Bad Tölz:Zwei Bücher, zwei Gitarren, zwei Typen

Bad Tölz: So etwas wie eine Lesung: Hannes Ringelstetter (links) und Stephan Zinner auf der Bühne im Tölzer Kurhaus.

So etwas wie eine Lesung: Hannes Ringelstetter (links) und Stephan Zinner auf der Bühne im Tölzer Kurhaus.

(Foto: HAWO)

Ringelstetter und Zinner machen aus ihrer Lesung einen kabarettistischen Musikabend

Von Sabine Näher, Bad Tölz

"Das ist heute ein typisches Lesepublikum: intellektuelle Bildungsbürger, Rotweintrinker, die letzten Pfeifenraucher", sagt Hannes Ringelstetter nach einem Rundumblick in den restlos gefüllten Tölzer Kursaal. Vorsorglich hat er nochmals darauf hingewiesen, dass er und Stephan Zinner heute keinen Kabarettabend, sondern eine Lesung vorbereitet hätten.

Wer die beiden kennt, und das dürfte bei ihrer TV-Präsenz auf die überwiegende Mehrheit des Publikums zutreffen, hat allerdings kaum Befürchtungen, dass es nun allzu intellektuell zugehen könne. Vielmehr hat man den Eindruck, zwei guten Kumpels zuzuhören und -zuschauen, die sich mit allerlei Erzählungen und dem Griff zur Gitarre einen entspannten Abend machen. Der Eindruck verstärkt sich, als nach der Pause Ringelstetter mit einem Weißweinglas und Zinner mit einer Bierflasche auf die Bühne zurück kehren. Wohnzimmeratmosphäre!

Eine Aufwärmphase brauchen die beiden nicht: Das Publikum hat mental vorgeglüht, ist bester Stimmung und lacht über jeden Ausspruch, egal, ob sich die beiden gegenseitig kabbeln ("Du trinkst Ingwer-Zitrone-Wasser? Du bist auch so ein Ingwer-Heinz??"), das Publikum hochnehmen ("Sie hätten ja auch woanders hingehen können heute Abend - Sie sind freie Menschen.") oder mit Lust über prominente Fernsehkollegen lästern. Da bekommen etwa Doreen Dietl, Markus Lanz oder Barbara Schöneberger ihr Fett weg ("Mei, die, wenn's dahoam hast..." - "Die is net so oft dahoam!").

Dazwischen liest Ringelstetter aus seinem Buch "Paris. New York. Alteiselfing" und gibt damit auf höchst unterhaltsame Weise Einblicke in das traurig-komische Leben des Künstlers 'on tour'. Absoluter Höhepunkt: Der Auftritt im Brauereigasthof, wo er auf die Frage nach dem "back-stage-Bereich" ins "Sterbezimmer" hinter der Küche geleitet wird. "Ein Bett, weiß überzogen, leer. Immerhin! Kein Tisch, kein Stuhl, nicht geheizt. Warum auch..."

Als Zinner sich zum Vorlesen anschickt, muss er sich vom Kollegen verspotten lassen, der die beiden Druckwerke mit ihrem recht unterschiedlichen Umfang in die Höhe hält: Er habe ein Buch, jener nur ein Heft. Zinner kontert: "Aber i hob Buildln!" Und dann lässt er die vergnügten Zuhörer an dem ganz normalen Wahnsinn seines Ehealltags teilhaben ("Die Erfahrungen der letzten 15 Ehejahre rieten mir, nur zu nicken..."), an Treppenhausgesprächen mit dem adipösen Nachbarn Gerd, der in allzu knappem Outfit untrainiert am Halbmarathon teilnimmt ("Training wird überschätzt! Ich war beim Diavortrag vom Messner: Der hat gesagt, das ist alles mental...") und darauf bei Kilometer 4,5 in einen Cateringstand einbricht oder am Triumph über den Widerstand im Kleinen ("Ich warf den Biomüll in die Restmülltonne und fühlte mich gut dabei!").

Kabarettistische Elemente kommen, der "Lesung" zum Trotz, gleichwohl vor, etwa als Zinner erzählt, er arbeite so gerne beim Kinderfunk, weil er da in einer Aufnahmesitzung eine Seegurke, ein Planktonteil und einen traurigen Hein verkörpern dürfe - und Ringelstetter "Sprechproben" verlangt. Oder bei Zinners Vortrag eines Koch-Gedichts, in dessen Verlauf der Koch sich zunehmend im Weinglas verliert: Großartig! Zu herrlichen Einlagen werden auch die Griffe zur Gitarre, die beide routiniert beherrschen. Bitterböse Liedtexte wie "Der Tierfreund", in dessen Verlauf Nachbars Hund und Katze auf merkwürdige Art verschwinden, machen dem Publikum ebenso viel Spass wie Ringelstetters verkapptes Liebeslied auf Niederbayern. Ein vergnüglicher "Lese-Abend

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