Bad Tölz-Wolfratshausen:Rätselraten um den Wolf

Wolf im Landkreis

Wolfgang Berger ist der Wolfsexperte des Landesamts für Umwelt.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Jäger vermuten, dass sich ein Paar im Landkreis angesiedelt hat. Die Experten der Kreisbehörde glauben an ein Einzeltier

Von Konstantin Kaip, Bad Tölz-Wolfratshausen

Dass ein Wolf in der Nacht zum 1. April in St. Heinrich vier Schafe getötet und eins verletzt hat, ist durch die DNA-Analyse der Risse zweifelsfrei bestätigt. Ob er noch im Landkreis ist, ist fraglich. Das bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) geht davon aus, dass es sich um einen Einzelwolf auf Wanderschaft handelt. Gewöhnlich seien es Jungwölfe im dritten Lebensjahr, die auf der Suche nach einem Revier, einem Rudel oder einer Partnerin seien, sagte der Leiter der zuständigen Stabsstelle beim LfU, Wolfgang Berger, am Freitag im Landratsamt. Und die könnten in einer Nacht bis zu 50 Kilometer zurücklegen. Bayern sei umgeben von verschiedenen Wolfspopulationen, die auf den Freistaat ausstrahlten.

Im Landkreis gilt deshalb derzeit die Managementplan-Stufe eins für ein Einzeltier auf Durchreise. Stufe zwei betrifft standorttreue Tiere, von denen in Bayern bislang jedoch laut Berger nur zwei Paare nachgewiesen sind: in Grafenwöhr und im Bayerischen Wald. Erst bei einem bestätigten Rudel (etwa zehn Einzeltiere) tritt Stufe drei in Kraft. Deutschlandweit gibt es laut Berger 46 Rudel, 15 Paare und vier bestätigte standorttreue Einzeltiere.

Die Jäger vermuten schon länger die Anwesenheit des Wolfes im Landkreis. Seit zwei, drei Jahren gebe es Anzeichen, sagte Anton Krinner, Vorsitzender des Kreisjagdverbands. Er gehe davon aus, dass es ein standorttreues Paar gebe. Franz Steger von der Unteren Naturschutzbehörde zeigte ein Foto einer Wildkamera, die in einer Februarnacht in Königsdorf ein "wolfsähnliches Tier" eingefangen hat. Die Bilder müssten näher untersucht werden, sagte Steger. Der Jäger vermied bislang die Öffentlichkeit, um die Jagd in seinem Revier durch Wolfstouristen nicht noch mehr zu erschweren. Einen Wolf tatsächlich nachzuweisen ist schwer. Bei Rissen an Wildtieren seien DNA-Spuren oft nicht zweifelsfrei festzustellen, da sich etwa Füchse zwischenzeitlich an der Beute vergreifen, erklärte Berger.

Was zu tun ist, wenn man einem Wolf begegnet, erklärte Michael Foerst, Leiter der zuständigen Abteilung 3 im Landratsamt: nicht weglaufen, sondern sich langsam zurückziehen; wenn ein Hund dabei ist, muss der an die Leine. Kommt der Wolf zu nahe, soll man laut sprechen oder gestikulieren. Auf keinen Fall solle man dem Tier hinterherlaufen oder es gar füttern. Hinweise auf die mögliche Anwesenheit eines Wolfs sollen entweder an die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt oder die örtliche Polizei gegeben werden. Die informiert die beiden Berufsjäger, die für das Landratsamt den Spuren nachgehen und sie an das LfU weiterleiten.

Nach dem bestätigten Wolfsriss fordern Bauernverband, Almwirtschaftlicher Verein und Kreisjagdverband eine wolfsfreie Zone im Landkreis. Dazu müsste der strenge Schutzstatus des Tieres gelockert werden. Der Wolf steht in Deutschland unter Naturschutz (bis auf Sachsen, wo er seit 2012 dem Jagdrecht mit ganzjähriger Schonzeit unterliegt). Ihn zu erlegen ist eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet wird. Der Abschuss eines Wolfes kann nur in Ausnahmefällen angeordnet werden, etwa wenn sich ein Tier auffällig aggressiv verhält oder trotz Schutzmaßnahmen wiederholt Nutztiere reißt.

Mehr zum Wolf unter www.lfu.bayern.de, dort im Reiter "Natur", Unterpunkt "Wildtiermanagement Große Beutegreifer".

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