Benediktbeuern:Schwitzende Wallfahrer

Zu Leonhardi kommen 10 000 nach Benediktbeuern

Von Ingrid Hügenell, Benediktbeuern

Pferde wiehern, die Schellen der Geläute klingeln, Glocken der Basilika läuten, Peitschen knallen. Gleich nach dem Eingang zum Klosterinnenhof steht Pater Reinhard Gesing in einem Arkadenbogen auf einem Podest. Er spritzt mit einem Tannenbuschen Weihwasser auf die Teilnehmer der Leonhardifahrt und segnet so Menschen wie Pferde. Neben ihm Pater Heiner Heim, der Ortspfarrer und Gesings Amtsvorgänger. Die Vorreiter ziehen vor den Geistlichen den Hut, was zuweilen dazu führt, dass ihre Pferde ein wenig aus dem Tritt geraten.

Aus den Fenstern im ersten Stock des Fürstentrakts direkt darüber lehnen sich einige Ministranten und ein paar junge Leute, die beobachten, wie sich der Innenhof langsam mit 50 Gespannen füllt. Die Sindelsdorfer Blaskapelle spielt "Lobe den Herren", die Wallfahrer beten. Die Geistlichkeit und die Honoratioren, Landrat Josef Niedermaier mit Frau Andrea und der Landtagsabgeordnete Martin Bachhuber, sind schon in der Basilika, wo Gesing später den Gottesdienst zelebrieren wird.

Die meisten Wallfahrer aber bleiben auf oder bei ihren Wägen, die Frauen verteilen Plätzchen und Hochprozentiges. Außerhalb des Hofs gibt es Weißwürste oder Wiener zu kaufen, auch kalte Getränke. Glühwein oder heißen Tee braucht an diesem ungewöhnlich warmen Tag ohnehin keiner, wie eine Wallfahrerin versichert. "Heute schwitzen wir eher", sagt sie. Auch die Kinder, die auf Motivwägen wie "Wallfahrt am See" oder "Kloster um 1600" mitfahren, müssen heuer einmal nicht frieren. Entsprechend gut gelaunt sind die Menschen, 8000 bis 10 000 Besucher sind es laut Polizei. Überall grüßen die Leute alte Bekannte. Die Leonhardifahrt ist auch ein Treffpunkt, man tauscht Neuigkeiten aus: Wer gestorben ist, wer geheiratet oder ein Kind bekommen hat, das Wichtigste eben.

Die Sonne scheint so warm, dass eine Frau mit einem Kreislaufkollaps von einem Rettungswagen weggebracht werden muss. Sonst passiert nichts, der neuralgische Punkt am Bahnübergang ist weniger neuralgisch als sonst, weil die Bahn schon die ganze Woche statt Züge Busse fahren lässt. Das hat mit der Leonhardifahrt nichts zu tun, trägt aber zur Entspannung der Polizeibeamten bei, die sonst höllisch aufpassen müssen.

Bei der Ausfahrt aus dem Kloster spielen die Musikkapellen statt Kirchenliedern flotte Märsche. Gebetet wird nur noch vereinzelt. Die Schalkfrauen aus Bad Heilbrunn singen "Großer Gott, wir loben dich", die Miedermadln aus der Jachenau loben Gott mit "Laudato si", dem Lied zu Franz von Assisis Sonnengesang. Vielleicht hat sie dazu Gesings Predigt inspiriert, der vom heiligen Franz sprach, von der Bedrohung der Schöpfung durch den Menschen. "Tier- und Naturschutz sind christlich, nicht nur etwas für Naturromantiker", sagte er.

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