Vandalismus:Bedrohte Kunst

Vandalismus: Nicht zu retten: Die zerstörte "Wasserträgerin" wird abtransportiert.

Nicht zu retten: Die zerstörte "Wasserträgerin" wird abtransportiert.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die umgestürzte Brunnenfigur von Geretsried ist nicht mehr zu retten - doch auch anderswo im Kreis wurden Ausstellungsstücke zerstört.

Von Thekla Krausseneck

Die zerstörte Skulptur am Karl-Lederer-Platz in Geretsried ist nur ein weiteres in einer langen Reihe von Kunstwerken, die heuer dem Vandalismus zum Opfer gefallen sind. In Wolfratshausen traf es im September ein Hingucker der Kunstmeile, in Penzberg wurde eine Holzfigur umgestürzt, in Eurasburg verschwanden zwei Eisenplastiken. In Icking fielen die Vandalen mit Äxten über drei frisch gepflanzte Friedenslinden her.

Geretsried

Steinmetzmeister Niklas Neubauer und sein Helfer Ronald Müller schlingen Gurte um die Überreste der zerstörten "Wasserträgerin". Ein Haken hebt den mehrere hundert Kilo schweren Torso in die Luft und auf einen Transporter. "Kriegt ihr das wieder hin?", ruft eine Frau den Männern zu. Neubauer zuckt mit den Achseln: "Müssen wir sehen." Die Chancen stehen nicht allzu gut. In seiner Werkstatt will sich der Steinmetz die aus Travertin gefertigte Skulptur des Bildhauers Wilhelm Srb-Schlossbauer genauer ansehen. Die sechs Teile, in die der Aufprall die Figur zerlegt hat, ließen sich mit Edelstahlstäben verbinden oder kleben, doch auch dann bleibt das Problem mit der Statik. Ob die "Wasserträgerin" je wieder bei den anderen beiden Statuen stehen können wird, bleibt offen.

Wer genau die Vandalen waren, darüber kann bislang nur spekuliert werden. Wie so oft fällt der Verdacht auf die Jugend. Es gibt Beschwerden von Anwohnern über Ansammlungen junger Leute, die sich oft vor dem Fast-Food-Restaurant "Subway" aufhielten. Immer wieder sei wegen Lärmbelästigung die Polizei gerufen worden. Und vergangene Woche habe jemand vor der Bank, auf der sich die Jugendlichen häufig aufhielten, das Pflaster aus dem Boden gerissen. Eine Vorverurteilung der Jugend will Bürgermeister Michael Müller (CSU) vermeiden: "Wir wissen nicht, wer es war." Er will nun eine Präventionskampagne auflegen, nachdem Geretsried jährlich bis zu 50 000 Euro in die Beseitigung von Schäden durch Vandalismus stecken muss.

Leon Erhart, Store Manager des "Subway", verließ den Laden in der Nacht auf Freitag gegen halb eins. Da habe die Grazie noch gestanden, sagt er. Einen Hinweis auf den oder die Täter könnte eine Überwachungskamera geben, die im "Subway" installiert ist und rund um die Uhr läuft. Filialleiterin Stephanie Wagner will die Aufnahmen demnächst auswerten.

Wolfratshausen

Das "Oktaeder" des Lenggriesers Josef Öttl sollte der Hingucker auf der Kunstmeile werden, lag aber schon zur Eröffnung in Trümmern. Drei der acht hölzernen Ringe wurden zerstört, zwei weitere trieben am Morgen in der Loisach - der Schaden lag bei 7500 Euro. Dieselbe Erfahrung hatte der Mooseuracher Bildhauer Otto Süßbauer zuvor schon öfters gemacht - vier zerstörte Kunstwerke, alle im Bereich der Alten Floßlände. Kunstmeile-Organisator Hans-Werner Kuhlmann reagierte auf den jüngsten Vorfall mit einer Spendenaktion, die noch bis Mitte Dezember läuft. Bislang wurden 750 Euro gesammelt, Ziel sind 1000 Euro.

Eurasburg

Ein Kunstfrevel wurde im März am Skulpturenpark des Eurasburger Bildhauers Hans Kastler begangen: Von den 19 aufgestellten Eisenfiguren fehlten über Nacht zwei. Kastlers Tochter Petra Welker hoffte noch, dass die Figuren wieder auftauchen würden - glaubte jedoch eher, dass es den Dieben nur ums Eisen gegangen war.

Penzberg

Auch die schwangere "Rosa" des Bildhauers Josef Lang wog eine Tonne - und trotzdem war es Unbekannten Anfang August gelungen, sie kurz vor Eröffnung der Penzberger Ausstellung "Stadt. Mensch. Platz." umzuwerfen. Der Künstler zeigt seine Werke zwar bereits seit 25 Jahren im öffentlichen Raum, trotzdem erlebte er diesen Vandalismus erst zum zweiten Mal. Die Holzskulptur überstand den Angriff mit Blessuren. Nach dem Vorfall in Penzberg stellte man sich dieselbe Frage wie jetzt in Geretsried: Wie ist es technisch möglich, eine Figur umzuwerfen, die nicht einmal ein Auto umfahren könnte? Der Künstler vermutete: "kriminelle Energie".

Icking

Davon sprach auch der damalige Schulleiter Hans Härtl, nachdem am Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium die dritte Friedenslinde in kurzer Zeit gefällt worden war. Im ersten Fall waren es betrunkene Schüler, die in einem Disziplinarverfahren gerügt wurden. Jede Linde kostete 1400 Euro. Gepflanzt worden waren sie im Gedenken an die Weltkriege - als Symbol für Frieden .

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