Kinderbetreuung:Kampf um Fachkräfte

Freie Träger von Kindertagesstätten fürchten um ihr Personal, wenn München und seine Umlandgemeinden den Erzieherinnen eine Zulage bezahlen. Die Bürgermeister im Landkreis sehen die Sache hingegen gelassen

Von Petra Schneider, Bad Tölz-Wolfratshausen

Mit dem Ausbau der Kinderbetreuung ist auch der Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern gestiegen. Weil Fachkräfte knapp sind, hat der Münchner Stadtrat kürzlich festgelegt, den Tariflohn um eine monatliche Zulage von 200 Euro brutto zu ergänzen. Auch zahlreiche Gemeinden im Landkreis München haben die Arbeitsmarktzulage schon beschlossen. Der Schäftlarner Gemeinderat wird sich an diesem Mittwoch mit dem Thema befassen. Der Kreisverband des Gemeindetags schlage vor, nicht nur Erzieherinnen, sondern auch Kinderpflegerinnen die Zulage zu gewähren, sagt Bürgermeister Matthias Ruhdorfer. Er fürchtet sonst Probleme, qualifiziertes Personal zu finden, wenn es in einer Kindertageseinrichtung einen Wechsel gibt.

Kinderbetreuung: Im kommenden Jahr eröffnet der freie Träger Champini in Geretsried einen zweiten Kindergarten und hofft, dann genügend Personal zu finden.

Im kommenden Jahr eröffnet der freie Träger Champini in Geretsried einen zweiten Kindergarten und hofft, dann genügend Personal zu finden.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Sorgen, dass mit der Zulage der Kampf um qualifiziertes Personal für die Umlandgemeinden härter wird, gibt es im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen aber offenbar kaum. Zwar sei der Markt dünn, dennoch gebe es in den 21 Kommunen keine gravierenden Probleme, Stellen in den Kitas zu besetzen, sagt Bürgermeistersprecher Michael Grasl. Erzieherinnen in kommunalen Einrichtungen werden nach Tariflohn bezahlt, kirchliche Träger orientieren sich meist daran. Berufseinsteiger verdienen monatlich rund 2200 Euro brutto. In München künftig mehr, Pullach, Oberhaching und Aying haben bereits nachgezogen. Doch im Landkreis sei eine Zulage für Erzieherinnen bisher kein Thema. Denn bei der Wahl eines Arbeitsplatzes spielten nicht nur finanzielle Aspekte eine Rolle, glaubt Bürgermeistersprecher Grasl. Wichtig seien auch Standortfaktoren: Ein attraktives Umfeld, das pädagogische Konzept, Fortbildungsmöglichkeiten, das Arbeitsklima. "Da können wir mit unseren Einrichtungen im Landkreis punkten", sagt der Münsinger Bürgermeister. "Alarm zu schlagen, dass uns München die Erzieherinnen abwirbt, wäre übertrieben."

Bürgermeisterwahl  2014

Bürgermeistersprecher Michael Grasl ist überzeugt, dass bei der Wahl eines Arbeitsplatzes nicht nur finanzielle Aspekte eine Rolle spielen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

In Geretsried werden im kommenden Jahr besonders viele Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen gesucht. Um die langen Wartelisten abzuarbeiten, auf denen im Juli noch 100 Kinder für einen Kindergartenplatz, 70 für einen Krippen- und 35 für einen Hortplatz aufgeführt waren, sollen 2015 drei neue Einrichtungen eröffnet werden: Eine zweite Champini-Kita an der Jeschkenstraße, eine Temenos-Einrichtung in Gelting und eine neue Kita am Künnekeweg. Wie Sachgebietsleiter Werner Rampfel sagt, gebe es seitens der Träger unterschiedliche Einschätzungen, was die Suche nach Erzieherinnen betreffe. "Es kommt darauf an, was die Einrichtungen zu bieten haben", sagt Rampfel. Monetäre Anreize allein seien nicht ausschlaggebend. Beim freien Träger Champini, der seine Mitarbeiter nach Tariflohn bezahlt, sieht man dies anders. "Uns macht das große Sorgen", sagt Champini-Kindergartenleiterin Brigitte Friedlein, die auch die neue Einrichtung leiten wird. Für diese werden sechs Erzieherinnen und ebenso viele Kinderpflegerinnen gesucht. Friedlein fürchtet, vor allem Berufseinsteigerinnen könnten sich vom Geld locken lassen und lieber eine Stelle in oder um München antreten. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sei man Ruck-zuck in der Stadt. Umgekehrt zeige die Erfahrung, dass aus dem südlichen Landkreis, aus Lenggries oder Bad Tölz etwa, kaum eine Erzieherin eine Stelle in Geretsried antrete. Bisher habe man freie Stellen immer besetzen können, auch wenn die Zahl der Bewerber nicht mehr so groß sei wie früher. "Heute ist es so, dass sich die Bewerber die Stellen aussuchen können, nicht umgekehrt." Durch die Zulage in München werde der Kampf um die Fachkräfte noch härter.

Auch in Wolfratshausen müssen mehr Kita-Plätze geschaffen werden. Laut Rathausmitarbeiter Martin Melf stehen etwa 30 Kinder auf der Warteliste. Man hoffe, das durch eine zusätzliche Gruppe auffangen zu können. Sorgen, genug Personal zu finden, hat Melf nicht: "Die Lage ist angespannt, aber nicht hoffnungslos."

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