Benediktbeuren:Widerstreitende Interessen

Alpengespräche Ilse Aigner

Matthäus Hammerl spricht beim Dialog mit Ilse Aigner für den Bezirksmusikverband die Probleme mit der Bürokratie an.

(Foto: Manfred Neubauer)

In den Bergen stehen sich technischer Fortschritt und Naturschutz besonders deutlich gegenüber. Dass Lösungen schwer zu finden sind, wurde beim Abschluss der "Alpengespräche" in Benediktbeuern klar.

Von Martina Schulz, Benediktbeuren

"Die Natur ist ein vom Herrgott geschenkter Schatz." Das sagte Ilse Aigner am Samstag im Barocksaal des Klosters Benediktbeuern. Die bayerische Wirtschafts- und Tourismusministerin eröffnete so die Abschlussveranstaltung der Alpengespräche. Der Einladung waren rund 190 Bürger, Politiker und Interessenvertreter der Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Garmisch-Partenkirchen, Weilheim, und Miesbach gefolgt. In Inzell und Kempten hatten bereits entsprechende Veranstaltungen stattgefunden.

Die Schonung von Ressourcen und der technische Fortschritt stünden sich gegenüber, sagte Aigner. Letztendlich gehe es also darum "Dirndl und Digital unter einen Hut zu bringen". Dass die Entwicklung des Alpenraums ebenso steil und steinig werden dürfte wie die Stufen, die zum Barocksaal führten, wurde in den folgenden 70 Minuten schnell klar, als die Betroffenen zu Wort kamen. Bürokratie scheint für alle Bereiche, von der Land- und Almwirtschaft über den Tourismus, von der Forstwirtschaft über den Alpenverein zu den Naturschutzverbänden, vom Gewerbe über das Gesundheitswesen bis zu den Skiverbänden, der größte Hemmschuh zu sein.

Der Bezirksleiter des Bezirkmusikverbands Isar-Mangfall, der Kochler Matthäus Hammerl, sieht ein großes Problem in der Umsetzung des Jugendschutzgesetzes. "Wir brauchen die jungen Leut'", sagte er. Der Schriftverkehr sei aber so kompliziert geworden, dass kaum noch einer die Vereinsarbeit machen wolle. Die Ministerin sieht dies als "Problem ohne Lösung". Die Auflagen würden immer schärfer, weil keiner im Haftungsfall seinen Kopf hinhalten wolle. Der Tölzer Landrat Josef Niedermaier beklagte Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Plänen für eine verbesserte Infrastruktur. Viele dieser Pläne, beispielsweise eine Querverbindung per Bahn zwischen Bad Tölz und Weilheim, würden nie konkretisiert. Aigner verwies darauf, dass das häufig auch daran liege, dass man sich vor Ort nicht einig werde. Georg Mair aus Gaißach, der Vorsitzende des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern, betonte, es dauere oft zu lange, bis ein Antrag genehmigt werde - zuweilen acht Jahre. Wenn es um einen Ausgleich der Interessen von Landwirtschaft und Naturschutz gehe, werde seiner Ansicht nach oft einseitig zugunsten des Naturschutzes entschieden, sagte Mair. Die Almbauern hätten zudem Angst, was die Ansiedlung von Wolf und Bär für die Weidehaltung bedeuten würde.

Die Bürgermeisterin von Dietramszell, Leni Gröbmaier, bedauerte, dass es oft schwierig sei, die richtigen Förderprogramme zu finden. "Man fällt immer durch den Rost durch." Zudem warnte sie davor, dass es immer weniger Landwirte gebe. "In der Landbewirtschaftung liegt der Ursprung der Nachhaltigkeit und der Tourismus hängt massiv davon ab", sagte sie. Doch immer mehr Betriebe müssten aufgeben. Gleichzeitig werde im Münchner Tierpark Hellabrunn ein Bauernhof für 60 Millionen Euro gebaut. "Wie kann das sein?", fragte sie.

Die Alpengespräche hatte das Wirtschaftsministerium angesetzt, um vor Ort über die Zukunft der Alpenregion zu diskutieren und gemeinsam mit den Betroffenen nach Lösungen zu suchen. Dem Ministerium sei es ein Anliegen, den Raum zu entwickeln und dabei alle Bereiche abzudecken, hieß es in der Einladung. Es sollte darum gehen, wie Land- und Forstwirtschaft sich nachhaltig entwickeln können. Umwelt- und Landschaftsschutz sowie das Schaffen von positiven Rahmenbedingungen für Ehrenamt und Brauchtumspflege waren weitere Themen. "Wir wollen einen Dialog darüber führen, welche Vorschläge von Experten eingebracht werden können", erklärte Aigner. Am Ende der Veranstaltung zog sie folgendes Fazit: "Die Menschen sind unglaublich engagiert und mit viel Herzblut dabei. Aber viele Positionen sind halt schon diametral entgegen gesetzt." Um die Natur zu bewahren und auch die wirtschaftlichen Interessen unter einen Hut zu bringen, werde auch das Wirtschaftsministerium Engagement und Herzblut einsetzen müssen. Dabei wolle man auf die Alpengespräche zurück greifen. "Ihre Ideen werden protokolliert, damit sie nicht verloren gehen," hatte Aigner bei der Begrüßung versprochen.

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