Bankenschließung:Geld her - oder wir protestieren

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Im Eglinger Ortsteil Deining schließt die Raiffeisenbank ihre Filiale - und nimmt den einzigen Automaten mit. Die 900 Bewohner wollen um ihre Versorgung mit Barem kämpfen.

Von Claudia Koestler, Egling

Ende Juli schließt die Raiffeisenbank Tölzer Land ihre Filiale in Deining. Damit gibt es im gesamten nördlichen Gebiet der Flächengemeinde Egling, zu der Deining gehört, keinen einzigen Schalter für Bankgeschäfte und keinen Automaten mehr zur schnellen Bargeldversorgung. Das aber wollen die über 900 Einwohner des betroffenen Ortsteils nicht hinnehmen. Es formiert sich Protest, denn die Schließung stehe allen Bemühungen um eine gute Infrastruktur auf dem Land entgegen. Das sagen die Gemeinderäte Michael Neubauer (CSU) und Hans Spindler (parteifrei), die deshalb um den Erhalt zumindest eines Selbstbedienungs-Centers mit einem Geldautomaten kämpfen.

Die Finanzkrise 2008 hat zahlreiche Banken gebeutelt, örtliche Kreditinstitute indes blieben weitgehend verschont. "Mit ein Grund, so hieß es damals, war ihre Kundennähe", sagt Neubauer und verweist auf das heute noch aktuelle Leitbild der Raiffeisenbank, das auf ihrer Webseite nachzulesen ist: "Als Genossenschaftsbank setzen wir auf Regionalität. Wir sind dort zu Hause, wo auch Sie zu Hause sind." Inzwischen aber wirke sich die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank auch auf das Geschäftsmodell von Volksbanken aus. Zudem machen den örtlichen Instituten Online-Banken und -Wettbewerber zu schaffen. Die Raiffeisenbank Tölzer Land konzentriert deshalb ihr Angebot und kündigte in der Folge die Schließung der Filialen in der Jachenau, in Lochen und auch von Deining an.

Hans Spindler (links) und Michael Neubauer wollen nicht hinnehmen, dass die Raiffeisenbank den letzten Geldautomaten in Deining abbaut. (Foto: Hartmut Pöstges)

Doch auch wenn vieles inzwischen über Online-Banking möglich sei - "auf dem Land kommt man einfach nicht ohne Bargeld aus", weiß Neubauer. Er selbst sei nicht Kunde der örtlichen Raiffeisenbank, nutze als Deininger aber dennoch deren Automat vor Ort, um sich auf die Schnelle mit Bargeld zu versorgen. Frühmorgens die Semmeln beim örtlichen Bäcker für das Frühstück holen? Dafür wandern Euromünzen über den Tresen. Die Milch dazu? Auch hier braucht es Bares, "das zahlt man nicht mit Karte", sagt Neubauer. Auch die örtlichen Vereine seien fast ausnahmslos Kunden der örtlichen Raiffeisenbank und dort auf Ein- und Auszahlungen von Bargeld angewiesen, genauso wie die Gewerbetreibenden vor Ort.

Andreas Gams, Pressesprecher der Raiffeisenbank Tölzer Land, bestätigt die Schließung der drei Filialen. Im Deininger Fall sei ein Grund, dass die Geschäftsstelle in Egling derzeit umgebaut und erweitert würde. "Dort können wir dann auch Kundenberatungen und Versicherungsleistungen anbieten, also den kompletten Kundenservice", sagt er. Auch würden keine Mitarbeiter in Deining entlassen, betont Gams.

Doch künftig die knapp 12 Kilometer von Deining bis Egling und zurück zu fahren, um Geld zu holen, seien viel, sagt Neubauer. Zuviel für einen Ort, in dem auch viele ältere Menschen leben, die kein Auto fahren. "Außerdem sollten in Zeiten der Energiewende solche Fahrten auch grundsätzlich vermieden werden", fügt Spindler an. Statt eines Automaten will die Raiffeisenbank nach der Filialschließung einen Bargeld-Lieferservice anbieten. Innerhalb von 24 bis 48 Stunden bringe ein Geldbote den gewünschten Betrag ins Haus. Kein adäquater Ersatz für Neubauer: "Zum einen braucht man Bargeld doch meist kurzfristig, und außerdem ist es fraglich, wie lange ein solcher Service aufrecht erhalten wird", sagt er.

Auch Eglings Bürgermeister Hubert Oberhauser (FW) ist sich der Problematik bewusst: "Mich sprechen sehr viele Bürger auf die Schließung an", bestätigt er. Deshalb sei er sofort tätig geworden und habe der Raiffeisenbank Tölzer Land bereits einen Brief geschrieben mit der Bitte, "wenn schon der Schalter nicht zu retten ist, dann doch wenigstens einen Bankautomaten dort zu lassen." Noch aber sei keine Antwort eingegangen.

Bei Genossenschaften mit mehr als 1500 Mitgliedern können diese aber ihre Rechte in einer Vertreterversammlung wahrnehmen. Eine solche Versammlung der Raiffeisenbank Tölzer Land findet Ende Juni statt. "Dort wird das Thema ganz sicher zur Sprache kommen", sagt Oberhauser. Er sei sogar selbst Vertreter. Zwar werde er zu dem Zeitpunkt im Urlaub sein, doch andere würden den dringenden Wunsch der Deininger nach Verbleib eines Automaten vorbringen, weiß er. Einen Standort bietet er auch gleich an, nämlich in einem der gemeindlichen Gebäude.

Eine Entscheidung, ob die Bank auf die Kundenwünsche reagiert, sei noch nicht gefallen, erklärt Gams. Das Anliegen müsse im Vorstand und im Aufsichtsrat besprochen werden. Gams geht davon aus, dass der Entschluss bis Mitte Juli gefasst werden wird. "Wir Gemeinderäte werden jedenfalls weiter Druck machen, für eine gute Infrastruktur für unsere Bürger", versprechen Neubauer und Spindler.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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