Benediktbeuern:Der Höhepunkt naht

Fasching Benediktbeuern

Bernd Schöpf baut für den Faschingszug einen Hubschrauber. Damit fliegt er zum G-7-Gipfel.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die "Maschkera" bereiten sich auf den Faschingszug vor. Tabuthemen gibt es nicht - bis auf die Flüchtlinge

Von Petra Schneider, Benediktbeuern

Sitzt man mit Bernd Schöpf und Christine Richter im Café Lugauer, hat man keine ruhige Minute. Kaum ein Kunde, der die beiden Vorsitzenden der "Beira Maschkera", des Faschingsvereins im Dorf, nicht kennt und nicht noch schnell ein paar Takte reden muss. "Wir ham noch gar ned mit dem Wagen angfangt", sagt einer. "Wir müssen umdisponieren". Dann geht es um blaue Folie, ein Korallenriff und das Wetter am Dienstag. Regnet's da? Nein, natürlich nicht. Nicht am Faschingsdienstag, wenn sich der Benediktbeurer Faschingszug in Bewegung setzt, heuer zum 117. Mal.

Der Endspurt läuft, das Dorf ist im Ausnahmezustand. Wenn das Wetter passt, säumen rund 7000 Schaulustige die Straßen beim Faschingszug. Benediktbeuern und Bichl gelten im Landkreis als Faschingshochburgen. Die Rivalität ist in den vergangenen Jahren weniger geworden. Inzwischen feiern sie sogar gemeinsam. Der 47-jährige Baggerführer ist ein Maschkera mit Leib und Seele. Seit fast 30 Jahren ist er beim Verein mit aktuell 85 Mitgliedern: Zuerst bei der Prinzengarde, dann 16 Jahre Stellvertreter, seit diesem Jahr erster Vorsitzender.

"Ich wüsste gar nicht, was ich ohne den Fasching machen sollte", sagt auch seine Kollegin und ehemalige Gardeprinzessin Richter. Im Januar, Februar in den Urlaub fahren - das gehe für einen "Faschingsdamischen" gar nicht. Die Saison mit sechs Bällen steht heuer unter dem Motto "Atlantis". Für die Deko im Postsaal haben sich die beiden Vorsitzenden eine professionelle Bühnenbildnerin als Unterstützung geholt: Die Decke ist mit blauer Folie abgedeckt, eine Riesenkrake schwebt über dem Faschingsvolk. Auch die Maschkera geben sich Mühe. Neulich hat Schöpf einen beim Ball gesehen, der sich ein Fangnetz von einem Gerüstbauer besorgt und den ganzen Abend darin gezappelt hat. Ziemlich heiß und vermutlich wenig komfortabel müsse das gewesen sein, glaubt Schöpf. Aber Improvisation und Kreativität seien Trumpf, und das unterscheide den hiesigen Fasching von den aufgebrezelten Karnevalsumzügen anderswo. Dass Stammgäste bei den Bällen in einer Saison zweimal das gleiche Kostüm tragen, komme praktisch nicht vor. "Und niemand würde auf die Idee kommen, sich eine fertiges Kostüm im Internet zu bestellen", sagt Richter. Dass in Benediktbeuern so ziemlich das ganze Dorf mitfeiert, das sei das Schöne, findet die 30-jährige Fitnesstrainerin. Schon im Dezember fangen die meisten an, sich ihre Kostüme zusammenzubasteln, die Prinzengarde probt seit Juni, neuerdings gibt es auch ein Männerballett, "die Feierboys": Neun Burschen, allesamt Fußballer, die eine Choreografie einstudiert haben und in weißen Strumpfhosen und rosa Tutu bei den Bällen auftreten.

Die Wagenbauer fangen erst kurz vor dem Umzug an, um möglichst aktuelle Themen mitzunehmen. Drei, vier Tage basteln sie an ihren Fahrzeugen, nageln Holzaufbauten auf Traktoren und gestalten Plakate und Deko. Ehrenamtlich natürlich, "fürs Mitmachen kriegt man nix, außer vielleicht Schädelreißen am nächsten Tag", sagt Richter und lacht. Bisher hätten sich 16 Wagen angemeldet, diverse Fußgruppen, Musikappellen und eine Sambagruppe aus Penzberg. Die Vorsitzenden verraten einige der Themen: G 7-Gipfel, VW-Abgasskandal, auch lokale Aufreger: Fuchspelzverbot bei der Leonhardifahrt, Klagen über zu laute Kuhglocken. Respektlos und provokant wird beim Faschingszug Basis-Anarchie geübt.

Ein Thema sei Tabu, obwohl es die Leute sehr beschäftige, sagt Schöpf: Die Flüchtlinge. Denn da werde man ganz schnell in eine Ecke gestellt. Dass die schwierigen politischen Zeiten den Leuten die Laune verderben, können die beiden nicht feststellen. Im Gegenteil, heuer laufe es sehr gut. Die 50 Saisonkarten für alle Bälle waren in vier Tagen weg. Womöglich liege das auch daran, dass der Fasching dieses Jahr so kurz sei.

Nach dem Umzug und dem Haberfeldtreiben ist Kehraus bis Mitternacht. Dann wird der Faschingsprinz in einem Sautrog beerdigt. "Und dann is guat, dass es gschafft is", sagt Schöpf. Nur die Gardemädel, die würden wahrscheinlich wieder heulen.

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