Bad Tölz-Wolfratshausen:Von Bären und Wölfen

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Die Gewinner des Wirtschaftspreises (v.l.): Georg Mair, Gerd Eisenblätter und Sohn David, Landrat Josef Niedermaier und Christian sowie Peter Wiedemann. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Gewinner des Wirtschaftspreises kämpfen mit den Raubtieren des Kapitalismus - und mit echten

Von David Costanzo, Bad Tölz-Wolfratshausen

Das Wirtschaften in der Heimat ist ein Kampf mit Bären und Wölfen, war am Donnerstagabend bei der Vergabe des Wirtschaftspreises des Landkreises 2015 im Landratsamt zu erfahren. Doch es geht nicht nur gegen die Raubtiere des Kapitalismus im nächsten, nahen und fernen Osten, die mit gefletschten Zähnen Löcher in die hiesigen Bilanzen reißen. Die Gegner sind Meister Petz und Isegrim auch in Fleisch und Blut.

Zu den Ausgezeichneten zählte auch der Almwirtschaftliche Verein Oberbayern mit seinen 1800 Mitgliedern, darunter 1100 Almbauern, der den Anerkennungspreis erhielt. Der Vorsitzende Georg Mair nutzte seine Dankesrede, um vor den Raubtieren zu warnen. "Die Almbauern schaffen eine schöne Heimat", pries er die Kulturlandschaft zwischen Berchtesgaden und Garmisch. Die Kühe auf der Alm, rund 3500 im Landkreis, seien "gesünder und gescheiter", wie er zu sagen pflegt. Doch wehe, wenn Bär und Wolf wieder einwanderten: "Dann hört das auf."

Raubtiere seien keine Kuscheltiere und sie zwängen zur Stallhaltung. So weit dürfe es nicht kommen. "Wir sind nicht rückwärtsgewandt. Wir sehen die Probleme nüchtern", sagte Almbauern-Vorsitzender Mair und bat um Verständnis. Zuvor hatte der Lenggrieser Bürgermeister Werner Weindl mit dem romantischen Bild von der Alm aufgeräumt: Da sitze die schöne Sennerin nicht vor der Holzhütte, um auf den jodelnden Jäger zu warten. Der Almbauer leiste harte Arbeit bei Wind und Wetter, Tag und Nacht, an Tier und Natur. So prosperierten die Landschaft - und der Fiskus.

Zugegeben: In den anderen Beiträgen ging es doch eher um die Klauen das Kapitalismus im übertragenen Sinne. Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) stellte jedoch fest, dass die vielen kleinen und mittleren Betriebe im Landkreis nicht sehr krisenanfällig sei - Griechenland und Niedrigzinspolitik zum Trotz: "Wir haben eine sehr, sehr starke Wirtschaft." Das Standortgutachten für die Region 17, also das Oberland zwischen Miesbach und Garmisch-Partenkirchen, werde weitere Grundlagen liefern. Vor allem bei der Infrastruktur mahnte er einen zügigen Ausbau an. "Wir können nicht denen das Feld überlassen, die etwas dagegen haben", warnte er vor den rund 250 Vertretern aus Wirtschaft und Politik, darunter die Landtagsabgeordneten Martin Bachhuber (CSU) und Florian Streibl (Freie Wähler). Stets gelte es Vor- und Nachteile von Bauprojekten abzuwägen. "Davon hängt die Zukunft des Landkreises ab."

Den Laudatoren war da zumindest bei den Gewinnern des Wirtschaftspreise nicht bang. Die Firma Eisenblätter mit 60 Mitarbeitern in Geretsried stehe in aller Welt für immer neue Erfindungen bei Schleifscheiben und Co., lobte Anwalt und Steuerberater Lorenz Leitner. Das Unternehmen setze nicht auf "Made in China", sondern produziere vollständig und umweltfreundlich im Landkreis. Inhaber Gerd Eisenblätter klagte über Konkurrenz aus den Billiglohnländern, versprach aber, der Heimat treu zu bleiben. Einen neuen Sitz für zwölf Millionen Euro hat er gerade erst gebaut.

Erfolg durch neue Impulse: Das gilt auch für den zweiten Gewinner des Wirtschaftspreises in Form der Wirtschaftslöwen-Skupltur. Die Tölzer Familie Wiedemann fing 1856 als Seifensiederei und Talgschmelze an - heute betreibt sie 21 Parfümerien mit 170 Mitarbeitern in ganz Oberbayern. In den nächsten Jahren werde das Internet dem Parfüm-Handel das Leben schwer machen, sagte Stephan Seidel, Präsident des Verbands der Vertriebsfirmen kosmetischer Erzeugnisse. "Wiedemann wird bleiben."

Das liege an der Firmenphilosophie: "Die Mitarbeiter kommen an erster Stelle. Sie lieben ihre Kunden", sagte Seidel, der von sich sagt, dass er sich als echter Rheinländer "in Starnberch" verdinge und dafür Lacher erntete. Von den Wiedemanns habe es schon früher geheißen: "Das wird mal ein ganz Großer." Das Unternehmen kenne keine Hierarchien, zeichne sich durch Bodenständigkeit und Vertrauen in die Zukunft aus und setze auf Persönlichkeitstrainings der Angestellten. Inhaber Peter Wiedemann nahm den Preis als "Ansporn" für die Zukunft.

© SZ vom 25.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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