Beim Huberwirt in Linden:Der Lohengrin von Wolfratshausen

Lesezeit: 2 min

"Vareck, wia kimmt denn der daher!", deklamieren Hilde Ammer und Wilfried Günzel bei Lohengrins Auftritt. (Foto: Manfred Neubauer)

Unterhaltsame Opern auf Bayerisch

Von Reinhard Szyszka, Dietramszell

Opern auf Bairisch? Ja, klar, da gibt es diese Gedichte von Paul Schallweg, mit denen die Profi-Schauspieler Gerd Anthoff, Conny Glogger und Michael Lerchenberg seit Jahren durch die Lande tingeln. Und jetzt also beim Huberwirt in Linden? O nein, weit gefehlt! Anthoff und Co. haben Schallweg nicht für sich allein gepachtet; auch andere sind von den bayerischen Opern begeistert, wollen sie spielen, mit ihnen auftreten. Und eine solche Gruppe war es, die sich am Sonntagabend beim Huber hören und sehen ließ.

Die Veranstaltung war als kulinarischer Kulturabend anberaumt, das heißt, es war auch für das leibliche Wohl der zahlreich erschienenen Gäste gesorgt. Ursula Rosche und Michael Weinert vom Kulturverein Dietramszell veranstalten seit drei Jahren in unregelmäßigen Abständen solche Kulturabende; dieser war der achte. Auf der Bühne waren Hilde Ammer und Wilfried Günzel vom Holzkirchner Kommödchen für die Textlesung zuständig; Jochen Kammer am Akkordeon und Hermann Neumann mit der Gitarre unterstützten die beiden musikalisch. Denn ohne Musik geht auch bei diesen Opern gar nichts.

Den Anfang im Huberwirt machte "Der Lohengrin von Wolfratshausen" sehr frei nach Richard Wagner. Ruhig und klar lasen Ammer und Günzel die Texte vor, gaben der Geschichte Zeit, sich zu entfalten. Präzise abgestimmt kamen die Sprecherwechsel; gelegentlich, bei besonderen Höhepunkten, lasen beide auch im Chor. Bei Lohengrins erstem Auftritt lautet der Kommentar des Volks "Vareck, wia kimmt denn der daher!", und das ließen sich die beiden Sprecher nicht nehmen, gemeinsam zu deklamieren.

An den Aktschlüssen und anderen geeigneten Stellen kam dann die Musik zu ihrem Recht. Die beiden Musiker hatten gar nicht erst versucht, Wagner für ihre Instrumente zu adaptieren, sondern sie spielten Hausmusik, was aber zu dieser Fassung der Oper ganz hervorragend passte. Natürlich endet die Geschichte so wie im Original: Elsa stellt die verbotene Frage, und Lohengrin zieht seines Wegs. Kammer und Neumann trugen dazu ein selbstgedichtetes Lied vor, das in der augenzwinkernden Frage gipfelte: "Warum müssen Frauen immer alles besser wissen?" Der weibliche Teil des Publikums begriff nach anfänglicher Entrüstung die Ironie und stimmte in das Lachen und den Beifall mit ein.

Weiter ging es mit einem anderen Wagner-Werk: dem "Fliegenden Holländer vom Starnberger See", auch dieses mit der nötigen Ruhe gestaltet. Hier blühten die Musiker richtig auf: "La Paloma" stimmte auf eine Seefahrergeschichte ein; später kamen Nummern wie Offenbachs Barcarole "Schöne Nacht, du Liebesnacht" und der unverwüstliche Gefangenenchor aus Verdis "Nabucco". Das begeisterte Publikum sang manchmal spontan mit, so dass fast ein Opernchor entstand. Die beiden Sprecher schafften es sogar, Schallwegs ironisch-kitschiges Schluss-Tableau zu rezitieren, ohne in Lachen auszubrechen.

Und dann kamen die Musiker mit G'stanzln auf das Lied "Ein Vogel wollte Hochzeit machen". Sie kommentierten die Geschichte und spannten dabei den Bogen vom fliegenden Holländer zum niederländischen Fußball und wieder zurück. Logisch, dass das Publikum bei jedem "Fidirallala" lauthals einstimmte.

Nach einer ausgedehnten Pause ging es weiter mit "Carmen". Hier hatten Jochen Kammer und Hermann Neumann sich mit der Musik des Originals auseinandergesetzt. Kammer bot eine beeindruckende Version der Carmen-Ouvertüre auf dem Akkordeon; später kamen noch die Habañera und natürlich das Torerolied "Auf in den Kampf" hinzu. Schallweg hat die bekannte Geschichte dieser Oper sehr nahe am Original belassen. Hilde Ammer, die zuvor die unschuldige Elsa und die opferbereite Zenzi gestaltet hatte, konnte auch der verruchten Carmen Profil verleihen.

Den Abschluss - quasi die Zugabe - machte Puccinis "Madama Butterfly", was bei Schallweg zur Kurzoper wird und im Ausruf "Aus is, gar is, Harakiri" gipfelt. Fazit des Abends: Es müssen nicht immer die Vollprofis rund um Anthoff sein. Die Veranstaltung in Linden bot eine echte Alternative, amüsant und kurzweilig und rundum gelungen.

© SZ vom 23.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: