Asylbewerber:Zur Not im Jodquellenhof

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Die Situation bei der Unterbringung von Asylbewerbern schilderte Landrat Josef Niedermaier in der Tölzer Bürgerversammlung. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Landrat spricht in der Bürgerversammlung über Druck und Zwänge bei den Flüchtlingsunterkünften.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Landrat Josef Niedermaier (FW) tourt in diesen Wochen von einer Bürgerversammlung zur nächsten, in Bad Tölz hatte er sich auf einen eher unangenehmen Abend eingestellt. Die mögliche Belegung des leer stehenden Hotels Jodquellenhof im Kurviertel mit Asylbewerbern hatte die Atmosphäre zwischen Stadt und Kreis gewittrig gestimmt, doch davon war am Donnerstagabend im Kurhaus nichts zu spüren. Niedermaier und Bürgermeister Josef Janker (CSU) nahmen das Wort Jodquellenhof gar nicht in den Mund. Ohne das Hotel zu nennen, bat der Landrat lediglich um "Verständnis dafür, dass wir mit einer gewissen Rigorosität Unterkünfte anmieten müssen".

Auf seiner Rundreise zu den Bürgerversammlungen hat er stets das gleiche Material an Zahlen und Fakten zur Asylsituation dabei, das er an die Wand beamen lässt. Realistisch sei, dass bis Ende dieses Jahres 500 000 bis 550 000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen werden, sagte er. Für den Landkreis bedeute dies, dass hier dann insgesamt bis zu 1325 Asylsuchende leben werden. Derzeit sind es 639 zwischen Wolfratshausen und Schlehdorf. "Wir brauchen in den nächsten acht Monaten etwa 700 beziehbare Unterkünfte", sagte Niedermaier. Andernfalls würden die Asylbewerber einfach mit Bussen zugewiesen, "dann stehen die Leute da, und keiner von ihnen hat ein Dach über dem Kopf". Im Landratsamt wisse man um die Sorgen von Städten und Gemeinden, unterliege jedoch einem schwierigen Abwägungsprozess. "Wir machen nichts aus Jux und Tollerei, aber am Ende ist die blanke Erfüllung der Aufgabe notwendig", sagte der Landrat.

In Bad Tölz geht im Rathaus und im Stadtrat vor allem die Befürchtung um, die Jod AG werde ihre auf dem Areal des Jodquellenhofs geplanten Wohnhäuser nach dem Auszug der Flüchtlinge auf juristischem Weg durchpauken. Damit wäre die Veränderungssperre obsolet, die eine touristische Nutzung sicherstellen soll. Bürgermeister Josef Janker (CSU) will das verhindern. Deshalb wiederholte er in der Bürgerversammlung das Angebot, auf eigene Rechnung der Stadt eine Asylunterkunft zu planen, zu bauen und zu finanzieren, sofern der Landkreis dafür ein Grundstück bereitstellt. Kritik übte er an Bund und Land, die den Kommunen eine Aufgabe zuwiesen, ohne ihnen die finanziellen Mittel oder das nötige Werkzeug etwa im Baurecht dafür zu geben. "Es ist ein Trauerspiel, was von oben nach unten an Verantwortung einfach weitergereicht wird", sagte er. Ein Lichtblick für ihn: In Tölz finden derzeit Gespräche über vom Landkreis finanzierte Koordinierungsstellen statt, welche die ehrenamtlichen Asylhelferkreise betreuen sollen.

Eine halbe Stunde hatte sich Janker zuvor Zeit genommen, um seinen Jahresbericht vorzutragen. Er ging dabei vor allem auf die zahlreichen Baumaßnahmen und die geplanten Investitionen von 9,9 Millionen Euro in der Kurstadt ein. Dazu gehört etwa der Umbau des Rathauses. Im Herbst soll die neue Zweifachhalle an der Südschule bezugsfertig sein, dann folgen die Grundsanierung der Sporthalle auf der Flinthöhe, 2017 und 2018 soll die Jahnschule eine Einfachhalle bekommen. Was die "Neue Tölzer Hotelkultur" anbelangt, verwies er unter anderem auf das "Haus der Gesundheit", das derzeit im Kurviertel entsteht, auf das geplante Wellnessbad "Natura Tölz" und auf die zwei Hotels, die zwischen der Arzbacher Straße und der Bockschützstraße vorgesehen sind. Dabei stellte Janker noch einmal klar: "Die Stadt ist hier nicht Auftraggeber und nicht Bauherr einer Hotelanlage." Dennoch sei es sinnvoll, beide Projekte aufeinander abzustimmen.

Viel Gewicht misst der Bürgermeister in den kommenden Jahren den absehbaren Folgen des demografischen Wandels bei. Da gehe es nicht bloß um Seniorenresidenzen oder Kindertagesstätten, Nah- oder Individualverkehr, meinte er. "Wir benötigen mehr und in der Fläche unterschiedlichen Wohnraum." Notwendig sei es auch, integrierte Wohnformen stärker zu berücksichtigen. Ausdehnen soll sich Bad Tölz nach Jankers Vorstellung dadurch nicht. "Wir werden weiterhin die Innenentwicklung der Außenentwicklung vorziehen - das bedeutet Nachverdichtung."

© SZ vom 25.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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