Bayerische Oberland-Bahn:Der Tölzer Bahnhof ist zu marode, um darin Tickets zu verkaufen

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Der Bahnhof ist alles andere als repräsentativ, denn der Eigentümer hat ihn bisher nicht hergerichtet. (Foto: Harry Wolfsbauer)
  • Weil das Bahnhofsgebäude in Bad Tölz marode ist, verlegt die Bayerische Oberland-Bahn ihren Fahrkartenschalter auf den Parkplatz.
  • Das stark heruntergekommene Gebäude befindet sich in Privatbesitz einer Tölzer Firma.
  • Die Firma verspricht schon seit langer Zeit, den Bahnhof zu renovieren, doch passiert ist bisher nichts.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Ein solcher Fall dürfte in Deutschland ziemlich einmalig sein: Ein Eisenbahn-Unternehmen zieht mit seinem Fahrkartenschalter notgedrungen nach draußen auf einen Parkplatz, weil das Bahnhofsgebäude, das sich in Privatbesitz befindet, stark heruntergekommen ist. Eben dies geschieht jetzt in Bad Tölz. Die Bayerische Oberland-Bahn (BOB) will ihren Mitarbeitern nicht mehr zumuten, in dem schon seit Jahren sanierungsbedürftigen Bahnhof zu arbeiten.

Die Zustände ließen arg zu wünschen übrig, was Sauberkeit und Ausstattung angeht, teilt BOB-Sprecher Christopher Raabe mit. Außerdem habe es funktionale Probleme im Kundencenter selbst gegeben, "wie beispielsweise eine über Monate defekte Heizung, die trotz wiederholter Ermahnung an den Vermieter nicht in Stand gesetzt wurde". Tickets und Fahrplanauskünfte sollen die Bahnkunden künftig in zwei Containern auf dem städtischen Park-and-Ride-Platz südlich der Gleise erhalten. Diesem Notbehelf stimmten die Stadträte im Haupt-und Finanzausschuss am Dienstagabend zu.

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Die Decke im Bahnhof am Ausgang zu den Gleisen ist schimmelig, der Putz fällt an etlichen Stellen von den Wänden, überall liegt Müll unter den Wartebänken, die Gaststätte ist seit Jahren geschlossen, ein modriger Geruch hängt in der Luft: Der Bahnhof, der 1924 erbaut wurde und unter Denkmalschutz steht, ist alles andere als ein repräsentatives Entrée für einen Touristenort wie Bad Tölz. Das Gebäude, das zuvor der Deutschen Bahn gehört hatte, befindet sich seit 2001 im Eigentum der Tölzer Firma Tektogrund. Trotz häufiger Ankündigungen dieses Unternehmens für die Entwicklung und Verwaltung von Liegenschaften, den Bahnhof bald herzurichten, ist bislang nichts geschehen.

Bürgermeister Josef Janker (CSU) mag solchen Beteuerungen der Firma nicht mehr glauben. Alle drei Monate frage die Stadt bei Tektogrund nach und bekomme zu hören, dass die Sanierung jetzt beginne, aber jedes Mal passiere dann nichts, sagte er im Hauptausschuss. Auch das mehrmalige Angebot der Stadt, das Bahnhofsgebäude abzukaufen, habe die Firma stets mit der Begründung abgelehnt, dass es demnächst ja renoviert werde.

"Es geht keinen Schritt weiter", sagte Janker. "Das Gesetz gibt uns keine Handhabe, daran etwas zu ändern - damit muss man leider leben". Erwin Fritz, Geschäftsführer von Tektogrund, will von einem Verkauf nichts wissen: "Wir haben noch was vor mit dem Gebäude." Für Anfang 2018 kündigt er einen Bauantrag für das Erdgeschoss an. Was die Probleme mit der Heizung betrifft, so gebe es wegen der Historie des Gebäudes gleich drei Zentralheizungen - eine für die Gaststätte, eine fürs Erdgeschoss, eine fürs Obergeschoss. "Es ist noch nicht raus, wie man sie zu einer Heizung zusammenfasst."

Außerdem verweist Fritz auf die hohen Anforderungen des Denkmalschutzes, des Brandschutzes und der Statik im Dachgeschoss, das ausgebaut werden soll. Was die mangelhafte Sauberkeit angeht, weist er die Schuld von sich. Dafür sei im Gebäude die DB Station & Service zuständig, sagt er. Die Schmuddeligkeit des Bahnhofs erbost die Stadträte schon lange. Den unerfreulichen Anblick bezeichnete Willi Streicher (SPD) als geradezu "standortschädigend". Mit Nachdruck trug er sein Ceterum censeo vor, den Eigentümer zum Verkauf an die Stadt zu drängen.

"Ich hoffe, dass es irgendwann eine Lösung gibt, und dass man den Bahnhof mal kaufen kann." Für den Schritt der Bayerischen Oberlandbahn zeigte er Verständnis. Die BOB sei hier nicht Täter, sondern Leidtragender, ebenso wie die Fahrgäste und die Stadt. Die beiden Container werden auf dem Pendler-Parkplatz aufgestellt, der jenseits der Gleise neben dem Edeka-Markt liegt. Der eine dient als Fahrkartenschalter, der andere als Toilette fürs Personal. Beide sollen sich nahe am mobilen Bahnhofs-WC der Stadt befinden - die Toiletten im Bahnhof sind längst geschlossen.

Der Grund für diese Situierung: Die Versorgungsleitungen sind leichter zu legen. Die Internetversorgung stellt die BOB per Funk her. Die Baukosten fürs Aufstellen der Container bezifferte Bettina Faßbender von der städtischen Liegenschaftsverwaltung auf 10 000 Euro. Auf dem Parkplatz fielen drei, vier Stellflächen weg, sagte sie. Als "nicht ganz optimal" bezeichnete Martin Harrer (FWG) die Lage des provisorischen Fahrkartenschalters. Wer vom Bahnhofsgebäude komme, müsse erst durch die Unterführung unter den Gleisen, um zum Kundencenter zu gelangen.

Diese Bedenken mochte Janker nicht teilen. Die meisten Fahrgäste kämen auf Gleis eins an und gingen gleich aus dem Bahnhof, die Abfahrt in Richtung München sei auf Gleis zwei und damit in der Nähe der Container. Die sollen zwei Jahre lang stehen. Genau absehbar sei das zwar nicht, sagte Faßbender: "Ich hoffe aber, dass sich dann die Situation mit dem Bahnhofsgebäude verbessert hat." Ludwig Janker (CSU) wunderte sich über solchen Optimismus: "Was beflügelt Eure Fantasie, dass die Lage in zwei Jahren anders ist?"

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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