Plastik-Verzicht:Das Problem mit der Hygiene

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Verpacktes Gemüse ist sauberer - das glaubt zumindest Isabelle Hagen, die derzeit auf Plastik verzichtet. Die Experten sind sich nicht einig. (Foto: Presence Switzerland)

Ist unverpackter Salat schmutziger? Sind Gummihandschuhe überflüssig? Beim Plastik-Fasten stellen sich auch Fragen der Sauberkeit.

Von Ingrid Hügenell, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wer Lebensmittel ohne Kunststoffverpackung einkaufen will, bekommt leicht ein Hygiene-Problem. Isabelle Hagen etwa möchte Gebäck im Supermarkt nicht in einem Beutel aus Gardinenstoff aufs Kassenband legen, wie es ihr empfohlen wurde. Denn der wäre zwar durchsichtig, aber eben auch durchlässig. Auch vor unverpacktem Obst und Gemüse, das im Supermarkt womöglich schon viele andere Hände angefasst haben, graust sie sich.

Die Meinungen von Experten dazu gehen auseinander. Die Leipziger Professorin für Lebensmittelhygiene etwa, Peggy Braun, hält es einem Bericht zufolge für gefährlich. Auch die Ernährungsberatung des Landes Rheinland-Pfalz hält Kunststoffverpackungen von Obst und Gemüse für hygienisch, weist aber auch darauf hin, dass sie für den Handel weitere Vorteile haben: Die Kunden könnten keine Waren austauschen, was etwa bei Erdbeeren gerne gemacht werde. Und es würden tendenziell größere Gebinde gekauft, auch wenn man sie gar nicht brauche und ein Teil der Früchte dann verderbe.

Andere, etwa die Berufsgenossenschaft Handel und Distribution (BGHW), weisen darauf hin, dass Krankheitserreger an Stellen lauern, an die man nicht sofort denkt: Beispielsweise sind Schiebestangen von Einkaufswagen häufig stark bakteriell belastet. Dagegen führt das Hantieren mit Münzgeld und Scheinen nicht zu einer nennenswerten Erhöhung der Bakterienbelastung von Verkäuferhänden.

Eigentlich hatte die BGHW aber untersucht, ob die Gummihandschuhe, die in den meisten Geschäften inzwischen von den Mitarbeitern der Frischetheken getragen werden müssen, die Hygiene verbessern. Das Ergebnis: Nur, wenn sie häufig gewechselt werden, was aber nicht unbedingt der Fall ist, schon gar nicht, wenn es im Geschäft hektisch wird. Der Tiermediziner und Mikrobiologe Heinz Becker von der Universität München sagte dem SZ-Magazin dazu: "Diese Handschuhe bringen gar nichts, im Gegenteil, sie richten Schaden an." Denn in den Handschuhen würden die Hände feucht, es entstehe ein geradezu ideales Biotop für Bakterien, etwa für Eitererreger. Es genüge völlig, so Becker, die Hände regelmäßig zu waschen und, wenn nötig, zu desinfizieren.

Gefahren durch mangelnde Hygiene lauern auch Zuhause. Das Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat deshalb "Sieben Hauptregeln zum hygienischen Umgang mit Lebensmitteln" veröffentlicht. So sollten rohes Fleisch und roher Fisch in der Kühltasche nach Hause gebracht werden. Rühr- und Spiegeleier sollte man immer durchbraten, und vor allem sollte man sich immer gründlich die Hände waschen. Zu finden sind die Regeln unter www.lgl.bayern.de

© SZ vom 20.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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