Bad Tölz-Wolfratshausen:Wasserkraft birgt noch Potentiale

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Die Wasserkraft im Landkreis ist ausgereizt - hieß es bisher zumindest. Nun prüfen Wissenschaftler und Unternehmen neue Möglichkeiten entlang Isar und Loisach.

Bernhard Lohr

Wasserkraft rückt als Energiequelle stärker in den Fokus. Mit Hilfe von effektiveren Kleinturbinen sollen ungenutzte Potentiale im Oberland ausgeschöpft werden. So hat Eon Wasserkraft beantragt, am Isarwehr in Baierbrunn, das bisher nicht zur Stromerzeugung genutzt wird, eine in Frankreich entwickelte VLH-Turbine einzubauen. Ähnliches könnte am Wehr in Icking und auch in Wolfratshausen geschehen. Wissenschaftler der Technischen Universität (TU) München erproben derzeit am Walchensee eine Turbine, die bald im Pilotversuch in Großweil laufen könnte.

Da wäre noch was zu machen: Das Wehr bei Icking ist einer der möglichen Standorte für neue, besonders effektive Kleinturbinen. Eon hat für eine derartige Anlage in Baierbrunn bereits die wasserrechtliche Genehmigung beantragt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Bis vor kurzem galten die Möglichkeiten für die Wasserkraft im Oberland als ausgeschöpft. Angesichts von Großkraftwerken wie dem am Sylvenstein-Damm, am Walchensee, aber auch dem Obernach- und Niedernachkraftwerk, dem Isarkraftwerk der Stadtwerke Bad Tölz und dem Kraftwerk Schönmühl wird im Landkreis bereits im großen Stil durch Wasserkraft Strom produziert.

Laut einer von den Freien Wählern in Auftrag gegebene Studie des Instituts Think liegt der Landkreis mit einer Stromproduktion aus Wasserkraft von 641,5 Gigawatt bayernweit mit an der Spitze. Im Landkreis Starnberg sind es 2,5 Gigawatt, in Miesbach 26,3. 45 Wasserkraftanlagen gibt es im Landkreis insgesamt, von denen momentan acht nicht in Betrieb sind. Christian Wanger, Leiter des Wasserwirtschaftsamts in Weilheim, hält es überall dort für denkbar, dass mit Hilfe moderner Technik die Wirkungsgrade erhöht werden und mehr Strom produziert werden kann.

Darüber hinaus registriert er, dass mit neuen Turbinentechniken auch Kleinanlagen interessanter werden, die schonend für die Umwelt eingesetzt werden könnten. So testet die Versuchsanstalt für Wasserbau- und Wasserwirtschaft der TU München in einem Forschungsprojekt in Obernach am Walchensee so genannte Schachtkraftanlagen. Die Gemeinde Großweil will laut Wanger eine solche Turbine mit der TU in einer bestehenden Wehranlage testen.

Insgesamt gehen die Bestrebungen dahin, bestehende Querverbauten in den Flüssen mit Turbinen auszurüsten. Seit September liegt von Eon Wasserkraft für das Wehr in Baierbrunn ein Antrag auf wasserrechtliche Genehmigung beim Landratsamt München, um dieses mit einer VLH-Turbine mit einer Leistung 374 Kilowatt auszustatten, womit die Stromversorgung von rund 700 Haushalten abgedeckt werden könnte.

Unternehmens-Sprecher Christian Orschler sagt, das von der Staatsregierung ausgerufene Ziel, den Stromanteil aus Wasserkraft in Bayern um 13 Prozent auf 17 Prozent zu steigern, sei aus technischer Sicht mit den geltenden Naturschutzgesetzen machbar. Er schließt nicht aus, dass am Wehr in Icking und in Wolfratshausen am Isar-Loisach-Kanal wie in Baierbrunn Kleinturbinen zum Einsatz kommen. Das werde zu prüfen sein.

Während im Landkreis über Windkraftanlagen gestritten wird, wächst auch über die Fachkreise hinaus das Interesse an der Wasserkraft. Die Wolfratshauser SPD steht nach Aussage ihres Vorsitzenden Manfred Menke mit den TU-Forschern in Verbindung, welche die Schachtkraftwerke entwickeln. Man prüfe selbst, ob ein solches im Isar-Loisach-Kanal vielleicht als Bürgerprojekt eingebaut werden könne.

Auch die Bürgerstiftung Energiewende Oberland wendet sich der Wasserkraft zu. Karlheinz Rauh, Vorsitzender des Stiftungsrats, sagt, man habe anfangs Wind- und Wasserkraft ausgeblendet. Bei ersterer habe man offen gelassen, ob diese zur Energiewende benötigt werde. Bei der Wasserkraft habe man kein Potential mehr gesehen. Doch jetzt werde klar: "Man kann da sehr wohl noch was ausrichten." Karina Rebele, "Energiewende"-Geschäftsführerin, sagt, "wir werden uns in Zukunft auch damit beschäftigen".

© SZ vom 24.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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