Kloster Benediktbeuern:Alle Störche sind schon da

In den kommenden Tagen beginnt die Brutzeit. Im Zentrum Umwelt und Kultur hofft man nun auf einen milden Frühling - im vergangenen Jahr sind alle Jungvögel erfroren.

Von Konstantin Kaip, Benediktbeuern

Unter den zahlreichen Gästen, die das Kloster Benediktbeuern jedes Jahr besuchen, gibt es ein Paar, über das sich sie Menschen im Konvent am meisten freuen: die Weißstörche, die seit einigen Jahren ein Nest auf einem ausgedienten Kamin auf dem Dach der Klosterkirche haben. Nun sind sie wieder da, zur Freude der Angestellten des Zentrums für Umwelt und Kultur (ZUK). Martin Blösl, Diplom-Biologe und Sprecher des ZUK, hat sie in den vergangenen Tagen oft beobachtet, auch auf den Wiesen zwischen Benediktbeuern und Bichl, die sie abschreiten, um nach Amphibien, Mäusen, Würmern und Insekten zu stochern. "Wir haben mit unserer Moorlandschaft hier ja ideale Verhältnisse", sagt Blösl.

Laut dem Vorsitzenden des Landesbundes für Vogelschutz Bad Tölz-Wolfratshausen, Walter Winter, sind die beiden Vögel in Benediktbeuern das einzige sesshafte Storchenpaar im ganzen Landkreis. Winter führt das auch auf die erfolgreiche Renaturierung der Landschaft zurück, die das ZUK dort geleistet hat. "Die Strukturvielfalt kommt den Störchen zugute." Deshalb kämen sie immer wieder. Dass es sich zumindest bei dem Weibchen des Storchenpaars um die Dame vom vergangenen Jahr handelt, hätten Beobachtungen mit dem Spektiv zweifelsfrei ergeben, sagt Blösl. Die Störchin sei beringt und somit eindeutig identifizierbar. Wie Blösl sagt, ist sie in Raisting aufgewachsen. Dem männlichen Vogel allerdings fehle so eine Marke. Deshalb könne er nicht sagen, ob es der Partner des Vorjahres ist, auch wenn Storche jahrelang zusammenbleiben.

Die ZUK-Mitarbeiter haben viel über Weißstörche gelernt. "Sie sind zum Teil auch sehr konservativ", sagt Blösl. Denn das neue Nest, welches das ZUK mühevoll wenige Meter entfernt in sicherem Abstand vom Dachfirst anlegen ließ, ignoriert das Paar geflissentlich. Die Vögel kehren stattdessen immer wieder in ihren selbst gebauten Horst direkt an der Dachkante zurück. "Vielleicht bevorzugen sie die Thermik an der Klosterfassade, um besser durchstarten zu können", mutmaßt Blösl. "Oder sie haben da oben einfach den besseren Überblick."

Das Vogelpaar jedenfalls scheint sich wohl zu fühlen. "Es hat auch schon Begattungen gegeben", weiß Blösl von einem Bekannten, der die Balzaktivitäten der beiden fotografiert hat. Bei warmer Witterung in den kommenden Tagen rechnet Blösl mit einem baldigen Beginn des Brutverhaltens. Beim Ausbrüten wechselten sich Weibchen und Männchen ab, erklärt der Biologe. Vier Wochen dauere es dann in etwa, bis die Jungvögel schlüpfen. Dass die es nicht leicht haben, weiß man in Benediktbeuern aus bitterer Erfahrung: "Im letzten Jahr sind leider alle Jungen ums Leben gekommen", erzählt Blösl. Sie hätten den Frost im Mai nicht überlebt. "Ihr Gefieder war noch nicht stark genug, um sie vor der Kälte zu schützen. Aber sie waren schon zu groß, um von den Eltern gewärmt zu werden."

Gute zwei Monate brauchen Weißstörche, um flügge zu werden. Wenn es auf den Winter zugeht, schließen sie sich dann anderen Störchen an und fliegen auf uralten Routen in wärmere Gefilde. Der Storch gilt zwar als Zugvogel. Die Alttiere aus Benediktbeuern aber, sagt Blösl, bleiben so lange, bis die Gewässer zufrieren, und ziehen dann an den Bodensee. Auch daran könnte man sie hindern, wenn man sie füttern würde. Das aber will man im ZUK nicht. "Das möchten wir vermeiden", sagt Blösl. "Der Storch ist schließlich ein Wildtier."

Mit ihren roten Schnäbeln und ihrer beeindruckenden Flügelspannweite, die mehr als zwei Metern erreichen kann, faszinieren die Störche die Klosterbesucher. Die gefiederten Gäste seien "wie ein Magnet", sagt Blösl. Wenn sie bei schönem Wetter auf dem Klosterdach säßen, dann klickten die Fotokameras. Auch wenn die verzückten Menschen an den Tischen des Klostercafés "ab und zu auch eine Ladung abbekommen". Dafür, dass dem Kloster die Attraktion noch lange erhalten bleibt, spricht die Lebenserwartung der Tiere: Störche können bis zu 35 Jahre alt werden.

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