Bad Tölz-Wolfratshausen:Wehret den Anfängen

Bad Tölz-Wolfratshausen: Quelle: Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen

Quelle: Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen

Der TuS Geretsried wirbt um Unterstützung für Asylsuchende. Der Vorstand hofft aber, dass eine Unterbringung in Turnhallen noch zu vermeiden ist. Er appelliert ans Landratsamt, eine große Flüchtlingskonferenz einzuberufen

Von Felicitas Amler, Bad Tölz Wolfratshausen

Die Nachricht aus dem Landratsamt, dass an der Unterbringung Asylsuchender in Turnhallen mittelfristig kein Weg vorbeiführen werde, hat den Turn- und Sportverein (TuS) Geretsried mobilisiert. Der Vorstand erklärt in einer einstimmig verabschiedeten Stellungnahme einerseits, er hoffe, dass andere Lösungen gefunden werden, und macht dazu auch Vorschläge. Andererseits appelliert er an die Mitglieder, im Ernstfall Ruhe zu bewahren. Der Vorsitzende Stephan Heinle schreibt, die Sportler sollten die womöglich frei werdende Zeit nutzen "für die Betreuung der Menschen, die hier nach Hilfe suchen". Er zeigt Verständnis für die Nöte der Flüchtlinge und weist auf einen wirtschaftlichen Aspekt hin: "Wir brauchen angesichts der acht Millionen Arbeitskräfte, die in 15 Jahren Deutschland fehlen werden, eine gewisse Zuwanderung." Dadurch werde Deutschland noch mehr werden, was Geretsried bereits sei: "bunt und interkulturell".

Im Landratsamt wird derweil nach Wegen gesucht, mehr Flüchtlinge in den 21 Gemeinden unterzubringen. An diesem Dienstag findet eine Bürgermeisterdienstbesprechung statt, in der dies erörtert wird. Michael Foerst, Leiter der Abteilung Soziales, hat den Bürgermeistern dazu schon vergangene Woche die aktuelle Prognose vorgelegt, wie viele Asylbewerber bis Dezember dieses Jahres insgesamt im Landkreis leben werden (1728) und welche Kommune nach der eingeführten Quote wie viele beherbergen soll. Das reicht von zwölf Menschen in Jachenau bis zu 335 in Geretsried, der größten Stadt im Landkreis.

Foerst schreibt, "dass auch der Landkreis Bad Tölz Wolfratshausen dieses Jahr fast doppelt so viele Asylbewerber neu aufnehmen muss, wie bisher erwartet - also nicht 654 Asylbewerber, sondern 1164 Personen". Er hat auf der Grundlage der aktuellen Entwicklung hochgerechnet, dass bis Jahresende 2016 im Landkreis 2314 Asylsuchende leben werden (Kasten). Über das Ergebnis der Bürgermeisterdienstbesprechung will Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) die Presse am Mittwoch informieren.

Der Geretsrieder TuS allerdings ist der Überzeugung, dass zur Lösung der Probleme mehr Menschen als die 21 Bürgermeister an einen Tisch gebracht werden müssten. Im Namen des Vorstands ruft Heinle das Landratsamt auf, eine landkreisweite Flüchtlingskonferenz zu organisieren, bei der alle Behörden, Ehrenamtlichen, Vereine, Schulen und Menschen, die künftig in der Asylarbeit mitwirken möchten, "kreativ und handlungsorientiert nach Lösungen, auch unkonventionellen, suchen". Konkret fragt Heinle nach zwei Standorten im Landkreis: der Staatlichen Feuerwehrschule in Geretsried und der Jugendsiedlung Hochland in Rothmühle bei Königsdorf, in der ein Verein Jugendarbeit leistet. Er habe jedenfalls den Eindruck, so der TuS-Vorsitzende, dass noch nicht alle anderen Möglichkeiten als Turnhallen ausgelotet seien.

Heinle sagt, der TuS wolle "den Anfängen wehren". Allenthalben nehme das Murren wegen steigender Flüchtlingszahlen zu. Er erinnert daran, dass sein Verein sich seit Jahren für ein gutes Zusammenleben der Menschen verschiedener Kulturen engagiere und deshalb auch als Integrationssportverein ausgezeichnet worden sei. Flucht und Vertreibung spielten für die Stadt Geretsried und den TuS historisch eine maßgebende Rolle: "Ohne sie wäre die mittlerweile größte und finanzkräftigste Stadt des Landkreises nicht entstanden."

Der TuS hat 2200 Mitglieder und elf Abteilungen. Wenn Turnhallen nicht mehr sportlich zu nutzen wären, fielen 80 Prozent der Angebote aus, kündigt Heinle an. Vor allem aber wäre das Turnen betroffen. Auch hier habe der Sportverein bereits integrativ gewirkt: 16 Flüchtlingskinder seien in das Eltern-Kind-Turnen aufgenommen worden.

Die Ankündigung, Asylsuchende in Turnhallen unterzubringen, stammt von vergangener Woche. Das ist "sehr wahrscheinlich, fast sicher", sagte Michael Foerst am Mittwoch. Es sei nur noch zu verhindern, wenn dem Amt wider Erwarten ein großes Wohnobjekt zur Miete angeboten würde. Foerst schätzt, dass pro Turnhalle 30 bis 40 Menschen untergebracht werden könnten.

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