht greife. Laut Streibl sei die Grenze dort erreicht, wo Nutztierhaltung durch Wölfe gefährdet ist. Der Staat unternehme "nichts gegen große Beutegreifer wie den Wolf", klagt er. Doch ein "weiterer Verlust von Almflächen darf nicht hingenommen werden", sagt Streibl. Im Zweifelsfall sei deshalb der Abschuss hinzunehmen, "wenn damit Sicherheit für Nutztiere und die Almwirtschaft im Alpenraum erreicht wird".

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