Bad Tölz-Wolfratshausen:Bereit für ein eigenständiges Leben

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Die Gymnasien im Landkreis entlassen ihre Abiturienten in die Zukunft. Die Absolventen bekommen sowohl ermutigende wie auch mahnende Worte mit auf den Weg

Von Niklas Gramann, Petra Schneider, Cornelius Zange, Lea Ziemens, Claudia Köstler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Für die Absolventen des diesjährigen Abiturjahrgang ist am Freitag die Schulzeit zu Ende gegangen: Mit besinnlichen Worten, Erinnerungen an die Schuljahre, Aufmunterungen und Musik. Zum Schluss gab es den großen Augenblick: die Zeugnisübergabe.

Geretsried

"Eigentlich wäre es schön, mit dem Abitur zu beweisen dass man mit der frisch gewonnenen Freiheit umgehen kann. Manchen von uns hätte aber ein Jahr mehr Schule in dieser Hinsicht bestimmt gut getan", sagte der Geretsrieder Abiturient Michael Goder der zusammen mit Cédric Hübner eine Rede bei der Geretsrieder Zeugnisverleihung hielt. Er spielte damit auf die Vorkommnisse beim Abi-Streich an. Das Thema fand sich in vielen Reden wieder. Auch Schulleiter Hermann Deger und der Stellvertretende Landrat Klaus Koch griffen das Thema auf. "Ich kann euch das nicht ersparen, ich muss etwas sagen", begann Deger. Viele Grenzen seien überschritten worden, und das habe ihn sehr betroffen gemacht. "Ich spreche hier allerdings nicht den gesamten Jahrgang an", sagte er. Das betreffe nur einzelne. Doch Deger lobte auch das Potenzial vieler Abiturienten. Auch Koch begann mit dem Thema des Abi -Streiches und den Schäden, die dabei angerichtet wurden: "Ich finde, dass Sie diese Delle in Ihrem sonst blühenden Abschluss noch ausbügeln könnten", sagte er. Das Rahmenprogramm wurde liebevoll teils von den Abiturienten selbst, teils von Schülern der unteren Klassen gestaltet. Die Durchschnittsnote des Jahrganges bei 2,4. Er ist etwa schlechter als der des Vorjahrs. Ein Mädchen erzielte die Note 1,0, 33 haben eine Eins vor dem Komma. Von den 119 Abiturienten fielen fünf durch.

Rik Nagel und Alexandra Probst dankten in Waldram im Namen der Schüler. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Bad Tölz

Die Verleihung der Abiturzeugnisse ist eine feierliche Angelegenheit. Sie kann sogar ziemlich glamourös werden, wie sich im Tölzer Gymnasiums zeigte. Denn dort wurden erstmals die Gabriel-von-Seidl-Awards verliehen. Selbstbewusst und charmant kürten die Abiturienten Tom Zeising, Shalina Schroeter, Niklas Weber und Anian Mathà womöglich bislang unentdeckte Stars im Lehrkörper. "Der goldene Tageslichtprojektor" wurde etwa verliehen und das "goldene gerollte R", das auf einer Sackkarre angerollt kam: Für Lehrer mit fränkischem Dialekt, "der von einigen praktiziert und von wenigen geliebt wird." Über den "Goldenen Vollpfosten", einen Wanderpokal für ein öffentliches Gebäude mit der gewagtesten Farbkombination, durfte sich Direktor Harald Vorleuter freuen. 158 Abiturienten wurden verabschiedet, darunter 37 mit einer Eins vor dem Komma. Dazu gehören auch drei von 16 Realschülern, die über eine Einführungsklasse auf das Tölzer Gymnasium gewechselt waren. Dass es in der Schule auch um die Bildung der Persönlichkeit gehen müsse, wurde in der entspannten Feier immer wieder betont. Vorleuter sagte: "Ich wünsche euch die Lust am Weitermarschieren und am Entdecken noch spannenderer Kletterrouten." Lebenslanges Lernen sei die Grundlage für die Entwicklung der Persönlichkeit. Dazu gehöre ein positiver Lernbegriff. Landrat Josef Niedermaier, vor 32 Jahren selbst Absolvent am Tölzer Gymnasium, fasste sein "Bauchgefühl" griffig zusammen: "Das war eine verdammt geile Zeit hier." Die Möglichkeit, das eigene Leben selbst zu gestalten, sei ein großes Privileg, sagte Niedermaier mit Verweis auf viele Asylbewerber. Elternbeiratsvorsitzender Dekan Martin Steinbach widmete seine launige Rede den Eltern: "Sie haben Mut bewiesen, als Sie Ihre zukünftigen Jungunternehmer dem bayerischen Bildungssystem anvertraut haben."

Shalina Schroeter dankt in Bad Tölz im Namen der Schüler. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Penzberg

Die 130 Absolventen im Gymnasium Penzberg erhielten in der Wellenbad-Halle ihre Zeugnisse. Insgesamt waren 133 Schüler angetreten, drei von ihnen müssen wiederholen. Der Notendurchschnitt lag bei 2,2. "Es war nicht nur für die Schüler ein besonders berührender Jahrgang, sondern auch für die Lehrer", sagte die Direktorin Margit Mintzel wegen des tödlichen Unfalls eines Lehrers im Dezember. In ihrer Rede stellte die scheidende Schulleiterin die Frage: "Kann Schule überhaupt auf das Leben vorbereiten?" und beantwortete sie so: "Ich glaube felsenfest: Schule kann Hilfestellungen leisten." Sie könne Räume zum Erproben stellen, in Computer-AGs, bei Sport, Musik, Fahrten und Feiern. Schule könne Vorbilder anbieten. "Am wichtigsten: Sie kann ermutigen, Freude, Neugier und Lust am Leben wecken. Nicht mehr, aber auch nicht weniger." Am Ende rief sie den Schülern zu: "Yes, you can!"

Lenggries

Auch 44 Schülerinnen des Sankt Ursula-Gymnasiums Hohenburg bekamen am Freitag ihre Abschlusszeugnisse. Der Notendurchschnitt lag bei 2,1, es gibt 17 Einser-Absolventinnen, eine junge Frau schaffte einen Schnitt von 1,0. Die Abiturientinnen Regina Jaud und Caroline Markert sprachen für die Schüler, sie hatten ihre Ansprache in ein Theaterstück verpackt. Direktor Christoph Beck nahm in seiner Rede auf die Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus Bezug, der darin großes Zutrauen zeige, dass alle Menschen bei der Rettung der Erde mithelfen könnten. "Ich denke, diese Aufforderung geht speziell auch an euch", sagte er den Abiturientinnen. "Jede große Entdeckung und jede Expedition hat immer mit dem ersten Schritt angefangen" sagte Beck weiter und fügte hinzu: "Wir geben euch jetzt das Reifezeugnis, das heißt, auch wenn es uns schwer fällt: Wir müssen euch loslassen und euch zutrauen, viele erste Schritte von jetzt an auch ohne uns zu gehen."

In Geretsried tanzte die Flamenco-Gruppe der Q 12. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Icking

Mit dem, was man ist und erreicht hat, zufrieden zu sein, das gab Direktor Hans Härtl den diesjährigen Abiturienten des Rilke-Gymnasiums in Icking mit auf den Weg. Dazu zitierte er bei der Abschlussfeier eine Geschichte des dänischen Philosophen Søren Kierkegaard: Ein Vogel zeigt einer Lilie auf, dass er frei, sie aber an einen Ort gebunden sei. Als er sie überredet, mitzukommen, verwelkt sie. "Dem Menschen steht also eine gewisse Bescheidenheit zu", sagte Härtl. Das jedoch falle an einem Tag wie diesem schwer. Denn 76 von 78 Abiturienten haben in Icking nicht nur die Allgemeine Hochschulreife bestanden, sondern auch einen ungewöhnlich guten Notendurchschnitt von 2,1 erreicht. 33 der 76 Schüler haben eine Eins vor dem Komma, zwei Schülerinnen erreichten die Note 1,0. Dass Noten nur bedingt vergleichbar sind, war Schwerpunkt von Härtls Rede, die er als scheidender Direktor hielt. "Wir werden auch in den kommenden Jahren unsere Schüler so gut vorbereiten, dass sie Noten erhalten, mit denen sie konkurrenzfähig sind", sagte er. Er zitierte Peter Brenner: "Bildung ist auch ein Gut, das man nicht einfach mit dem Schöpflöffel verteilen kann, sondern das nur demjenigen zugänglich ist, der es durch eigene Anstrengungen erwirbt." Neben Musik der Big Band und von Studienräten gab die Sportarbeitsgemeinschaft des Gymnasiums und des WSVI eine umjubelte Turneinlage. Laura Pauli und David Krause sprachen für die Abiturienten: Auch wenn sie anfangs dachten, das einzig coole an der Oberstufe sei, "nicht mehr an Bundesjugendspielen teilnehmen zu müssen", sei der Jahrgang eng zusammengewachsen: "Wir waren und sind eine tolle Gemeinschaft". Viel hätten sie ihren Lehrern und Eltern zu verdanken, auch wenn nicht alles gut lief. So habe es grundlos mangelndes Vertrauen aus der obersten Etage gegeben. Das habe den Verdacht genährt, der Leitung liege das Image der Schule mehr am Herzen als die Schüler. Dennoch: "Wir hatten eine gute Zeit - vielen Dank dafür."

Mit brillanter Musik der Big Band verabschiedete das private Günter-Stöhr-Gymnasium seine 20 Absolventen. Als Gast einer Absolventin nahm Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler an der Feier teil, die mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Ickinger Pfarrkirche begann. In seiner Abiturrede ging Schulleiter Georg Stalinski anlässlich der Griechenland-Krise auf die Wurzeln Europas ein, auf die man sich wieder stärker besinnen solle.

Schäftlarn

Einen selbst für das Gymnasium der Benediktiner außergewöhnlich guten Schnitt erzielte der diesjährige Abschlussjahrgang: 1,7. 63 Prozent der 47 Absolventen hätten eine Eins vor dem Komma, teilte Direktor Wolfgang Sagmeister mit, 38 Prozent seien sogar besser als 1,5. Drei junge Frauen und drei junge Männer haben einen Schnitt von 1,0. Die Abiturrede der Schüler hielten Georg Sibbel und Julius März. Sagmeister zitierte in seiner Rede Papst Franziskus mit den Worten: "Das wichtigste Element in einer Schule ist, zu lernen, großherzig zu sein." Bei diesen Worten denke er an die Begeisterung der Abiturienten beim Theater, bei Chor und Orchester, aber auch bei der Big Band. Zum Abschied erinnerte er die Schüler daran, dass man sein Leben lang Schäftlarner bleibe und sagte: "Kommen Sie mal wieder. Wir wollen auch in Zukunft wissen, was aus Ihnen geworden ist."

Waldram

Die Vergabe der Abiturzeugnisse am Waldramer Sankt Matthias Kolleg und Seminar war von Herzlichkeit und gegenseitiger Wertschätzung zwischen Absolventen und Lehrern geprägt. Von 51 Schülern, die zu den Prüfungen angetreten waren, bestanden 50. Herausragende Leistungen erbrachten die Jahrgangsbesten Veronica Schwarz und Florian Stensberger, jeweils mit 1,2. Von 37 Schülern des Gymnasiums haben elf im Schnitt eine Eins vor dem Komma, am Kolleg dies drei von 14. Manfred Grimm legte mit 1,3 das beste Abitur der Kollegschüler ab. Die Schüler bedankten sich herzlich bei allen Lehrern und anderen Mitarbeitern der Schule für die Zeit, die sie dort hatten. Zu Beginn der Feier führten Manuela Englbrecht, Veronika Fritsch und Anna Seidel einen Tanz auf. Schulleiter Claus Pointner stellte eine Theorie auf, wie das Jahr 2025 aussehen wird. Laut ihm wird es dann wieder die G8 geben, die sich kostengünstig auf einer griechischen Insel treffen würden, der FC Bayern München werde zum neunten Mal die Champions League gewinnen und die jetzigen Absolventen der Schule, die sich dann zum zehnjährigen Jubiläum ihres Abiturs treffen, werden angesehene Mitglieder der Gesellschaft sein: "Der Weg in diese Zukunft beginnt für Sie heute", sagte Pointner. Die Abiturientensprecher Alexandra Probst und Rik Nagel stellten in Form eines Märchens die Schule als Burg und die Lehrer als erfahrene Krieger im Kampf gegen die Bestie "Bitur" dar, die so furchtbar ist, dass sie nur "Aah Bitur" genannt wird.

© SZ vom 27.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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