Benediktbeuern:"Viele helfende Hände"

Benediktbeuern: Norbert Göttler ist Schriftsteller, Publizist und Fernsehregisseur. Seit 2012 ist er zudem Hauptamtlicher Bezirksheimatpfleger von Oberbayern

Norbert Göttler ist Schriftsteller, Publizist und Fernsehregisseur. Seit 2012 ist er zudem Hauptamtlicher Bezirksheimatpfleger von Oberbayern

(Foto: Hartmut Pöstges)

Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler erklärt den Symbolgehalt des gar nicht so alten Brauchs

interview Von Felix Matthey, Benediktbeuern

Das Aufstellen von Maibäumen ist ein über Generationen gepflegter Brauch. In 26 Städten und Gemeinden im Landkreis werden sie dieses Jahr aufgestellt. Nicht selten wiegen die Stämme mehrere Tonnen und sind 30 oder 40 Meter hoch. Egal ob bemalt oder bemalt, groß oder klein:Der Maibaum ist ein Ausdruck von Stolz und Zusammengehörigkeit. Die Organisation der Maifeiern ist stets mit sehr viel Arbeit verbunden. Die Bürokratie nimmt Jahr für Jahr zu. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der Brauch gewandelt, die Grundidee ist aber dieselbe geblieben, wie Norbert Göttler, Bezirksheimatpfleger in Benediktbeuern, erläutert.

Was bedeutet für Sie der Maibaum?

Norbert Göttler: Der Maibaum ist in ernster Linie ein Symbol einer funktionierenden Gemeinschaft. Denn bis so ein Maibaum erstellt ist, aufgebaut und bewacht ist, müssen viele helfende Hände ihren Teil leisten. Das alles funktioniert nur dort, wo man sich gegenseitig hilft und unterstützt. Der Maibaum ist also ein Symbol der Gemeinschaft.

Wie ist der Maibaum-Brauch entstanden?

Das kann man eigentlich gar nicht genau sagen. Denn wie bei so vielen Brauchtümern verlieren sich die Spuren im Dunkeln. Es gibt natürlich ein paar sehr lang zurückliegende Baumbräuche und -rituale. Das geht bis ins Mittelalter und in die Zeit der Kelten zurück. Aber das mit dem Maibaum zu vergleichen ist eigentlich nicht möglich. Der Brauch, den wir heute kennen, ist erst im 18. oder 19. Jahrhundert entstanden.

Wie hat sich der Brauch in den vergangenen 50, 60 Jahren verändert?

Früher hat es pro Dorf nur einen Maibaum gegeben. Heute ist der Brauch viel verbreiteter, es stellen sogar einzelne Stadtteile Maibäume auf. Es gibt innerhalb der Dörfer auch sogar mal mehrere Maibäume, was es früher nicht gegeben hat. Das ist schon ein Zeichen einer differenzierteren Gesellschaft. Auch die Optik ist ganz unterschiedlich. Manche sind bemalt, manche sind nicht bemalt. Viele schauen sich auch bei anderen Gemeinden und Dörfern etwas ab und gestalten ihren Maibaum dann danach.

Warum wird der Brauch auch von jüngeren Leuten noch gerne gepflegt?

Wenn man sich landauf, landab umschaut, stellt man fest, dass es sehr viele Maibäume gibt. Also gibt es offenbar auch Leute, die sich darum kümmern. Man arbeitet ja gemeinsam an dem Maibaum, bewacht ihn, ist dabei nächtelang zusammen. Das hat ich schon eine enorme Anziehungskraft für junge Leute. Es kümmern sich auch nicht ausschließlich nur Burschenvereine um die Maibäume, sondern es wirken auch andere Vereine mit.

Was hat der Maibaum früher für die Menschen bedeutet und was bedeutet er heute? Hat das Fest heutzutage eher Event-Charakter als früher?

Es war eigentlich schon immer so, dass das Maibaum-Fest einen gewissen Event-Charakter hatte, auch wenn man das früher natürlich nicht so genannt hat. Dass der Baum mal einen rituellen Hintergrund oder Charakter hatte, darüber lässt sich nur spekulieren. Ich denke, dass die Generationen vor uns dieses Fest gefeiert haben, um den Stolz ihres Dorfes darzustellen und um eine Gemeinschaft zu feiern. Der Maibaum war schon immer Ausdruck der Lebensfreude und jedes Dorf wollte den größten, schönsten Maibaum haben. Früher haben sich ausschließlich Männer um diesen Brauch gekümmert, heute ist es sehr gemischt. Heute kümmern sich zum Beispiel viele Frauen um die Bemalung. Das war früher nicht so.

Warum sind eigentlich manche Maibäume bemalt und manche nicht?

Das ist einfach eine Frage der Mode. In manchen Dörfern ist Bemalung Tradition, in anderen nicht.

Wie finden Sie den verbreiteten Brauch, dass die Burschenschaften den Maibaum stehlen?

Das ist ja eher ein sekundärer Brauch. Im Mittelpunkt sollte ja das Maibaumfest stehen. Oft führt das Stehlen zu großen Streitereien. Man sollte jedoch ein gewisses Maß einhalten und es nicht übertreiben.

Wo werden Sie den 1. Mai feiern?

Ich bin als Bezirksheimatpfleger natürlich immer viel unterwegs, bin jetzt bei vielen 70-Jahr-Feiern zum Kriegsende. Von daher werde ich dieses Jahr leider kein Maibaum-Fest besuchen können. Ich habe aber schon oft selber mitgewirkt in meinem Heimatdorf Prittlbach bei Dachau und habe es sehr genossen.

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