Benediktbeuern:Zum Weinen schön

Quadro Nuevo - Weihnacht

Und das ist die Harfenistin: Mulo Francel gibt den Kindern eine Einführung in Instrumentenkunde (an der Harfe Evelyn Huber).

(Foto: Manfred Neubauer)

Julie Fellmann und "Quadro Nuevo" präsentieren in einer Aufführung für Kinder in Benediktbeuern das musikalische Märchen "Der König hat gelacht"

Von Sabine Näher, Benediktbeuern

Ein einsamer junger König, der schwer trägt an der Last der Krone. Der sich sehnt nach Liebe und nach Freiheit. Ein Stoff, der unendlich oft bearbeitet worden ist, der auch deshalb kaum ohne Klischees auskommen kann. In diesem Falle gibt es Anspielungen auf einen gewissen bayerischen "Märchenkönig", doch auch die machen die Geschichte nicht wirklich originell. Was allerdings fasziniert an diesem Freitagnachmittag im Allianzsaal des Klosters Benediktbeuern bei der Darbietung von "Der König hat gelacht" ist die zauberhafte Verschränkung von Text und Musik, die an manchen Stellen geradezu magische Kraft entfaltet. Die Musik liefert das in der Region allgemein bekannte Ensemble Quadro Nuevo.

Saxofonist Mulo Francel stellt den Kindern erst einmal die Instrumente vor: "Was ist das da?" - "Eine Gitarre!" Diese Antwort lässt den gestandenen Mann am ebenso gestandenen Instrument schlucken: "Das ist ein Kontrabass! Das schönste Instrument der Welt", ruft D.D. Lowka. Die nächste Antwort klappt besser: Die Harfe wird eindeutig identifiziert. "Und die Frau dahinter ist ...?", fragt Francel. "Blond!" - Das trifft auf Evelyn Huber zwar durchaus zu, gesucht war aber ihre Berufsbezeichnung: Harfenistin. Was Andreas Hinterseher tut, ist oberbayerischen Kindern dagegen völlig klar: Er spielt das Akkordeon, die "Quetschn", auch Schifferklavier genannt. Letztere Bezeichnung komme daher, erläutert Francel, dass das Klavier auf den Schiffen bei Sturm immer umgefallen sei. Da habe man eben das Schifferklavier erfunden, das man am Spieler festbinden könne. Hinterseher demonstriert das Verfahren, indem er spielt, als herrsche gerade extremer Seegang.

Eines ist jetzt schon klar: Die Jungs von Quadro Nuevo haben durchaus kabarettistisches Potenzial, das sie bei ihren normalen Konzerten eigentlich auch mal einbringen könnten. Als die Erzählerin (und Autorin) des Märchens, Julie Fellmann, die Bühne betritt, herrscht schon die allerbeste Stimmung im Saal, der leider nur zur Hälfte besetzt ist. Die folgende Geschichte ist wie gesagt ziemlich vorhersehbar. Doch die dichte Verzahnung mit der Musik, die sich komplett in den Dienst der Illustration des Textes stellt, fesselt.

Da hört man die alten Schlosstüren quietschen, als sich der kleine König, angelockt von einer wundersamen Melodie, getraut, seinen königlichen Kerker zu verlassen und in die Nacht hinaus zu treten. Da hört man Fledermäuse vorübersegeln, das Käuzchen schreien, die Blätter im Nachtwind rauschen und die Wellen plätschern, als der König am Seeufer anlangt, wohin ihn die zauberhafte Stimme geführt hat. Mit dem Rätsel, woher wohl diese Stimme kommen mag, werden die kleinen und großen Zuschauer in die Pause geschickt.

"Cliffhanger" nennt man diesen Trick, der in den TV-Serien und -Soaps ebenso angewendet wird, um die Neugier auf den Fortgang zu befeuern. In Benediktbeuern löst sich das Rätsel, indem eine "singende Säge" in wirklich perfekter Illusion den Gesang einer kleinen Seejungfrau darstellt, die - wer hätte das gedacht - die vom einsamen König lang ersehnte Gefährtin wird.

Allnächtlich treffen sich die beiden am Ufer des Sees, bis der Winter naht und die Trennung bringt. Der See wird zufrieren und die Seejungfrau einschließen. "Wie soll ich das ertragen? Ich werde dich so sehr vermissen", klagt der König. "Du musst dich ans Ufer stellen und ganz tief lauschen. Dann wirst du mich singen hören - und dann weißt du, dass ich an dich denke", tröstet ihn die Freundin. Ja, das ist kitschig. Aber trotzdem schön!

Und als im Frühjahr das Tauwetter einsetzt und den See wieder freigibt, stürzt sich der kleine König, der das Wiedersehen mit seiner geliebten Freundin nicht erwarten kann, mit lautem Lachen in die Wellen. "Der König hat gelacht!", tönt es vielstimmig aus dem Schloss. "Unser König hat doch noch niemals gelacht! Was ist da geschehen?" Doch als die Schlossbewohner am See ankommen, um ihren König zu suchen, finden sie nur noch die Krone. "Wenn ihr an den See kommt und ganz leise seid, dann hört ihr das Singen der Seejungfrau - und das Lachen des kleinen Königs", beschließt Fellmann ihre Erzählung vor den Kindern.

Doch ehe Tränen der Rührung fließen können, sagt Mulo Francel die Zugabe an: "Wir singen jetzt alle zusammen 'Drei Chinesen mit dem Kontrabass'!" Zwischen den Strophen können die vier Musiker nochmals mit tollen Soli punkten. Und in allerbester Hochstimmung geht dieses zauberhafte musikalische Märchen zu Ende.

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